52.000 Jahre alt: Erstmals vollständiges Genom eines Wollhaarmammuts extrahiert
Kopenhagen (Dänemark) – Anhand eines nahezu ideal erhaltenen 52.000 Jahre alten Fehllhautgewebes eines Wollhaarmammuts ist es Genetikern erstmals gelungen, das vollständige Genom der ausgestorbenen Dickhäuter zu extrahieren. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer möglichst identischen Wiederbelebung der Art.
Wie das Team um Juan Antonio Rodríguez und Dr. Marcela Sandoval-Velasco von der Universität Kopenhagen und Olga Dudchenko vom Baylor College of Medicine aktuell im Fachjournal “Cell” (DOI: 10.1016/j.cell.2024.06.00) berichtet, ist das Gewebestück aus Fell, Haut und Fleisch des 2018 im Permafrost einer Höhle in Sibirien gefundenen Mammuts derart gut erhalten, dass sowohl das Auslesen des vollständigen Genoms wie auch die Rekonstruktion der dreidimensionalen Struktur der Chromosomen gelungen ist, anhand derer die Wissenschaftler und Wissenschaftler ablesen können, welche Gene sich im Laufe des Lebens des Tieres wie ausgeprägt hatten. Nie zuvor sei derart guterhaltenen DNA in einem derart alten Kadaver gefunden worden.
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Den Grund für die erstaunliche Erhaltung der Probe sehen die Genetikerinnen und Genetiker in den idealen Voraussetzungen im Innern der Höhle: „Hier herrschten Temperatur- und Klimabedingungen, die das Gewebe sowohl einfroren als auch austrockneten. Die Wissenschaftlerin vergleich diesen Vorgang mit der Herstellung von kaltgetrockenetem Prosciutto. Diese Gefriertrocknung habe das Gewebe perfekt in einem nahezu glasartigen Zustand und damit auch die mikroskopische Struktur der DNA erhalten.
Die Analysen des Genoms zeigen, dass das Mammut mit 28 Chromosomenpaaren über die gleiche Anzahl verfügte, wie seine heute noch lebenden Verwandten, die asiatischen Elefanten. Anhand der dreidimensionalen Struktur der Chromosomen können die Forschenden zwischen aktiven und inaktiven Genen unterscheiden. So zeigte sich beispielsweise, dass jene Gene, die für das Haarwachstum der für ihre namensgebendes Fell bekannten Mammuts verantwortlich sind, deutlich aktiver waren als in heute lebenden Elefanten.
Hintergrund
Um eine ausgestorbene Tierart wieder zum Leben zu erwecken, benötigen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zunächst das möglichst vollständige Genom der ausgestorbenen Art, sowie eine mit dieser Art eng verwandte, heute noch lebende Spezies. Anhand beider Vorlagen müssen dann im Innern von Leihmüttern der heute noch lebenden Art erfolgreich über- und lebensfähige Embryonen gezüchtet werden. Tatsächlich haben Genetiker mittlerweile schon die Genome von etwa 20 ausgestorbenen Tierarten sequenziert. Zu diesen gehören beispielsweise der Höhlenbär, verschiedene Mammutarten, der Moa oder auch die Wandertaube. Keine dieser Arten wurde bislang erfolgreich wiederbelebt. Tatsächlich ist der Antreiber der Vision wiederbelebter ausgestorbener Tierarten weniger die Sensationslust a la „Jurassic Park“, sondern die Hoffnung, dass mit Hilfe dieser Arten gefährdete Ökosysteme bewahrt werden können: So waren Mammuts zu Lebzeiten wichtig für die Kontrolle von Büschen und Bäumen in der arktischen Tundra und düngten mit ihren Hinterlassenschaften die dortigen Grasländer.
Die neuen Erkenntnisse dürften den Wettlauf um Wiederbelebungsversuche (De-Extinction) der Wollhaarmammuts beschleunigen und dabei behilflich sein, dass die durch Klonen wieder zum Leben erweckten Mammuts tatsächlich ihren eiszeitlichen Vorfahren so ähnlich wie möglich werden. Von der Wiederbelebung der Wollhaarmammuts erhoffen sich Wissenschaftler und Wissenschaftler nicht nur ein Kuriosum, sondern auch einen Mehrwert für die bedrohten Permafrost-Ökosysteme, zu deren Erhalt die eiszeitlichen Dickhäuter einst einen wichtigen Betrag geleistet hatten.
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Recherchequelle: Baylor College of Medicine, Cell
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