Forscher züchten Hühnern Dino-Kralle zurück

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Im Vergleich etwa zum Allosaurus haben heutige Hühner und andere Vögel einen opponierbaren ersten (hinteren) Zeh (Hallux).

Copyright/Quelle: Botelho et al. / Scientific Reports

Santiago de Chile (Chile) – Nur kurz nachdem US-Forscher berichtet haben, dass sie Hühner-Embryos mittels genetischer Manipulation wieder eine Dino-Schnauze rückgezüchtet haben (…wir berichteten), berichten chilenische Wissenschaftler nun, dass ihnen – nun jedoch ohne genetische Eingriffe – eine ähnliche Rückzüchtung angesichts der Füße der von Hühnern und damit den heutigen Nachfahren der Dinosaurier gelungen ist.

Von besonderer Bedeutung für die Vielzahl an Vogelarten ist die Entwicklung einer mit unserem Daumen vergleichbaren opponierbaren ersten Zehe – dem sogenannten Hallux – mit der sie greifen und sich zum Sitzen – etwa auf Ästen und Stangen – festhalten können. Die Vorfahren unserer heutigen Vögel, die Dinosaurier, hatten einen solchen abwinkelbaren Zeh allerdings noch nicht. Ihr steifer Hinterzeh reichte noch nicht einmal bis zum Boden und glich damit viel eher der sogenannte Wolfszehe ( auch als Afterklaue/kralle) von Hunden und Katzen.

„Erstaunlicherweise weisen Vögel noch heute während ihrer embryonalen Entwicklung eine Parallele dieser evolutionären Vergangenheit auf“, erläutert das Team um Joâo Botelho vom Alexander Vargas Labor an der Universidad de Chile. „Diese Zehe entwickelt sich zunächst wie die der Dino-Vorfahren der heutigen Hühner. Dann aber verdreht sich der Mittelfußknochen und macht diesen Zeh opponierbar.“

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Um den diesem Vorgang zugrundliegenden Mechanismus zu verstehen, haben die Forscher um Botelho diesen Prozess genau beobachtet und festgestellt, dass besagte Verdrehung kurz nach der Bildung der embryonalen Muskulatur eintritt.

Zudem konnten die Forscher feststellen, dass sich in diesem Zeh die Gene der Knorpelreifung erst später ausprägen als in allen anderen Gliedmaßen: „Dieser Zeh bewahrt eine Vielzahl von sich schnell teilenden Stammzellen über deutlich längeren Zeitraum. Derartig unausgereifter Knorpel ist höchst plastisch und kann durch muskuläre Aktivität leicht verformt werden.“

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Während der Urvogel Archaeopterx (l.) noch einen festen Hallux besaß, wandelte dies sich dieser über Übergangsformen wie Quiliania (m.)  zu den opponierbaren Hinterzehen von Hühnern und Erdwachteln (r.).

Copyright/Quelle: Botelho et al. / Scientific Reports

Die Beobachtung der Forscher legt denn auch nahe, dass der opponierbare Zeh als Ergebnis mechanischer Kräfte verformt wird, die durch die embryonale Muskulatur des sich in der Regel heftig im Ei bewegenden Hühnerembryos wirken.

Um ihre Beobachtungen und Schlussfolgerungen zu überprüfen nutzten die Forscher ein pharmazeutisches Mittel (Decamethonium bromide), um die embryonale Muskulatur zu lähmen. Das Ergebnis war ein tatsächlich nicht mehr opponierbarer Hinterzeh mit einer geraden und nicht verdrehten Basis und damit eine Klaue, wie sie identisch mit den Klauen einstiger Laufsaurier oder dem sog. Urvogel Archaeopterix ist.

Wie die Forscher um Botelho aktuell im open-access Fachjournal „Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/srep09840) der Nature Publishing Group abschließend erläutern, liege die Bedeutung der Experimente aber nicht nur in der Rückzüchtung der Dino-Kralle. Das Ergebnis zeige, dass sich die evolutionäre Entwicklungen wie die der opponierbaren Hinterzehe unserer Vögel nicht ohne die embryonale Muskelaktivität verstehen lassen.

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