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Analyse von Handschriften: Weinte ‘Dracula” blutige Tränen?
Andreas Müller
3 min
Ein Brief und Porträt von Vlad Drăculea III. Copyright: Gemeinfrei / Rumänisches Nationalarchiv
Catania (Italien) – Der populär als historisches Vorbild für den Grafen Dracula bekannte walachische Fürst VladDrăculea III. fasziniert von jeher nicht nur Horror-Fans, sondern auch die Wissenschaft. Eine aktuelle Studie hat nun Briefe des Woiwoden biochemisch analysiert, um so auf mögliche Krankheiten rückschließen zu können. Das Ergebnis zeigt, dass der „Pfähler“ an einer Vielzahl von Gebrechen litt und nicht zuletzt vermutlich mit Blut vermischte Tränen vergoss.
Wie das Team um Maria Gaetana Giovanna Pittalà von der L‘Universitàdi Catania und Kolleginnen und Kollegen von SpringStyle Tech Design, dem rumänischen Nationalarchiv und dem Politecnicodi Milano aktuell im Fachjournal „AnalyticalChemistry“ (DOI: DOI: 10.1021/acs.analchem.3c01461) berichtet, konnten sie anhand dreier Originalbriefe des Fürsten Proteine und Peptine identifizieren, die Drăculea beim Schreiben unweigerlich im Papier hinterließ.
Inhalt
Hintergrund
Der auch als „Vlad der Pfähler“ oder „Vlad III. der Walache“ bekannte Fürst Vlad III. Drăculea, beherrschte im 15. Jahrhundert die Region Walachei im heutigen Rumänien. Als historische Figur diente er Bram Stoker als eine seiner Inspirationen für die berühmte literarische Figur des Vampirs Graf Dracula, dem wohl bekanntestenVampir der Geschichte und Literatur.
Vlad III. wurde um 1431 in siebenbürgischen Schäßburg, dem heutigen Sighișoara in Rumänien, geboren. Sein Vater, Vlad II. Drăcul, war Herrscher der Walachei, und die Familie gehörte der walachischen Linie des ungarischen Adelsgeschlechts Drăculești an. Der Beiname „Drăculea“ leitet sich vermutlich von rumänischen Begriff „Dracul“ für „Drache“ oder „Teufel“ ab und deutet wohl auf Vlads Mitgliedschaft im ritterlichen „Drachenorden“ hin.
Darstellung aus der Brodoc-Chronik. Vlad III. Drăculea wohnt speisend einer Massenhinrichtung bei. (Holzschnitt von Markus Ayrer, Nürnberg, 1499) Copyright: Gemeinfrei
Vlad III. wurde zweimal zum Fürsten der Walachei ernannt: zum ersten Mal von 1448 bis 1449 und später von 1456 bis 1462. Seine Herrschaft war geprägt von grausamen Bestrafungen seiner Feinde, politischen Gegnern und Kriminellen. Besonders grausame Berühmtheit erlangte er vor allem durch seine brutale Methode der Hinrichtung, die als „Pfählen“ bekannt ist. Einige Historiker vermuten, dass Vlad den Tod von bis zu 80.000 osmanischen Gegner und Kriegern zu verantworten haben könnte – nicht wenige davon sollen gepfählt wurden sein. Die Methode beinhaltete das Aufspießen der Opfer auf Pfähle, wodurch eine äußerst grausame und abschreckende Form des Todeskampfes und der Strafe entstand. Laut den Legenden soll Vlad während dieser Art der Hinrichtungen mit Vorliebe gegessen haben (s. Abb.) – vermutlich trug dies zu seinem Ruf als Vampir maßgeblich mit bei.
Während seiner Regierungszeit verfolgte Vlad III. eine strenge Politik gegen Eindringlinge und versuchte, die Unabhängigkeit der Walachei gegenüber den mächtigen Nachbarn Ungarn und dem Osmanischen Reich aufrechtzuerhalten. Insbesondere seine Auseinandersetzungen mit den Osmanen, die zu dieser Zeit den Balkan dominierten, trugen zu seinem Ruf als furchterregender Herrscher bei.
Vlads Leben und Taten wurden im Laufe der Jahrhunderte romantisiert und zum Inhalt folkloristischer und literarischer Legenden, die schließlich den Mythos des Vampirs Graf Dracula beeinflussten. Vlad III. Drăculea starb um 1476 in einer Schlacht gegen die Osmanen.
Zum Thema
In den von den Briefen extrahierten Proben konnten die Forschenden mehr 500 Peptide nachweisen, 100 davon waren menschlicher Natur. Anhand dieser organisch-chemischen Verbindungen schließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass Vlad III. unter anderem an Ziliopathie sowie an einer Entzündungskrankheit litt, die sich vermutlich auf Haut und die Atemwege auswirkte.
Einer der in der Studie analysierten Briefe Daculeas (hier Archivkatalog-Nr. II 365) vom 4. August 1475 zeigt die Positionen der Oberflächen-Probenentnahme sowie eine Ansicht des Schriftstückes unter UV-Licht, das Spuen von Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan aufzeigt. Copyright/Quelle: Analytical Chemistry (2023). DOI: 10.1021/acs.analchem.3c01461
Weitere Moleküle deuten zudem darauf hin, dass der Fürst an einer Form der Hämolakrie litt, deren Krankheitsbild sich unter anderem in blutigen Tränen äußert. Auch dieses Symptom könnte zum fragwürdig schaurigen Ruf des „Drachen“ beigetragen haben.
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