Strukturelles Gedächtnis von Wasser mehrere Pikosekunden stabil

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Die Lebensdauer von lokalen Wasserstrukturen kann mit ultrakurzen Laserpulsen bestimmt werden. (Illu.)

Copyright: Yuki Nagata / MPI-P

Mainz (Deutschland) – Mit Hilfe neuartiger ultraschneller Schwingungsspektroskopie erhielten die Wissenschaftler neue Einblicke in die grundlegenden Eigenschaften von Wasser und können erstmals zeigen wie schnell Wassermoleküle ihre lokale Bindungskonfiguration ändern. Sie fanden auch heraus, wieso Wasser im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten derart einzigartig ist: Lokale Strukturen können im Wasser länger als eine Pikosekunde fortbestehen. Das strukturelle Gedächtnis des Wasser, so die Forscher, ist also länger als bislang bekannt.

Wie die Forscher um Dr. Johannes Huber vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) und des niederländischen FOM Instituts AMOLD aktuell im Fachjournal „Nature Communications“ (DOI: 10.1038/ncomms9384) berichten, gelangen die Beobachtungen mit Hilfe neuartiger Kombination von ultraschnellen Laser-Experimenten. Damit konnten die Forscher zeigen, dass lokale Strukturen in Wasser länger als eine Pikosekunde fortbestehen. Eine Pikosekunde (ps) entspricht einem Billionstel einer Sekunde.

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Die Pressemitteilung des Instituts erläutert: „Wasser ist eine einzigartige Flüssigkeit und ist äußerst dynamisch. Wassermoleküle bewegen sich extrem schnell, was sie einzeln auf einer Pikosekunden Zeitskala ununterscheidbar macht. Die Existenz sehr kurzlebiger lokaler Strukturen war bekannt, damit sind zum Beispiel zwei benachbarte Wassermoleküle mit sehr kurzem oder sehr langem Abstand gemeint. Jedoch wurde allgemein angenommen, dass einzelne Wassermoleküle ihr Gedächtnis an diese Struktur in weniger als 0,1 ps verlieren.“

Stattdessen gelang den Wissenschaftlern nun also der Beweis für relativ langlebige lokale Strukturen durch die Untersuchung der Schwingung der Sauerstoff-Wasser Bindungen in Wasser. Dazu benutzten die Forscher ultraschnelle Infrarotspektroskopie und untersuchten vor allem Wassermoleküle, die sehr schwache (oder auch starke) Bindungen zu benachbarten Molekülen eingehen. In ihren Experimenten konnten die Forscher beobachten, dass die Wassermoleküle mit schwachen Bindungen eine viel längere Schwingungslebensdauer aufweisen (bis zu ca. 1 ps) als diejenigen, die stark gebunden (bis zu ~ 0,2 ps) sind. Die schwachen Bindungen von Wassermolekülen bleiben also über einen bemerkenswert langen Zeitraum bestehen, d.h. sie behalten ihren großen Abstand zu benachbarten Molekülen.

Diese Beobachtung verändere die generelle Wahrnehmung von Wasser als Lösungsmittel entscheidend, so die Forscher: „Die Erdoberfläche besteht aus 71 % Wasser. Ein Großteil der chemischen und biologischen Reaktionen findet auf der Erde in Wasser oder an Wassergrenzflächen in Meeren oder Wolken statt. Deswegen ist es extrem wichtig, wie sich Wasser dort auf molekularer Ebene verhält. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Wasser auf molekularer Ebene sehr heterogen ist und aus unterschiedlichen lokalen Strukturen besteht, welche höchstwahrscheinlich sehr wichtig sind“ kommentiert Mischa Bonn, Direktor am MPI-P die Ergebnisse seiner Kollegen abschließend.

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