Kompositaufnahme der Venus auf der Grundlage der Daten der japanischen Sonde Akatsuki.
Copyright: Institute of Space and Astronautical Science/Japan Aerospace Exploration Agency
Madison (USA) – Während sich die Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem bislang hauptsächlich auf die festen oder flüssigen Oberflächen von Planeten und Monden beschränkte, spekulieren Astrobiologen zusehends über Leben in den oberen Schichten der Venusatmosphäre. Ein erstes Anzeichen dafür wollen US-Forscher schon gefunden haben.
Wie das Team um den Atmosphärenwissenschaftler Sanjay Limaye vom Space Science and Engineering an der University of Wisconsin–Madison aktuell im Fachjournal „Astrobiology“ (DOI: 10.1089/ast.2017.1783) berichtet, zeigen Klimamodelle, dass es bis zu zwei Milliarden Jahre lang flüssiges Wasser auf der Venusoberfläche gegeben haben könnte – sehr viel länger also als einst auf dem Mars.
Von der Erde selbst wissen wir, das Mikroorganismen – hauptsächlich Bakterien – bis in Höhen von rund 40 Kilometern in die Atmosphäre getragen werden können und von immer mehr dieser Mikroorganismen ist bekannt, dass die selbst unter extremen Bedingungen gedeihen können.
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„Auf der Erde gedeiht das Leben selbst unter den widrigsten Bedingungen: Es kann sich beispielsweise von Kohlendioxid ernähren und dabei Schwefelsäuren produzieren“, kommentiert Prof. Rakesh Mogul von der California State Polytechnic University und Mitautor der Studie. „Die stark reflektierende und säurehaltige Atmosphäre der Venus besteht hauptsächlich auch Kohlendioxid und schwefelsäurehaltigen Wassertropfen.
Tatsächlich ist die Idee von einer lebensfreundlichen Venusatmosphäre nicht ganz neu und wurde schon 1967 von dem Biophysiker Harold Morowitz und dem Astronom Carl Sagan formuliert und später von den Planetenwissenschaftlern David Grinspoon, Mark Bullock und fortgedacht.
Hintergrund: Leben auf der Venus
Schon 2012 berichtete der russische Leonid V. Ksanfomaliti über Lebensformen, die er auf Aufnahmen der sowjetischen Venus-Sonde “Venera-13” (siehe Abb. l.) entdeckt haben will (…GreWi berichtete) – und sorgte damit erwartungsgemäß international für hitzige Diskussionen (…GreWi berichtete).
Tatsächlich zeigten Venussonden in den 1960er und -70er Jahren, dass die Temperatur- und Druckverhältnisse in den mittleren Schichten der Venusatmosphäre auf Höhen zwischen 40 und 60 Kilometern zumindest mikrobisches Leben, wie wir es selbst von der Erde kennen, nicht grundsätzlich ausschließen.
Angeregt durch die Beobachtung des polnischen Wissenschaftlers Grzegorz Slowik von der Universität Zielona Góra, der selbst ebenfalls Mitautor der aktuellen Studie ist, untersuchte das Team um Limaye die Eigenschaften von lichtabsorbierenden irdischen Bakterien. Diese gleichen tatsächlich bislang unidentifizierten Partikeln, die sich in der wolkendichten Venusatmosphäre als dunkle Flecken und Streifen abzeichnen.
Auch auf dieser Ansicht der Venus im ultravioletten Licht, aufgenommen von der europäischen Sonde “Venus Exress”, sind die bislang unerklärten dunklen Streifen in der Venus-Atmosphäre deutlich zu erkennen.
Copyright: ESA/MPS/DLR/IDA
Spektroskopische Analysen dieser Regionen, besonders im ultravioletten Spektrum, haben gezeigt, dass diese dunklen Flecken aus konzentrierter Schwefelsäure und anderen, bislang noch nicht weiter identifizierten lichtabsorbierenden Teilchen bestehen. Diese Flächen zeigen sich in periodischen Abständen und dauern mehrere Tage an, während derer sie sowohl Form als auch ihre Kontraststärke verändern. Die diese Flecken bildenden Partikel haben zudem in etwa die gleiche Größe wie einige irdische Bakterien. Allerdings gab es bislang noch keine Instrumente an Bord von Venus-Sonden, die zwischen einer potentiell organischen oder anorganischen Zusammensetzung dieser Partikel unterscheiden konnten.
Die Autoren der aktuellen Studie spekulieren nun, ob es sich bei diesen dunklen Regionen nicht sogar um ein venusatmosphärisches Gegenstück zur Algenblüte in irdischen Seen und Meeren handeln könnte.
Designkonzept der innerhalb der Wolken der Venusatmosphäre manövrierbaren Forschungsplattform VAMP (Illu.).
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Letztliche Klarheit könne jedoch nur eine Mission zur Venus bringen, innerhalb derer die Venusatmosphäre und gezielt die dunklen Regionen beprobt und analysiert werden sollen. Deshalb hoffen die Wissenschaftler, dass das Konzept der russischen Mission „Venera-D“, an der sich vielleicht auch die NASA beteiligen will, und deren Start für Mitte bis Ende der 2020er Jahre angedacht ist, auch tatsächlich umgesetzt werden wird.
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