Schöningen (Deutschland) – Zwischen prähistorischen Elefantenspuren haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nahe Schöningen in Niedersachsen die drei ältesten menschlichen Fußabdrücke des heutigen Deutschlands entdeckt. Die Fußspuren stammen wahrscheinlich vom Homo heidelbergensis und sind rund 300.000 Jahre alt.
Wie das Team aus Forschenden der Universität Tübingen und vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment aktuell im Fachjournal „Quaternary Science Reviews“ (DOI: 10.1016/j.quascirev.2023.108094) berichten, wurden die Abdrücke im paläolithischen Fundstellenkomplex 13 II-2 Untere Berme nahe Schöningen in Niedersachsen entdeckt. Gemeinsam mit den Abdrücken von mehreren Tierspuren zeichnen die Fußspuren auch ein Bild des damaligen Ökosystems.
Diese damalige Landschaft (s. Titelabbildung o.) war von Gräsern bewachsenen offenen Birken- und Kiefernwald geprägt und umgab einen wenige Kilometer langer und einige hundert Meter breiten See, der Herden von Elefanten, Nashörnern und Paarhufern als Tränke oder zu Baden diente.
„Inmitten dieser Szenerie steht eine Kleinfamilie der ‚Heidelberger Menschen‘, einer heute ausgestorbenen Menschenart“, umschreibt der Erstautor der Studie Dr. Flavio Altamura, Stipendiat vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen (SHEP). „Wir haben erstmalig die fossilen Fußabdrücke von zwei Fundorten in Schöningen detailliert untersucht. Diese Spuren liefern uns, zusammen mit den Informationen aus sedimentologischen, archäologischen, paläontologischen und paläobotanischen Analysen, Erkenntnisse über die Paläoumwelt und die einst in diesem Gebiet lebenden Säugetiere. Unter den Abdrücken befinden sich auch drei Spuren, die mit Fußabdrücken von Homininen übereinstimmen – mit einem Alter von etwa 300.000 Jahren sind sie die ältesten in Deutschland bekannten menschlichen Spuren und stammen wahrscheinlich von Homo heidelbergensis.“
Zwei der drei menschlichen Spuren in Schöningen stammen vermutlich von jungen Individuen, die in einer kleinen altersgemischten Gruppe den See und dessen Ressourcen nutzten: „Je nach Jahreszeit waren rund um den See Pflanzen, Früchte, Blätter, Triebe und Pilze verfügbar. Unsere Funde bestätigen, dass die ausgestorbene Menschenart sich an See- oder Flussufern mit flachem Wasser aufhielt. Das ist auch durch andere Fundstellen mit Homininen-Fußabdrücken des Unter- und Mittelpleistozäns bekannt ist“, so Altamura.
Die verschiedenen Spuren in Schöningen zeigen demnach eine Momentaufnahme eines Familienalltags und können über das Verhalten und die soziale Zusammensetzung der Homininen-Gruppe Auskunft geben sowie über die räumliche Interaktion und Koexistenz mit Elefantenherden und anderen, kleineren Säugetieren, heißt es in der Studie. „Es handelt sich aufgrund der Spuren auch von Kindern und Jugendlichen wohl eher um einen Familienausflug als um eine Gruppe erwachsener Jagender.“
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Neben den menschlichen Spuren untersuchten die Forschenden auch eine Reihe von Elefantenspuren, die sie der ausgestorbenen Art Palaeoloxodon antiquus zuordnen, einem Elefanten mit geraden Stoßzähnen, der damals das größte Landtier war und dessen ausgewachsene Bullen ein Körpergewicht von bis zu 13 Tonnen erreichten. „Die von uns entdeckten Elefantenspuren in Schöningen erreichen eine beachtliche Länge von 55 Zentimetern. In einigen Fällen haben wir auch Holzfragmente in den Spurrillen gefunden, die von den Tieren in den – damals weichen – Boden gedrückt wurden“, erläutert Dr. Jordi Serangeli, Grabungsleiter in Schöningen und ergänzt: „Eine Spur stammt zudem von einem Nashorn – Stephanorhinus kirchbergensis oder Stephanorhinus hemitoechus – und ist der erste Fußabdruck dieser Art aus dem Pleistozän, der in Europa gefunden wurde.“
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Recherchequelle: Universität Tübingen
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