James Mellhart bei Ausgrabungen in Çatalhöyük.
Copyright: Omar hoftun (via WikimediaCommons) CC BY-SA 3.0
Aufzeichnungen aus dem Nachlass des 2012 gestorbenen britischen Archäologen James Mellhaart enthüllen, dass der für seine Funde in Çatalhöyük und anderen Stätten Kleinasiens berühmte Forscher zahlreiche Dokumente und angeblich prähistorische Wandmalereien selbst fabriziert – also gefälscht hat. Seine Fälschungen täuschten auch zahlreiche Forscherkollegen. Mellaart vertrat zum Teil ähnliche Ansichten wie der Geoarchäologe Dr. Eberhard Zangger rund um das Volk der Luwier und den Niedergang von Staaten und Kulturen im Mittelmeerraum zum Ende der Bronzezeit, über die auch Grenzwissenschaft-Aktuell.de im vergangenen Herbst (2017) berichtet hatte.
Hinweis: Sie lesen diese Meldung in der Rubrik “GreWi-Shortcut”: Im Gegensatz zu den gewohnt ausführlichen GreWi-Meldungen, werden hier Meldungen kurz zusammengefasst, die nicht direkt ins GreWi-Themenspektrum gehören, die ich aber dennoch ins Gesamtbild passen. Am Ende dieser “Kurzmeldung” finden Sie dann Links zu den Meldungen der Originalquelle.
– Einen Bericht zur posthumen Entlarvung Mellaarts als Fälscher finden Sie auf Scinexx.de
Im Fries von Beyköy lies Kupanta-Kurunta, der Großkönig von Mira, von den Überfällen einer Flotte der vereinten Königreiche Westkleinasiens auf die Küsten des östlichen Mittelmeers berichten.
Copyright: LuwianStudies.org
Im Nachlass Mellaarts fanden sich auch Zeichnungen luwischer Hieroglypheninschriften über die auch über die auch Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) kürzlich im Rahmen der Arbeit und Theorien des Geoarchäologen Dr. Eberhard Zangger zur Frage um die Herkunft und Invasion der Seevölker und der Niedergang von Staaten und Kulturen im Mittelmeerraum zum Ende der Bronzezeit berichtete.
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In einem aktuellen Interview als Kommentar zu einem (verunglückten) Spiegel-Artikel erklärt Zangger (s. Abb. l.) auf die Frage, wie es denn nun um die große luwische Hieroglypheninschrift aus Beyköy stehe, folgendes:
„Das wissen wir nicht. In Mellaarts Arbeitszimmer haben wir keine Entwürfe oder sonstigen Hinweise auf eine Fälschung dieser Inschrift gefunden; der Vorwurf, eine Fälscherwerkstatt betrieben zu haben, bezieht sich auf andere Dokumente. In der Veröffentlichung der luwischen Hieroglypheninschrift im Dezember letzten Jahres haben der niederländische Linguist Fred Woudhuizen und ich Argumente aufgelistet, die für und gegen die Authentizität dieses Dokuments sprechen. Wir sind dabei zum Urteil gekommen, dass die Argumente für dessen Echtheit überwiegen. Es gibt heute keine neuen Erkenntnisse, und Fred Woudhuizen geht weiterhin davon aus, dass die Hieroglypheninschrift echt ist. Aber man ist natürlich noch skeptischer geworden. Ich möchte mir dazu kein Urteil erlauben.“
Weiter heißt es im Interview:
(Der Assyriologe und Hethitologe) Max Gander hält Ihre Arbeitsweise für „methodisch fragwürdig“. Das ist ein heftiger Vorwurf.
„… auf den ich nur schwer etwas entgegnen kann, solange er ihn nicht konkretisiert oder begründet. Ist es methodisch korrekt, die Zeichnung dieser Inschrift dreißig Jahre lang in Schubladen versteckt zu halten? Verschiedene Fachleute kannten die Abschrift nämlich mindestens seit 1989. Als sich herumsprach, dass Fred Woudhuizen und ich dabei sind, diese Zeichnung zu publizieren, wurde uns mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Sind das die akzeptierten Methoden in der Altertumskunde? Durch unsere Publikation kann dieses Dokument nun erstmals von allen Experten beurteilt werden.“
Ist Ihre Theorie der Luwier nun widerlegt, wie (der Spiegel-Autor) Frank Thadeusz schreibt?
„Keineswegs. Es ist übrigens auch nicht meine eigene Theorie: Die Diskussion über die Luwier ist inzwischen rund hundert Jahre alt, und es liegen verschiedene Lehrbücher zu diesem Thema vor. Ich bin wohl zurzeit so eine Art Botschafter der Luwier, in Zukunft wird es auch andere geben. Das Material aus Mellaarts Nachlass habe ich erst vor neun Monaten erhalten. Es hätte, wenn es denn echt gewesen wäre, die Luwier-Theorie untermauert. Dass vieles davon offensichtlich gefälscht ist, ändert aber nichts an der bisherigen Forschung zu dem Thema.“
Welche Auswirkungen hat die Erkenntnis, dass Mellaart ein Fälscher war, auf Ihre Stiftung Luwian Studies, die sich Untersuchung des 2. Jahrtausends v.Chr. in Westkleinasien verschrieben hat?
„Es wäre natürlich großartig gewesen, wenn es die keilschriftlichen Bronzetafeln aus Beyköy tatsächlich gegeben hätte. Nun fehlt uns nach wie vor eine Geschichte des bronzezeitlichen Kleinasiens. Unsicher ist, wie gesagt, die Authentizität der luwischen Hieroglypheninschrift. Das alles ändert allerdings nichts daran, dass ein großer Teil der Bevölkerung Anatoliens im 2. Jahrtausend v.Chr. Luwisch sprach – und dass diese Bevölkerungsgruppen in ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung wenig erforscht sind. Meine Erkenntnisse aus 28 Jahren Beschäftigung mit diesem Thema behalten ihre Berechtigung. Auch die acht Artikel aus der Feder des „Spiegel“-Redakteurs Matthias Schulz sind weiterhin lesenswert. Es wäre sehr schade, wenn Frank Thadeusz die ganze Arbeit mit einem einzigen Beitrag zunichte gemacht hätte. Offen gesagt, verstehe ich auch seine Motivation nicht.“
– Das vollständige Interview mit Dr. Eberhard Zangger zur Sache finden Sie HIER
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