Paris (Frankreich) – In den Daten der europäischen Gaia-Mission (BH3) haben Astronominnen und Astronomen haben das bislang massereichste stellare Schwarze Loch in unserer Heimatgalaxie der Milchstraßengalaxie identifiziert.
Wie das Team um Pasquale Panuzzo vom Observatoire de Paris des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) aktuell im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/202449763) berichtet, wurde das stellare Schwarze Loch „Gaia BH3“ entdeckt, weil es den Begleitstern, der es umkreist, in eine ungewöhnliche Taumelbewegung versetzt. Um die genaue Masse des schwarzen Lochs zu bestimmen, wurden Daten des „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) und anderer erdgestützter Observatorien herangezogen, durch die die Masse des Schwarzen Lochs auf das 33-fache der Sonne beziffert werden konnte.
Hintergrund
Stellare Schwarze Löcher entstehen durch den Kollaps massereicher Sterne. Die bisher in der Milchstraße nachgewiesenen schwarzen Löcher haben im Durchschnitt etwa die zehnfache Masse der Sonne. Selbst das nächstmassereiche stellare schwarze Loch in unserer Galaxie, Cygnus X-1, erreicht „nur“ 21 Sonnenmassen, was diese neue Beobachtung mit 33 Sonnenmassen außergewöhnlich macht. Zuvor wurden ähnlich massereiche Schwarze Löcher außerhalb unserer Galaxie entdeckt. Derzeit vermuten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, dass solche Objekte aus dem Kollaps von Sternen entstehen, die in ihrer chemischen Zusammensetzung nur wenige Elemente enthalten, die schwerer sind als Wasserstoff und Helium. Es wird angenommen, dass diese so genannten metallarmen Sterne im Laufe ihres Lebens weniger Masse verlieren und daher mehr Material übrigbleibt, aus dem nach ihrem Tod massereiche schwarze Löcher entstehen. Bisher gab es jedoch keine direkten Beweise für den Zusammenhang zwischen metallarmen Sternen und massereichen Schwarzen Löchern. (Quelle: ESO)
Neben seiner enormen Masse ist das neuentdeckte Schwarze Loch nur unweit vom Sonnensystem entfernt. Es befindet sich in einer Entfernung von nur 2000 Lichtjahren im Sternbild Aquila und ist damit das der Erde am zweitnächst gelegene.
Da Sterne in Paaren dazu neigen, eine ähnliche Zusammensetzung zu haben, können aus den BH3-Beobachtungen auch wichtige Hinweise auf den Stern abgeleitet werden, der kollabierte, um dieses außergewöhnliche Schwarze Loch zu bilden. Die UVES-Daten zeigten, dass der Begleiter ein sehr metallarmer Stern war, was darauf hindeutet, dass der Stern, der zur Bildung von BH3 kollabierte, ebenfalls metallarm war – genau wie vorhergesagt.
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„In Anbetracht der Einzigartigkeit der Entdeckung haben wir den außergewöhnlichen Schritt unternommen, diese auf vorläufigen Daten basierende Arbeit vor der bevorstehenden Ausgabe der Gaia-Daten zu veröffentlichen“, erklärt Mitautorin Elisabetta Caffau, ebenfalls Mitglied der Gaia-Kollaboration am CNRS Observatoire de Paris. Die frühzeitige Bereitstellung der Daten ermöglicht es nun anderen Astronominnen und Astronomen, dieses schwarze Loch bereits jetzt zu untersuchen, ohne auf die Veröffentlichung der vollständigen Daten zu warten, die frühestens Ende 2025 erfolgen soll.
„Zukünftige Beobachtungen dieses Systems könnten mehr über seine Geschichte und über das Schwarze Loch selbst verraten“, erläutert die Pressemitteilung das europäischen Südsternwarte (ESO). „Das GRAVITY-Instrument am VLT-Interferometer der ESO könnte Astronominnen und Astronomen zum Beispiel dabei helfen, herauszufinden, ob dieses schwarze Loch Materie aus seiner Umgebung anzieht, und dieses spannende Objekt besser zu verstehen.“
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Recherchequelle: ESO
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