„Planet Nine“ nimmt in Simulation Gestalt an

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Simulation der Struktur von „Planet Nine“.

Copyright: Esther Linder, Christoph Mordasini, Universität Bern

Bern (Schweiz) – Nachdem Mitte Januar zwei US-Astronomen anhand von Bahnbewegungen großer Objekte im Kuiper-Gürtel mathematisch den Nachweis für einen bislang noch unentdeckten, neunten und großen Planeten im äußersten Sonnensystem erbracht haben wollen (…GreWi berichtete, s. Links), zeigen sich immer mehr Kollegen von diesem „Planet Nine“ fasziniert. Schweizer Astrophysiker haben nun sogar auf der Grundlage der Berechnungen ihrer Kollegen „P9“ und seine Eigenschaften im Computermodell simuliert.

Wie der Astrophysiker Prof. Christoph Mordasini, und seine Doktorandin Esther Linder aktuell im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics “ (DOI: 10.1051/0004-6361/201628350) berichten, haben sie die Entwicklung des mutmaßlichen Planeten im äußeren Sonnensystem mit einem Computermodell simuliert.

Normalerweise untersuchen die beiden Experten auf dem Gebiet der Planetenentwicklung mithilfe von Computermodellen die Entstehung junger Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Sogenannte Exoplaneten also ,die Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Für die Forscher ist der hypothetische Planeten-Kandidat denn auch „ein nahes Objekt, obwohl er etwa 700 Mal weiter entfernt ist als die Erde von der Sonne.“

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Wie die Simulation zeigt, hätte „Planet Nine“ heute einen Radius, der 3,7 Erdradien entspricht und seine Temperatur beträgt frostige minus 226 Grad Celsius. Die beiden Astrophysiker gehen davon aus, dass es sich um „eine kleinere Version von Uranus und Neptun (handelt) – ein kleiner Eisriese mit einer Hülle aus Wasserstoff und Helium.“

Mithilfe ihres Modells der Planetenentwicklung berechneten sie, wie sich Werte wie zum Beispiel der Planetenradius oder die Helligkeit seit der Geburt des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren im Laufe der Zeit entwickelt haben.

In ihrem Fachartikel kommen die Forscher zu folgendem Schluss:
“Ein Planet mit 10 Erdmassen, wie von den beiden amerikanischen Forschern (Konstantin Batgyin und Mike Brown) vorgeschlagen, hat heute einen Radius von 3,7 Erdradien. Seine Temperatur beträgt 47 Kelvin oder minus 226 Grad Celsius. Dies bedeutet, dass der Planet selbst signifikant Wärme abstrahlt. (…) Hätte der Planet selbst keine innere Energie, läge seine Temperatur bei nur 10 Kelvin oder minus 263 Grad Celsius, denn dann würde die Strahlung lediglich aus dem reflektierten Sonnenlicht bestehen.“

Dieser innere Energiefluss, der vom Abkühlen des Planeteninnern herrührt, würde aber auch bedeuten, dass der Planet im Infrarot-Bereich viel heller strahlt als im sichtbaren Wellenlängenbereich, in dem nur das schwache reflektierte Sonnenlicht sichtbar ist.

„Aufgrund unserer Studie ist der neunte Planet jetzt mehr als bloß ein Massepunkt, durch diese physikalischen Eigenschaften nimmt er Gestalt an“, erläutert Christoph Mordasini.

Zugleich haben die Forscher auch untersucht, ob ihre Resultate erklären können, warum der „neunte Planet“ bis heute noch nicht von Teleskopen entdeckt wurde. Hierzu berechneten sie die Helligkeit von kleineren und größeren Planeten in verschiedenen Umlaufbahnen und kamen zum Schluss, „dass die bisher durchgeführten Himmelsdurchmusterungen nur eine kleine Chance hatten, ein Objekt mit 20 Erdmassen oder weniger zu entdecken, vor allem wenn es sich in der Nähe des fernsten Punkts auf seiner Umlaufbahn um die Sonne befindet.“

Allerdings hätte das NASA-Infrarot-Weltraumteleskop „WISE“ (Wide-field Infrared Survey Explorer), das keine Hinweise auf einen weiteren großen Planeten im Sonnensystem gefunden hatte (…GreWi berichtete), immerhin noch einen Planeten mit 50 Erdmassen oder mehr finden sollen. „Damit hat man eine interessante obere Massengrenze für den Planeten“, erklärt Esther Linder. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass künftige Teleskope – wie etwa das sich noch im Bau befindliche „Large Synoptic Survey Telescope“ (LSST) in Chile – oder spezielle Durchmusterungen den neunten Planeten aufspüren oder dessen Existenz ausschließen können.

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