Laut einer neuen Studie könnten Kugelsternhaufen wie „47 Tucanae“ der ideale Ort sein, um nach technologisch hochentwickelten, außerirdischen Zivilisationen Ausschau zu halten.
Copyright: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team
Kissimmee (USA) – Aufgrund ihrer hohen Dichte an Sternen auf kleinem Raum galten Kugelsternhaufen bislang für stabile Felsplaneten innerhalb lebensfreundlicher Zonen als ungeeignet. Eine neue Studie zeigt nun jedoch genau das Gegenteil: Gerade hier könnten erdähnliche Planeten besonders lange lebensfreundliche Bedingungen vorfinden und entsprechend entwickelte Zivilisationen hervorgebracht haben. Innerhalb der Kugelsternhaufen wäre zudem der interstellare Austausch und das Reisen von Sternsystem zu Sternsystem deutlich einfacher als in anderen galaktischen Regionen.
Kugelsternhaufen beinhalten Millionen von Sternen innerhalb eines Raumes von durchschnittlich nur knapp 100 Lichtjahren. Zudem sind die meisten Kugelsternhaufen mit rund 10 Milliarden Jahren in etwa schon genau so alt wie unsere Milchstraße selbst. (Zum Vergleich: Das Alter unseres eigenen Sonnensystems datieren Astrophysiker auf knapp 4,6 Milliarden Jahre.) Aus diesem Grund beinhalten die dortigen Sterne aber auch deutlich weniger sogenannte schwere Elemente (wie Eisen und Silizium), wie sie zur Bildung von Planeten benötigt werden, da diese Elemente erst durch das Vergehen früher Generationen von Sternen entstehen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund galten Kugelsternhaufen den meisten Planetenwissenschaftlern als eher ungeeignete Heimstätte für lebensfreundliche Planeten. Tatsächlich wurde bislang auch nur ein einziger Planet im Innern eines Kugelsternhaufens entdeckt.
Das Team um Rosanne DiStefano vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und Alak Ray vom Tata Institute of Fundamental Research in Mumbai hält diese Einschätzung nun aber für deutlich zu pessimistisch. Auf einer Pressekonferenz auf dem Jahrestreffen der American Astronomical Society haben die Astronomen das Ergebnis ihrer aktuellen Studie vorgestellt und verweisen darauf, dass bereits Planeten im Umfeld von Sternen gefunden wurden, deren Metallanteil nur einem Zehntel dem unserer Sonne entspricht. Während jupitergroße Planeten tatsächlich eine Präferenz für metallreiche Sterne aufweisen, ist dies bei erdgroßen Felsplaneten nicht der Fall.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen GreWi-Newsletter bestellen +
„Nach dem derzeitigen Stand der Beobachtungen ist es einfach noch verfrüht zu behaupten, dass es in Kugelsternhaufen keine Planeten gibt“, so die Forscher und führen weiter aus: „Stattdessen könnten Kugelsternhaufen sogar der erste Ort in unserer Galaxie sein, an dem wir intelligentes, außerirdisches Leben finden.“
Bedenken, dass die Sternendichte in Kugelsternhaufen und die damit einhergehenden vermeintlich starken Schwerkraftinteraktionen zwischen den Sternen in einem solchen Haufen schon die Entstehung von Planeten verhindere oder entstandenen Planeten aus ihren Bahnen und den sogenannten habitablen Zonen würden, begegnen die Autoren mit dem Hinweis darauf, dass die habitable Zone von der Helligkeit des jeweiligen Sterns abhängt. (Die „habitable Zone“ beschreibt jene Abstandregion , innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser – und damit die Grundlage zumindest des irdischen Lebens – existieren kann.) Während also die habitablen Zonen um helle Sterne weiter von diesen entfernt liegen, ist der Abstand der „grünen Zonen“ um lichtschwächere Sterne deutlich geringer. Zudem haben hellere Sterne eine kürzere Existenzspanne. Im Innern der alten Kugelsternhaufen dürften solche Sterne also schon vergangen und damit in der Minderheit sein: „Der vorherrschende Sternentyp im Innern von Kugelsternhaufen sind lichtschwache dafür aber langlebige Rote Zwergsterne. Jeder potentiell lebensfreundliche Planet würde diese Sterne also auf einer nahen Umlaufbahn und damit in sicherem Abstand von seinen stellaren Nachbarn umkreisen. Sobald hier also Planeten entstehen, könnten sie sogar deutlich länger existieren.“
Dann hätte das Leben auf derart bereits alten Planeten auch schon sehr viel Zeit gehabt, sich komplex zu entwickeln und auch Intelligenz hervorgebracht zu haben. „Solche Zivilisationen wären von einer kosmischen Umgebung umgeben, die sich deutlich von der unseren unterscheidet“, erläutern die Wissenschaftler. „Die nächsten Nachbarsterne solcher Systeme wären 20 Mal näher als etwa das unserem Sonnensystem nächstgelegene Sternsystem. Und das würde die interstellare Kommunikation und Erforschung natürlich dramatisch vereinfachen.“
DiStefano und Kollegen sprechen hier von der „Kugelsternhaufen-Gelegenheit“: „Das Senden einer Nachricht zwischen den Sternen würde kaum länger als zwei Wochen dauern, ähnlich also wie ein Brief zwischen Europa und Amerika im 18. Jahrhundert. Interstellare Reisen wären ebenfalls durchaus auch nach irdischen Maßstäben und hin- und Rückreisen deutlich innerhalb einer Generation möglich. Der „New Scientist“ erläutert hierzu: „Eine Reise zum nächstgelegenen Stern mit einer Geschwindigkeit von nur einem Prozent der Lichtgeschwindigkeit würde innerhalb eines Kugelsternhaufens gerade einmal 4,2 Jahre dauern.“
Ein Hauptgrund, weswegen bislang in Kugelsternhaufen erst ein einziger Planet entdeckt wurde, liegt für die Autoren der Studie in der weiten Entfernung der Kugelsternhaufen zur Erde: „Selbst der nächstgelegene Kugelsternhaufen ist immer noch mehrere Tausend Lichtjahre entfernt. Hier also gerade im noch dichteren Zentrum der Haufen Planeten zu finden, die ihre Sterne vergleichsweise dicht umkreisen ist wirklich sehr schwierig.“ Bessere Chancen für derartige Entdeckungen sehen die Astronomen hingegen in den Außenregionen der Kugelsternhaufen.
Statt also die direkte astronomische Suche nach Planeten, schlagen die Forscher zunächst eine intensive Suche nach intelligenten Signalen mit Hilfe der vorhandenen SETI-Instrumente vor. Tatsächlich wurde denn auch die erste direkt und beabsichtigt ins All gesendete Nachricht der Erde 1974 auf den Kugelsternhaufen Messier 13 (M13) gerichtet.
Gegenüber dem „New Scientist“ erklärt denn auch die einstige Chefin für SETI-Forschung am SETI Institute im kalifornischen Mountain View, Jill Tarter, dass eine solche gezielte Suche vergleichsweise leicht wäre: „Es gibt nur eine kleine Anzahl von Kugelsternhaufen. Sie sind uns näher als andere Galaxien und sie liegen im Sichtfeld der kalifornischen SETI-Teleskopanlage, der ‚Allen Telescope Array‘. Es wäre noch nicht einmal ein allzu großes Projekt alle sichtbaren Kugelsternhaufen (nach Signalen) abzusuchen.“
© grenzwissenschaft-aktuell.de