Keine Nemesis: Daten liefern keinen Beleg für periodische Asteroiden-Einschlagswellen

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Symbolbild: Planet im Asteroidenfeuer (Illu.).

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Zürich (Schweiz) – In einer aktuellen Studie widerlegen Schweizer und schwedische Wissenschaftler erneut den Mythos, dass es in regelmäßigen Abständen immer wieder zu einer Häufung von Asteroideneinschlägen auf der Erde und damit einhergehend zu katastrophalen Ereignissen wie etwas Massenaussterben kommt. Stattdessen zeigen die neuen Daten, dass Asteroiden die Erde unregelmäßig treffen. Die Studie widerlegt damit zugleich auch eines der Hauptargumente gegen die Existenz von Nemesis, eines postulierten Begleitsterns unserer Sonne.

Wie das Team um Matthias Meier vom Institut für Geochemie und Petrologie an der ETH Zürich und Sanna Holm-Alwmark von der Lunds Universitet aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (DOI: 10.1093/mnras/stx211) berichten, analysierten sie Einschlagkrater, die in den letzten 500 Millionen Jahren entstanden sind, und konzentrierten sich dabei auf präzis datierte Ereignisse – fanden dabei aber keine Bestätigung für eine noch vor zwei Jahren von US-Wissenschaftlern berichtete, alle 26 Millionen Jahre auftretende gehäufte Entstehung von Einschlagskratern auf der Erde.

Auf der Grundlage entsprechender Hypothesen hatten einige Wissenschaftler sogar schon über einen indirekten Nachweis für einen bislang unbekannten Begleitstern unserer Sonne – einen als „Nemesis“ bezeichneten Braunen Zwergstern – spekuliert, der sich entsprechend alle 26 Millionen Jahre der Sonne nähern und auf diese Weise ein Asteroiden-Bombardement der Erde auslösen könnte.

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„Man kennt heute rund 190 Einschlagkrater auf der Erde mit Durchmessern von einigen Metern bis mehr als 100 Kilometern. Ihr Alter beträgt wenige Jahre bis einige Jahrmilliarden“, erläutern die Forscher. In ihrer aktuellen Analyse beschränkten sie sich auf die Krater, die in den letzten 500 Millionen Jahren entstanden sind, also seit der Entstehung der ersten komplexen Lebensformen.

Dabei entdeckte Holm-Alwmark, dass einige der in früheren Studien verwendeten Datierungen falsch waren und inzwischen korrigiert wurden. Sie stellte eine Liste von 22 Kratern auf, deren Alter bis auf weniger als ein Prozent genau bekannt ist.

Diese Einschläge wiederum analysierte Matthias Meier mit Hilfe der sogenannten „Circular Spectral Analysis“ (CSA): „Dabei wird die Zeitleiste der Ereignisse um einen Kreis mit einem bestimmten Umfang – in diesem Fall 26 Millionen Jahre – gewickelt. Wiederholen sich in dieser Zeitspanne Ereignisse periodisch, so sammeln sich die dazugehörigen Punkte auf dem Kreis in einem bestimmten Bereich an.“ Entsprechende Häufungen zeigten sich dabei allerdings nicht.

Zudem stellten die Forscher fest, dass einige der Einschläge ein fast identisches Alter aufweisen. „Einige dieser gleich alten Krater könnten beim Aufprall eines Asteroiden entstanden sein, der von einem Trabant begleitet wurde“, vermutet Meier und führt weiter aus:. „Doch in anderen Fällen liegen die Einschlagstellen zu weit auseinander für diese Erklärung.“

Als Beispiele hierfür nennen die Autoren der Studie etwa den 66 Millionen Jahre alten Chicxulub-Krater in Mexiko, der für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird, sowie der praktisch gleichzeitig entstandenen Boltysh-Krater in der Ukraine: „Dafür haben wir noch keine endgültige Erklärung“, sagt Meier. Die Forscher spekulieren aber über einen Zusammenstoss zweier Brocken im Asteroidengürtel: „Dabei wären viele Trümmer entstanden, die vielleicht in kurzer Zeit ihren Weg zur Erde fanden.“

Sicher ist, dass Krater mit sehr ähnlichen Altern das Ergebnis der Analyse verfälschen können: „Wir haben in unserer Arbeit gezeigt, dass einige wenige dieser sogenannten Einschlag-Cluster ausreichen, um den Anschein von Periodizität zu erwecken“, erklärt Meier abschließend. Weil die Forscher in der Studie von 2015 unter anderem diese Clusterbildung übersehen hätten, seien sie durch die verwendete statistische Methode in eine falsche Richtung geführt worden.

Ganz neu ist die Erkenntnis der aktuellen Studie jedoch nicht: Schon 2011 hatte Coryn Bailer-Jones vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie mit Hilfe der sogenannte Bayes’schen Statistik, mit der sich bei der Analyse der Kraterdaten die Probleme der traditionellen Statistik vermeiden lassen, aufgzeigt, dass es keine periodische Variationen in den Daten gibt. „Stattdessen zeigen die Daten eine allgemeine Tendenz: Von vor rund 250 Millionen Jahren bis zur Jetztzeit hat die Einschlagwahrscheinlichkeit, abgeschätzt anhand der zu verschiedenen Zeiten entstandenen, heute noch nachweisbaren Krater, stetig zugenommen“ (…GreWi berichtete).

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