Gold Coast (Australien) – In einer Höhle auf der indonesischen Insel Sulawesi haben Archäologen eine Darstellung dreier Menschen und eines Wildschweins entdeckt, die sie für das bislang älteste bekannte darstellende Höhlengemälde und bildhafte Erzählform überhaupt halten.
Wie das Team um Prof. Maxime Aubert und Prof. Adam Brumm von der australischen Griffith University gemeinsam mit Kollegen der Southern Cross University und Adhi Agus Oktaviana von der National Research and Innovation Agency (BRIN) aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: DOI: 10.1038/s41586-024-07541-7) berichtet, konnten sie die Höhlenmalerei in der Höhle von Leang Karampuang auf ein Alter von mindestens 51.200 Jahren datieren.
Die Forscher und Forscherinnen sehen in der Darstellung das bislang älteste Beispiel für eine bildhafte Darstellung und damit einhergehende Erzählung. Das Höhlenbild zeige drei menschenartige Figuren, die auf irgendeine Art und Weise vermutlich mit einem Wildschwein interagieren. Aufgrund des nur noch schlechten Erhaltungszustands der Abbildung sei jedoch unklar, was genau die Menschen tun.
Zwar gibt es weltweit sehr viel ältere Formen kreativer Ausdrucksweise an Höhlenwänden, etwa in Form geometrischer Felszeichnungen und Ritzungen, die bis zu 100.000 Jahre zurückreichen, doch handele es sich bei dem aktuellen Fund um das älteste bislang bekannte darstellende Gemälde einer natürlichen, erlebten und damit vermutlich auch weitererzählten Szene. „Unsere Ergebnisse sind sehr überraschend: Keines der berühmten europäischen Kunstwerke aus der Eiszeit ist annähernd so alt wie dieses, mit Ausnahme einiger umstrittener Funde in Spanien“, erläutert Adhi Agus Oktaviana.
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„Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass die frühe figurative Höhlenkunst aus Einzelfiguren und Formen bestanden, die selbst keine offensichtlichen Szenen darstellen und dass deshalb derart bildhafte Erzählformen erst sehr viel später in der europäischen Kunst auftauchten“, erläutert Brumm. Nun zeige sich eine große Wissenslücke zur Kunstgeschichte zwischen den frühen einfachen Darstellungen und Abbildungen von Szenen wie dieser. „Unsere Entdeckung legt nahe, dass das Geschichtenerzählen ein wesentlich älterer Teil unserer menschlichen Geschichte ist als bislang angenommen“, kommentierte Brumm auf einer Pressekonferenz.
Die zur Datierung angewandte neue Laser-Abtragungs-Technik (Laser Ablation U-Series, LA-U-Series), mit der kleinste Ablagerungsschichten von Kalziumkarbonat auf der Darstellung ermittelt und datiert werden können, sei genauer, einfacher und kostengünstiger und benötige wesentlich weniger Gesteinsproben als frühere Methoden. Mit der neuen Methode haben die Archäologen auch eine 2019 in einer nahegelegenen Höhle entdeckte Jagdszene, in der sie auch Belege für einen schon damals ausgeprägten Glauben an das Übernatürliche sehen (…GreWi berichtete), erneut untersucht und dabei festgestellt, dass auch diese mit 48.000 Jahren älter ist, als zuvor ermittelt.
Für die Archäologen und Archäologinnen deutet die Entdeckung darauf hin, dass das Erzählen von Geschichten ein wesentlicher Bestandteil der frühen menschlichen Kunstkultur in Indonesien war: „Menschen erzählen wahrscheinlich schon viel länger Geschichten als seit 51.200 Jahren, aber da Worte nicht fossilisieren, können wir nur auf indirekte Hinweise wie die Darstellung von Szenen in der Kunst zurückgreifen – und die Kunst von Sulawesi ist nun bei weitem der älteste bekannte Beleg dafür“, so Oktaviana abschließend.
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Recherchequelle: Griffith University
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