Astrobiologen präsentieren Indizien für aktuelles Leben auf dem Mars

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Aufnahme eines künstlichen Bohrlochs, aufgenommen der linken PanCam des NASA-Mars-Rovers „Opportunity“ vom 88. Missionstag (Sol 88). Laut einem aktuellen Artikel stimmt eine Mehrheit hinzugezogener Pilz- und Flechtenexperten, sowie Geomorphologen und Mineralogen darin überein, dass es sich bei diesen 2-6 Millimeter großen, kugelförmigen Strukturen um Flechten handeln könnte. In den Strukturen wollen einige Wissenschaftler Fruchtkörper auf Stängeln und Stielen erkennen. Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et a

Aufnahme eines künstlichen Bohrlochs, aufgenommen der linken PanCam des NASA-Mars-Rovers „Opportunity“ vom 88. Missionstag (Sol 88). Laut einem aktuellen Artikel stimmt eine Mehrheit hinzugezogener Pilz- und Flechtenexperten, sowie Geomorphologen und Mineralogen darin überein, dass es sich bei diesen 2-6 Millimeter großen, kugelförmigen Strukturen um Flechten handeln könnte. In den Strukturen wollen einige Wissenschaftler Fruchtkörper auf Stängeln und Stielen erkennen. Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

San José (USA) – Ein Team internationaler Astrobiologen hat einen ausführlichen Fachartikel veröffentlicht, in dem sie anhand früherer Studien und Originalaufnahmen der NASA-Mars-Rover Indizien für aktuelles Leben in Form von Pilzen und Flechten auf dem Mars vorlegen. Doch die Ergebnisse sind noch immer nicht eindeutig, weswegen auch die Autoren selbst unterstreichen, dass die dargelegten und diskutierten Indizien und Hinweise noch kein endgültiger Beweis für Leben auf dem Mars darstellen. Einen ergebnisoffenen und zugleich kritischen Blick sind die dargelegten Beispiele potentieller Kleinorganismen auf dem Mars hingegen auf jeden Fall wert.

Wie das Team aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen um Dr. R. Gabriel Joseph von „Astrobiological Associates“ aktuell in einer expertenbegutachteten (Peer review) Monografie mit dem Titel „Evidence of Life on Mars?“ (Beweise für Leben auf dem Mars?) im „Journal of Astrobiology and Space Science Reviews“ erläutern, handelt es sich bei ihrer Arbeit um eine Auswertung von fast 200 früheren Fachartikeln und wissenschaftlichen Studien.

In ihrem Artikel präsentieren die Autoren – Dr. Regina S. Dass vom Molecular Fungal Genetics and Mycotoxicology Laboratory an der School of Life Sciences der indischen Pondicherry University, Dr. Vincenzo Rizzo und N. Cantasano vom italienischen Nationalen Wissenschaftsrat (CNR) und Dr. G. Bianciardi vom Lehrstuhl für medizinische Biotechnologie an der Universià degli Studi die Siena – Originalaufnahmen der NASA-Mars-Rover, die ihrer Ansicht nach Details und Strukturen auf der Marsoberfläche zeigen, die ihre Schlussfolgerungen, dass es auf dem Mars Leben in Form von Pilzen, Flechten zu geben scheint, stützen. Zudem beschreiben sie jahreszeitliche Veränderungen im Methangehalt der Marsatmosphäre, an Stromatolithen erinnernde Sedimente sowie Aufnahmen, die Pilze auf den Außenseiten der Mars-Rover „Opportunity“ und „Curiosity“ zeigen könnten.

Zugleich gestehen die Autoren aber auch ein, dass „Ähnlichkeit in der Morphologie einer Struktur (natürlich) noch kein Beweis für Leben“ sein kann.

„Die vorgelegten Beweise sind derart kontrovers, dass unser Journal den Artikel einer ausführlichen Expertenbegutachtung (peer review) durch sechs unabhängige Wissenschaftler und acht leitende Redakteure (Senior Editors) unterworfen hat“, berichtet das „Journal of Astrobiology and Space Science Reviews“ in einer Pressemitteilung zum Artikel. Demnach haben 3 dieser Begutachter den Artikel abgelehnt, 11 eine Veröffentlichung empfohlen – allerdings erst nach umfassenden Überarbeitungen.

Vergrößerung einer Opportunity-Aufnahme weiterer flechteartiger Strukturen auf dem Mars. Copyright/Quelle: Reproduced by permission: Courtesy of Dragisa Savic (l.) and Stephen und Sylvia Sharnoff (r.). / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Vergrößerung einer Opportunity-Aufnahme weiterer flechteartiger Strukturen auf dem Mars. Copyright/Quelle: Reproduced by permission: Courtesy of Dragisa Savic (l.) and Stephen und Sylvia Sharnoff (r.). / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Zum Vergleich: Irdische Flechten (Dibaeis baeomyces) von vergleichbarer Größe (2-6 mm)… Copyright/Quelle: Reproduced by permission: Courtesy of Dragisa Savic (l.) and Stephen und Sylvia Sharnoff (r.). / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Zum Vergleich: Irdische Flechten (Dibaeis baeomyces) von vergleichbarer Größe (2-6 mm)… Copyright/Quelle: Reproduced by permission: Courtesy of Dragisa Savic (l.) and Stephen und Sylvia Sharnoff (r.). / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

…und Hematit-Konkretionen verschiedener Größen (Kieselstein- bis Golfballgröße) aus einem US-Nationalpark in Utah. Copyright/Quelle: Reproduced with permission, courtesy of Fantasia Mining and Ashley Rouech / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

…und Hematit-Konkretionen verschiedener Größen (Kieselstein- bis Golfballgröße) aus einem US-Nationalpark in Utah. Copyright/Quelle: Reproduced with permission, courtesy of Fantasia Mining and Ashley Rouech / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Die eigene Position bezüglich des Artikels formuliert das Journal wie folgt: „Indizien sind noch keine Beweise für Leben auf dem Mars und abiogene Erklärungen für diese Indizien können derzeit noch nicht ausgeschlossen werden.“

In diesen Strukturen, aufgenommen am 257. Missionstag (Sol) durch den NASA-Mars-Rover „Opportunity“ wollen die Autoren eine Marsvariante irdischer Ständerpilze (Basidiomycota) erkennen, die sowohl bereits Sporen als auch Teile ihrer Außenhaut verloren haben. Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

In diesen Strukturen, aufgenommen am 257. Missionstag (Sol) durch den NASA-Mars-Rover „Opportunity“ wollen die Autoren eine Marsvariante irdischer Ständerpilze (Basidiomycota) erkennen, die sowohl bereits Sporen als auch Teile ihrer Außenhaut verloren haben. Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Die Autoren hingegen unterstreichen, dass „bislang keine geologischen oder andere abiogenen Kräfte auf der Erde bekannt sind, die Sedimentstrukturen derart zu hunderten erzeugen können, die pilzförmige Formen wie Fruchtkörper, Stiele und Stängel aufweisen und zudem Strukturen um sich herum aufweisen, die an irdische Sporen erinnern“, so Dr. Regina Dass.

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Tatsächlich habe die NASA selbst 15 Beispiele von innerhalb nur dreier Mars-Tage aus dem Boden wachsenden (pilzförmigen) Strukturen fotografiert, so die Mikrobiologin weiter.

Von besonderem Interesse ist der Vergleich dieser beiden Opportunity-Aufnahmen des gleichen Bodenausschnitts zunächst am Missionstag (Sol) 1145 (l.) und dann erneut drei Tage später (Sol 1148; r.): Zeigen diese Aufnahmen sozusagen vor der Kameralinse innerhalb von drei Tagen gewachsene Pilze oder Flechten? Die mit roten Kreisen und den Ziffern 1-6 markierten „Kugeln“ sind bereits auf der ersten Aufnahme (Sol 1145) zu sehen, scheinen aber bis zur zweiten Aufnahme (Sol 1148) selbst etwas ausgedehnt und leicht verändert. Hinzu sind auf der Aufnahme vom dritten Tag zuvor nicht sichtbare „Kugeln“ bzw. Teilstücke davon zu sehen, die nun aus dem Boden herausragen. Handelt es sich hierbei um aus dem Boden gewachsene biologische Strukturen oder hat hier nur der Wind zuvor noch verdeckte Kugelstrukturen freigeweht? Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Von besonderem Interesse ist der Vergleich dieser beiden Opportunity-Aufnahmen des gleichen Bodenausschnitts zunächst am Missionstag (Sol) 1145 (l.) und dann erneut drei Tage später (Sol 1148; r.): Zeigen diese Aufnahmen sozusagen vor der Kameralinse innerhalb von drei Tagen gewachsene Pilze oder Flechten? Die mit roten Kreisen und den Ziffern 1-6 markierten „Kugeln“ sind bereits auf der ersten Aufnahme (Sol 1145) zu sehen, scheinen aber bis zur zweiten Aufnahme (Sol 1148) selbst etwas ausgedehnt und leicht verändert. Hinzu sind auf der Aufnahme vom dritten Tag zuvor nicht sichtbare „Kugeln“ bzw. Teilstücke davon zu sehen, die nun aus dem Boden herausragen. Handelt es sich hierbei um aus dem Boden gewachsene biologische Strukturen oder hat hier nur der Wind zuvor noch verdeckte Kugelstrukturen freigeweht? Copyright/Quelle: NASA / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Doch handelt es sich bei diesen Strukturen tatsächlich um gewachsene Organismen?
„Ganz genau können wir das nicht sagen. Es wäre auch möglich, dass hier Steine im bedeckenden Sand vom Wind freigelegt wurden“, schränkt der Geobiologe Dr. Nicolo Cantasano und Mitautor der Studie ein. „Wind erklärt aber nicht die dunklen Massen schwarzer Pilze, die auf den NASA-Mars-Rovern zu wachsen scheinen und auch nicht die weißen Pilze bzw. Bio-Korrosion, die in abgeschirmten Elementen auf dem Curiosity-Rover zu sehen sind.“

Die linke Aufnahme zeigt das Rover-Detail am Missionstag (Sol) 2718. 95 Mars-Tage später (Sol 2813) zeigt das Foto des selben Elements eine Struktur, die die Autoren der aktuellen Studie als möglichen Bakterien- oder Pilzbewuchs deuten. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Die linke Aufnahme zeigt das Rover-Detail am Missionstag (Sol) 2718. 95 Mars-Tage später (Sol 2813) zeigt das Foto des selben Elements eine Struktur, die die Autoren der aktuellen Studie als möglichen Bakterien- oder Pilzbewuchs deuten. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Auch auf Teilen der derzeit noch auf dem Mars aktiven mobilen NASA-Laboreinheit „Curiosity“ sehen die Autoren Hinweise für Bakterien- oder Pilzwuchs nach spätestens 1038 Marstagen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Auch auf Teilen der derzeit noch auf dem Mars aktiven mobilen NASA-Laboreinheit „Curiosity“ sehen die Autoren Hinweise für Bakterien- oder Pilzwuchs nach spätestens 1038 Marstagen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Die noch am Mars-Tag (Sol) 51 der Mission des NASA-Marsrovers „Curiosity“ noch nicht, dann jedoch spätestens auf Aufnahmen vom 1089. Mars-Tag sichtbaren „Verschmutzungen“ auf Elementen der mobilen Laboreinheit (u.) deuten die Autoren als mögliche Spuren von Bio-Korrosion, nennen zugleich jedoch auch eine chemische Verunreinigung oder Sand und Salze als mögliche non-biologische Erklärungen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Die noch am Mars-Tag (Sol) 51 der Mission des NASA-Marsrovers „Curiosity“ noch nicht, dann jedoch spätestens auf Aufnahmen vom 1089. Mars-Tag sichtbaren „Verschmutzungen“ auf Elementen der mobilen Laboreinheit (u.) deuten die Autoren als mögliche Spuren von Bio-Korrosion, nennen zugleich jedoch auch eine chemische Verunreinigung oder Sand und Salze als mögliche non-biologische Erklärungen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Auch der Biologe Dr. Vincenzo Rizzo ist Mitautor der Studie und arbeitet ebenfalls unter der Schirmherrschaft des italienischen Nationalen Wissenschaftsrates (CNR). Er verweist auf die jahreszeitlichen Schwankungen im Methangehalt in der Marsatmosphäre als weiteren Beleg für aktives Leben auf dem Mars: „In unserem Artikel erläutern wir, dass 90 Prozent allen irdischen Methans biologischen Ursprungs ist und ebenfalls jahreszeitlich bedingte Schwankungen in der Erdatmosphäre direkt mit den Wachstums- und Lebenszyklen von Pflanzen korrelieren. Die zyklischen Schwankungen des Mars-Methans spiegeln ebenfalls aktive Biologie wieder, wie sie auch auf einigen der von uns diskutierten NASA-Fotos vom Mars zu sehen sein könnte.“

Im Gegensatz zu den Autoren des Artikels, sehen NASA-Wissenschaftler in den von ihnen als „Blueberries“ (Blaubeeren) bezeichneten Miniatur-Sphärulen im Marsboden keine Pilze, sondern kugelförmige, bläuliche Einschlüsse aus Hematit.

Hintergrund
Die merkwürdigen Sphärulen waren einer der ersten direkten Hinweise auf eine einst wärmere, feuchtere und damit potentiell lebensfreundliche Umgebung auf dem Roten Planeten – entstanden ähnliche Einschlüsse auf der Erde doch in einst wässrigen mineralreichen Umgebungen. Nachdem zunächst lediglich rein chemische Vorgänge für die Bildung dieser “Blaubeeren” verantwortlich gemacht wurden, zeigte eine Studie australischer Wissenschaftler im September 2012, dass zumindest bei der Entstehung der irdischen Gegenstücke Mikroben eine wichtige Rolle spielen. Die „Blaubeeren“ auf dem Mars könnten also ebenfalls zumindest auf einstiges mikrobisches Leben hindeuten, berichteten die Forscher.

Hierzu erklären die Autoren des Artikels folgendes: „Es ist nicht so, dass wir der NASA direkt wiedersprechen. Die NASA verfügt über einige der weltweit besten Wissenschaftler und Ingenieure. Dennoch ist auch Hematit ein Produkt biologischer Aktivität“, so Rizzo. „Ebenso wie Stromatolithen (biogene Sedimentgesteine) durch die Aktivität von Cyanobakterien zusammengebacken werden, helfen auch Pilze und Bakterien dabei, irdischen Hematit zu verkitten. Wir können also davon ausgehen, dass dieselben biologischen Prozesse auch bei der Entstehung des Hematit auf dem Mars beteiligt waren.“

Zudem nehme Hematit für gewöhnlich nicht die Form von Flechten an“, fügt Dr. Regina Dass hinzu. „Diese Mars-Strukturen haben pilzartige Formen mit Stielen, Stängeln und gleichmäßige Höhen und weisen Wachstumsmuster auf wie irdische Flechten.“ Mitautor Dr. Giorgio Bianciardi von der Universität Sienna fügt hinzu: „Dr. Rizzo, Dr. Cantasano und ich haben bereits zuvor ausführlich vergleichende statistische Mikroanalysen von Sediementstrukturen auf dem Mars veröffentlicht, die Stromatolithen – also von Cyanobakterien erzeugten Strukturen – gleichen und gezeigt, dass diese nahezu identisch mit ihren irdischen (und eindeutig biogenen) Gegenstücken sind. (…). Rizzo und Cantasano haben bereits 2009 ihre Indizien für Stromatholithen auf dem Mars im ‚International Journal of Astrobiology‘ publiziert, wie sie dann von Dr. J. D. Farmer von der Arizona State University und Dr. Nora Nofke von der Old Dominion University reproduziert und in den Fachjournalen ‚Nature Comunications‘ (…GreWi berichtete) und ‚Astrobiology‘ veröffentlicht und diskutiert wurden.“

Ein Vergleich der Mikroskopaufnahmen von Strukturen auf dem Mars, aufgenommen von „Curiosity“ an dessen 506. Missionstag auf dem Mars (Sol) mit den Details irdischer biogener Stromatolithen aus dem Lagia Slagada in Brasilien (u.) zeigen ebenso offenkundige wie erstaunliche Übereinstimmungen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40--81, 2019; Joseph et al.

Ein Vergleich der Mikroskopaufnahmen von Strukturen auf dem Mars, aufgenommen von „Curiosity“ an dessen 506. Missionstag auf dem Mars (Sol) mit den Details irdischer biogener Stromatolithen aus dem Lagia Slagada in Brasilien (u.) zeigen ebenso offenkundige wie erstaunliche Übereinstimmungen. Copyright/Quelle: NASA/JPL / Journal of Astrobiology and Space Science Reviews, 1, 40–81, 2019; Joseph et al.

Neben den aktuellen Aufnahmen der NASA-Rover sprechen laut den Autoren auch die Daten der Viking-Mission, deren Lander 1976 die Marsoberfläche untersucht hatten, dafür, dass schon damals biologische Aktivität gefunden wurde, so die Autoren. Allerdings habe die NASA diese Ergebnisse nicht anerkannt und in der Folge lange Zeit keine Nachfolgemissionen zum Mars gesandt.

„Es stimmt aber“, gesteht Dr. Regina Dass ein, „dass wir keinen schlagenden Beweis haben. Wir haben keine Fotos von biologischen Zellen oder Zellstrukturen auf dem Mars. Es gibt also weiterhin noch keinen eindeutigen Beweis – dafür aber eine ganze Reihe an Indizien, die laut ‚Biologie‘ schreien.“

„Der einzige Weg, es genau herauszufinden wäre der, gezielt Proben dieser Strukturen auf dem Mars zu nehmen, und sie zurück zur Erde zu senden“, so Bianciardi und fordert: „Genau das sollte die Priorität der NASA sein.“

Doch wie sollten die von den Autoren beschriebenen Organismen auf dem Mars überleben? Woher sollten sie Wasser beziehen und was ist mit der Strahlung? Auf diese Fragen erläutert Dr. Regina Dass, dass auch irdische Arten, darunter gerade auch Pilze, in stark strahlenbelasteten Umgebungen gedeihen. „Was das Wasser anbetrifft, so müssen wir den Mars als fremde Welt anerkennen und jegliche Form von Marsleben könnte auch seine eigenen und einzigartigen ‚fremden‘ Eigenschaften entwickelt haben, die es ihm erlauben zu überleben.“

Viele Wissenschaftler glauben, dass die frühe Erde die Fähigkeit besaß, aus anorganischen Molekülen organische Moleküle entstehen zu lassen – ein Prozess, der wissenschaftlich als „Abiogenese“ bezeichnet wird. Könnte also nicht auch auf dem Mars die hierfür notwendige organische „Ursuppe“ entstanden sein?

„Die wahrscheinlichste Quelle für Leben auf dem Mars ist unsere Erde“, erklärt Dr. R. Gabriel Joseph: „Mikroben und Pilze könnten wiederholt von der Erde zum Mars transportiert worden sein. Zahlreiche Experimente haben bereits gezeigt, dass Mikroben im Innern von Gestein in Form von Meteoriten eine solche Reise überstehen würden und Mikroorganismen in der oberen Atmosphäre vom Sonnenwind sogar ins All geweht werden könnten. Zudem haben unzählige Mikroben schon die besten und kostenaufwendigsten Bemühungen der NASA um Sterilisation von Mars-Raumschiffen überstanden. Jede irdische Sonde, die auf dem Mars gelandet ist, könnte also auch Mikroben und Pilze mit zum Mars transportiert haben. Zugleich haben bereits viele Experimente gezeigt, dass viele dieser Arten, darunter Pilze und Flechten intensiven Strahlungsumgebungen wiederstehen und auch in simulierten Marsumgebungen gedeihen können. Aus diesem Grund darf auch angenommen werden, dass auf den Mars gelangte irdische Arten auch hier überleben könnten.“ (Anm. GreWi: Tatsächlich hat gerade eine aktuelle Langzeitstudie an Bord der Internationalen Raumstation genau diese Vermutung bestätigt GreWi berichtete.)

Sind die von den Autoren beschriebenen Szenarien aber auch plausibel?
In einem Kommentar an die Herausgeber des „Journal of Astrobiology and Space Science Reviews“ zeigt sich zumindest der an der Studie selbst nicht beteiligte Biologe Prof. Dr. Marten Wikström von der Universität Helsinki angesichts des Artikels fasziniert und bezeichnet die Beobachtungen zunächst als „sehr interessant und Leben auf den frühen oder sogar heutigen Mars nahelegend“, schränkt dann aber ein: „Besonders wichtig – wenn auch zugleich enttäuschend – ist für mich jedoch die gut begründete Idee, wonach dieses Leben sehr leicht auch von der Erde stammen könnte. Wenn das so wäre, so wäre zumindest dieses Marsleben nicht wirklich von weiterführendem Interesse. Bislang fehlt noch die jene Schlüsselinformation, die nur eine DNA-Analyse von Marsproben erbringen könnte.“

Abschließend erklären das herausgebende Journal und die Autoren erneut, dass Ähnlichkeiten in der Morphologie noch keine Beweise seien: „Viele Aspekte der hier dargelegten Beobachtungen können als Indizien bezeichnet werden, die vielleicht noch nicht dem Anspruch an ‚außergewöhnliche Beweise“ gerecht werden, wie sie oft für ‚außergewöhnliche Behauptungen‘ eingefordert werden. Dennoch tendieren die einzelnen, hier vorgelegten Indizien zusammengenommen doch deutlich in Richtung Biologie. Aber wir können derzeit auf dieser Grundlage bestenfalls schlussfolgern, dass die Frage nach Leben auf dem Mars weiterhin unbeantwortet bleibt.“

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