2 Mio. Jahre alt: Älteste DNA-Fragmente identifiziert

Copyright/Quelle: Prof. Svend Funder / University of Cambridge
Cambridge (Großbritannien) – In urzeitlichen Sedimenten und Permafrost haben Genetiker unterschiedliche DNA-Fragmente mit einem Alter von rund zwei Millionen Jahren und damit die bislang älteste bekannte DNA überhaupt identifiziert. Die Entdeckung bricht den bisherigen Altersrekord für DNA um ganze eine Million Jahre und erlaubt ungeahnte Einblicke in Biologie, Evolution und Klima.
Wie das Team um Professor Eske Willerslev und Professor Kurt H. Kjær von der University of Cambridge aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-022-05453-y) berichtet, handelt es sich um Fragmente sogenannter Umwelt-DNA (environmental DNA = eDNA), die sie in Sedimenten und Permafrost aus der Eiszeit am Kap Kopenhagen in Nordgrönland identifizieren konnten. Die DNA-Fragmente sind rund eine Million Jahre älter als der bisherige Rekordhalter, DNA aus einem sibirischen Mammutknochen. (Anm. GreWi: Tatsächlich könnte auch schon wesentlich ältere DNA gefunden worden sein: 2020 berichteten Forschedne von der Entdeckung von Mikrostrukturen in verkalktem Knorpel 75 Mio. Jahre alten Entenschnabelsaurier-Fossilien, die morpholigisch Kernen und Chromosomen in Zellen glichen …GreWi berichtete.)
Anhand der urzeitlichen DNA zeichnen die Genetiker und Genetikerinnen das Bild eines zwei millionen Jahre alten Ökosystems, das extremen Klimaschwankungen ausgesetzt war. Die Forschenden hoffen nun, dass die Ergebnisse dabei behilflich sein können, auch die Langzeitwirkungen der aktuellen globalen Klimaerwärmung noch genauer vorherzusagen.
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„Die Entdeckung ermöglicht uns einen Blick weitere eine Million Jahre zurück und öffnet ein Kapitel, das erstmals ein derart weit zurückliegendes Ökosystem abbildet“, erläutert Willerslev. „Normalerweise degeneriert DNA recht schnell, aber die aktuellen Funde zeigen, dass sie unter den richtigen Bedingungen auch extrem lange erhalten bleiben kann – viel länger, als das bislang überhaupt vorstellbar war.“
Die damaligen Temperaturen rund um die Kopenhagen-Formation war einst die Öffnung eines Fjords in den Arktischen Ozean an der nördlichsten Spitze Grönlands. Das Klima variierte damals zwischen arktischen und gemäßigten Temperaturen, etwa 10-17 Grad wärmer als im heutigen Grönland.

Copyright/Quelle: Beth Zaikenjpg / University of Cambridge
Anhand der DNA in den Sedimenten können die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zahlreiche damals hier lebende Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen beschreiben. Darunter Rentiere, Hasen, Lemminge, Birken und Pappeln. Selbst die Anwesenheit des Mastodons, einem elefantenartigen Tier der Eiszeit, konnten die Forschenden nun nachweisen, von dem Wissenschaftler bislang ausgingen, dass es nicht derart weit verbreitet war und auf Nord- und Mittelamerika begrenzt vorkam (s. Abb.).

Copyright/Quelle: Beth Zaikenjpg / University of Cambridge
„Unsere Daten legen nahe, dass sich sehr viel mehr Arten an stark schwankenden und sich verändernde Temperaturen anpassen und gewöhnen können als bislang gedacht“, erläutert Willerslev und führt dazu weiter aus: „Es ist aber wichtig zu verstehen, dass diese Arten für diese Anpassung ausreichend Zeit benötigen. Die Geschwindigkeit der heutigen globalen Klimaerwärmung bedeutet hingegen, dass Organismen und Arten genau diese notwendige Zeit zur Anpassung aber nicht (mehr) haben. Der Klima-Notstand bleibt also eine gewaltige Bedrohung für die irdische Biodiversität – und ein Massenaussterben einiger Arten, darunter zahlreiche Pflanzen und Bäume, ist in Sichtweite.“
Die Forschenden hoffen nun, dass Erkenntnisse aus dem Studium der urzeitlichen DNA Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei behilflich sein kann, auch einige heutige Arten resistenter gegen die Folgen des Klimawandels mache zu können. „Es könnte sein, dass genetische Veränderungen einige der Strategien und Trick der damaligen Arten von vor zwei Millionen Jahren kopieren kann, um so das Aussterben einiger bedrohter Arten zu verhindern.
Des Weiteren hoffen die Forschenden, nicht nur in den Ton und Quarzerden des vergleichsweise kalten und trockenen Grönlands, sondern auch in selbigen Böden in wärmeren und feuchteren Afrika auch urzeitliche DNA zu stoßen. „Auf diese Weise könnten wir vielleicht auch einmal DNA der ersten Menschen und ihrer Vorfahren finden. Die Möglichkeiten wären dann unvorstellbar“, so Willerslev abschließend.
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Recherchequelle: University of Cambridge
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