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558 Millionen Jahre alt: Lipide identifizieren mit Dickinsonia älteste Tierart

Dickinsonia-Fossil von der Küste des Weißen Meeres.
Copyright: Ilja Bobrovskiy, ANU

Canberra (Australien) – Bei der Analyse von Lipidmolekülen in rund 558 Millionen Jahre alten Fossilien der Gattung Dickinsonia hat ein internationales Wissenschaftlerteam Steroide, also Lipide wie sie für tierische Organismen charakteristisch sind identifiziert. Damit gilt der Organismus nun als ältester bekannter Vertreter des Tierreichs.

Wie das Team aus Forschern um Professor Jochen Brocks Ilya Bobrovskiy von der Australian National University (ANU) aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.aat7228) berichtet, entstanden die ersten organismen, die wir heute als moderne Tiere bezeichnen würden erst mit der sogenannten Kambrischen Explosion vor rund 540 Millionen Jahren. Wo jedoch genau die Ursprünge dieser höheren Organismen anzusiedeln sind, war bislang unklar.

Wie das Team um Brocks und Bobrovskiy – zu dem auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Bremen gehören – berichtet, enthalten Gesteine, die weltweit etwa 10 bis 30 Millionen Jahre vor dem Beginn der Kambrischen Explosion abgelagert wurden, hin und wieder eine Vergesellschaftung rätselhafter Fossilien: die sogenannte Ediacara Fauna, darunter auch Dickinsonia. Diese stehen schon seit rund 70 Jahren im Zentrum einer Diskussion um deren systematische Einordnung und darüber, ob sie eine Schlüsselrolle zum Verständnis der ersten Tiere spielen könnten. So wurde etwa Dickinsonia bereits als Tier, Flechte, und sogar als großer Einzeller (sog. Protist) beschrieben.

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Das Ergebnis der Analyse der in den bis zu 1,40 Meter großen Dickinsonia-Fossilien identifizierten Überresten organischen Moleküle (genauer gesagt von stabilen Lipiden) erlaubt es nun, Dickinsonia als erdgeschichtlich ältesten Organismus definieren, der eindeutig dem Tierreich zuzuordnen ist. Vermutlich handelte es sich bei den vor 558 Millionen lebenden Dickinsonia um Bewohner des Meeresbodens.

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Bei den vorgefundenen Lipiden handelt es sich demnach eindeutig um fossile Cholesterinmoleküle, die zu den Steroiden zählen und unter anderem als Bestandteil von Zellmembranen lebensnotwendig sind. „Die Verteilung der Moleküle in Dickinsonia entsprach dem Muster höherer Tiere. Pilze und Pflanzen konnten somit als Vorgänger ausgeschlossen werden, Dickinsonia schien ins Tierreich zu gehören“, berichten die Forscher.

Dickinsonia-Fossil von der Küste des Weißen Meeres.
Copyright: Ilja Bobrovskiy, ANU

“Was wir allerdings erstmal nicht ausschließen konnten, war die alte Theorie, dass Dickinsonia ein riesengroßer Protist, also ein niedrig entwickelter eukaryotischer Einzeller gewesen sein könnte“ erläutert Mitautor Dr. Christian Hallmann, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, der selbst als Experte für fossile Steroid-Moleküle gilt.

Um dies zu klären, untersuchte er mit seinem Team verschiedenste Arten heute noch vorkommender Protisten, die aus dem Roten Meer, an der Mittelmeerküste vor Israel und Frankreich, in der Tasmanischen See vor Australien und im südlichen Ozean vor der Antarktis-Küste gesammelt wurden. Sie unterzogen die Proben durch katalytische Hydrierung, also dem Hinzufügen von Wasserstoff-Molekülen, einer künstlichen Alterung um sie noch besser mit den fossilen Proben vergleichen zu können: „Das Muster der Steroidzusammensetzung der fossilen Dickinsonia-Proben unterscheidet sich klar von dem heute vorkommender Protisten“ bestätigt der Postdoktorand Benjamin Nettersheim. Mit diesen chemischen Analysen konnte die seit Jahrzehnten umstrittene Protisten-Hypothese für Dickinsonia endgültig ausgeschlossen werden.

„Die Einordnung von Dickinsonia in das Tierreich markiert einen Meilenstein in der Rekonstruktion der Entstehung der Arten und wirft nach vielen Jahrzehnten endlich Licht auf die mysteriöse Ediacara-Fauna“, so die Wissenschaftler abschließend. Fest stehe nun, „dass Organismen aus dem Tierreich also schon vor 558 Millionen Jahren sehr groß wurden und in den Weltmeeren weit verbreitet waren, Millionen Jahre früher als bisher vermutet.“

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Andreas Müller
Autor und Publizist
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(Kornkreisforscher)

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