24.000 Jahre lang tiefgefrorenes Kleinstlebewesen aus Permafrost wiederbelebt
Pushchino (Russland) – Das Drehbuch für einen klassischen Horrorfilm bräuchte nicht nochmals geschrieben werden: Russische Forscher haben ein seit 24.000 Jahren im sibirischen Permafrost tiefgefrorenes mikroskopisch kleines Rädertierchen aufgetaut und erfolgreich unbeschadet wiederbelebt.
Wie das Team um Stas Malacon vom Soil Cryology Laboratory in Pushchino aktuell im Fachjournal „Current Biology“ (DOI: 10.1016/j.cub.2021.04.077) berichtet, handelt es sich um ein Exemplar sogenannter Bdelloida, also um ein Rädertierchen (Rotifera), die vor allem im Süßwasser sowie in feuchten bis nassen Böden vorkommen. Die zwischen 0,1 und 0,5 Millimeter langen, vielzelligen Tiere können einen Großteil ihrer Körperflüssigkeit abgeben, dadurch zu einer kugelförmigen Gestalt zusammenschrumpfen. In dieser sogenannten Trockenstarre können sie viele Jahre selbst widrigen Umweltbedingungen – Trockenheit, Frost, Nahrungsknappheit und niedrige Sauerstoffwerte – überdauern. Während bislang lediglich bekannt war, dass die Widerstandskünstler auf diese Weise bis zu 10 Jahre überdauern können, stellt das nun wiedererweckte Rädertierechen hierfür mit 24.000 Jahren den absoluten Rekord auf.
„Unsere Studie ist der beste Beweis dafür, dass auch mehrzelliges Leben mehrere Tausende Jahre im Kälteschlaf (Kryptobiose) mit einem nahezu stillstehenden Stoffwechsel überdauern kann”, kommentiert Malavin die Beobachtung.
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Entdeckt wurde das Rädertierechen in einer Kernbohrung aus arktischem Permafrost in Sibirien. In dieser Probe glauben die Wissenschaftler auch einen sozusagen tiefgefrorenen Fadenwurm gefunden zu haben. Zuvor war es Forschenden bereits gelungen, Moose und Pflanzen, die seit mehreren Tausend Jahren im Permafrost tiefgefroren waren, wieder zum Leben zu erwecken.
Das nun aufgetaute, 24.000 Jahre alte Exemplar gehört zur Art der Adineta und konnte sich nach seiner Wiederbelebung sogar weiterhin reproduzieren. Weitere Studien mit anderen Rädertierechen zeigten dann, dass diese offenbar über einen Schutzmechanismus verfügen, der ihre Organe vor Frostschäden schützt. Was genau nötig ist, um auch mehrzellige Lebewesen derart lange Zeiten in Kältestarre zu konservieren, ist bislang aber noch unklar.
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Quelle: Cell Press
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