Im Rahmen mehrerer unterschiedlicher Projekte haben Astronomen in den vergangenen Tagen Hunderttausende bislang unbekannter astronomischer Objekte und Phänomene entdeckt und beschrieben. GreWi gibt einen Überblick.
Erst vergangene Woche hatten Astronomen vom Institut für Astrophysik der Universität Wien anhand der jüngsten Daten des europäischen Weltraumteleskops „Gaia“ in unmittelbarer Nachbarschaft zur Sonne einen Sternenstrom aus mindestens 4.000 Sternen entdeckt, die sich seit ihrer Entstehung vor etwa einer Milliarde Jahre geschlossen auf der gleichen Bahn durch die Milchstraße bewegen. „Durch seine besondere Lage, die Sterne sind in etwa nur 300 Lichtjahre von der Erde entfernt, bietet der neu entdeckte Strom einzigartige Möglichkeiten zur Untersuchung der Lebenszyklen von Sternhaufen, dem Gravitationsfeld der Milchstraße und der Evolution von Planetensystemen“, berichten die Wiener Astronomen aktuell im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/201834950).
Zwar waren die einzelnen Sterne in der neu entdeckten Gruppe schon seit langem bekannt, jedoch verteilen sich diese über fast den gesamten Nachthimmel, weshalb erst jetzt und mit den Gaia-Daten (DR2; …GreWi berichtete) deren Zusammengehörigkeit erkannt werden konnte.
Durch die Entdeckung des Sternenstroms erhoffen sich die Astronomen neue Erkenntnisse über die Masseverteilung und das Gravitationsfeld der Milchstraße, sowie Einsicht in die Sternverteilung von Galaxien und hoffen, mit Gaia weitere derartige Systeme zu finden.
– Die Presseinfo der Universität Wien finden Sie HIER
Zuvor berichtete ein internationales Astronomen-Team in 26 Artikeln in einer Sonderausgabe des Fachjournals „Astronomy & Astrophysics“ über die die ersten Karten und Forschungsergebnisse auf der Grundlage der Himmelsdurchmusterung mit dem Radioteleskopen-Netzwerks „Low Frequency Array“ (LOFAR).
Hintergrund
LOFAR (Low Frequency Array) ist ein riesiges europäisches Netzwerk von Radioteleskopen, die über ein Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz miteinander verbunden sind und deren empfangene Signale zu einem einzigen Signal kombiniert werden. Leistungsstarke Supercomputer verwandeln 11.000 Einzelantennen in eine virtuelle Empfangsschüssel mit einem Durchmesser von 2.000 Kilometern. LOFAR arbeitet in den bisher weitgehend unerforschten Frequenzbereichen zwischen etwa 10 bis 80 Megahertz (MHz) und 110 bis 240 MHz. Es wird von der Forschungseinrichtung ASTRON in den Niederlanden gesteuert und gilt als das weltweit führende Teleskop seiner Art.
(Quelle: Thüringer Landessternwarte Tautenburg)
Die Karte enthüllt Hunderttausende unbekannter Galaxien und wirft zugleich ein neues Licht auf Forschungsgebiete wie Schwarze Löcher, interstellare Magnetfelder und Galaxienhaufen.
Neben den neuentdeckten Galaxien konnten die Astronomen mit LOFAR zeigen, dass diese Materie-Jets aus dem Innern Schwärzer Löcher in jeder riesigen Galaxie vorhanden sind und dass Schwarze Löcher ständig wachsen. Mit der Radiostrahlung, die mit dem LOFAR-Netzwerk empfangen werden, können zudem kosmische Magnetfelder gemessen werden. Auf diese Weise haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Magnetfelder in sog. Halos, also den Hüllen von Galaxien vermessen. Dabei konnten sie jetzt zeigen, dass sich auch zwischen Galaxien enorme magnetische Strukturen befinden und damit theoretische Vermutungen darüber bestätigen, laut denen der gesamte Raum zwischen den Galaxien magnetisch sein könnte.
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Insgesamt planen die Astronomen mit LOFAR die gesamte nördliche Himmelskugel zu kartieren und erwarten dabei letztendlich rund 15 Millionen Radioquellen zu finden.
– Eine die ersten LOFAR-Daten zusammenfassende Presseerklärung der beteiligten Thüringer Landessternwarte Tautenburg finden Sie HIER
Ebenfalls tausende neuer Objekte und Phänomene haben Astronomen mit Hilfe der „Zwicky Transient Facility“ (ZTF) am Palomar Observatory in den USA identifiziert. Darunter unter anderem mehr als 1.100 „neue“ Supernovae (Sternenexplosionen) und 50 bislang unbekannte erdnahe Asteroiden.
Im Rahmen der Zwicky-Himmelsbeobachtung suchen dortige Astronomen fortwährend nach neuen Himmelsobjekten und Veränderungen bereits bekannter Objekte und Phänomene.
Wie die Astronomen um Eric Bellm von der University of Washington aktuell in 6 Artikeln im Fachjournal „Publications of the Astronomical Society of the Pacific“ berichten, vergleicht das Projekt neue Aufnahmen von über einer Milliarden Sterne am gesamten nördlichen Nachthimmel mit den Daten älterer Beobachtungen, um so Veränderungen zu erkennen.
– Die Artikel zu den neusten ZTF-Entdeckungen finden Sie HIER
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