Astronomen hoffen auf intelligente Botschaften in den Signalen astrophysikalischer Phänomene
Kyoto (Japan) – Die Entdeckung einer Kilonova in Folge des Verschmelzens zweier Neutronensterne und die darauffolgende erstmalige Beobachtung des Lichts einer von diesem Ereignis verursachten Gravitationswelle sorgte vor einem Jahr für eine Wissenschaftssensation (…GreWi berichtete). Astronomen spekulieren nun darüber, ob ferne Zivilisationen derartige Ereignisse dazu nutzen könnten, um auf ihre eigene Existenz aufmerksam zu machen und fordern die Suche nach SETI-Signalen in den Beobachtungsdaten zu entsprechenden astrophysikalischen Phänomenen.
Wie Yuki Nishino und Naoki Seto von der Kyoto University aktuell im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“ (DOI: 10.3847/2041-8213/aad33d) berichten, haben sie sich die Frage gestellt, ob ferne, hochentwickelte Zivilisationen, die gewaltige und deshalb über große Distanzen im Weltall detektierbare Ereignisse – wie das Verschmelzen zweier Neutronensterne – dazu nutzen könnten, um die Aufmerksamkeit anderer gegenüber diesen astrophysikalischen Ereignissen auch auf die eigene Existenz zu lenken.
„Gerade die Möglichkeit, dass die Verschmelzung zweier Neutronensterne schon sehr lange vorab sehr genau vorhergesagt werden kann, könnte es einer fernen Zivilisation ermöglichen, dieses Ereignis zu nutzen um sozusagen huckepack intelligente Signale auszusenden“, erläutern die Wissenschaftler und führen dazu weiter aus: „Da auch wir schon heute entsprechende vorhersagen machen könnten und solche Objekte deshalb zusehends unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, lange bevor die eigentliche Verschmelzung stattfindet, könnte diese Vorabaufmerksamkeit ausgenutzt werden, um uns auf diesem Weg Signale Botschaften zu senden.“
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Vor dem Hintergrund das potentielle Zivilisationen möglicherweise extrem weit von uns entfernt liegen, haben Seto und Nishino errechnet, dass eine von uns 130 Millionen Lichtjahre entfernte Zivilisation eine Anlage wie jene der derzeit sich im Bau befindlichen „Square Kilometre Array“ (SKA, s. „Hintergrund“) mit einer Energieleistung von rund einem Terrawatt betreiben müsste, um uns eine entsprechenden Botschaft zu senden, berichtet „Space.com“. Zum Vergleich: Der gesamte irdische Energieverbrauch pro Jahr lag 2015 bei rund 17,4 Terrawatt.
Hintergrund
In der internationalen Wissenschaftlergemeinde gilt die „Square Kilometre Array“ (SKA) als eines der nächsten großen Wissenschaftsprojekte und wird schon heute in einer Reihe mit dem LHC-Teilchenbeschleuniger am Kernforschungszentrum CERN und der Internationalen Raumstation ISS gewertet. Bis heute haben 20 Mitgliedsstaaten mehr als 120 Millionen Euro und die Arbeit von über 500 Wissenschaftlern und Ingenieuren in die Entwicklung der SKA investiert.Einmal fertig gestellt wird das SKA das größte und bei weitem empfindlichste Radioteleskop der Welt sein. Die komplette Sammelfläche von ungefähr einem Quadratkilometer ermöglicht eine 50mal höhere Empfindlichkeit und eine 10000mal höhere Messgeschwindigkeit für Himmelskarten im Vergleich zu den besten heutigen Radioteleskopen. Tausende einzelner Empfänger erstrecken sich über einen Abstand von bis zu 3000 Kilometern von den Zentralstationen. Mit dem SKA wollen Wissenschaftler fundamentale bisher unbeantwortete Fragen über das Universum angehen, wie zum Beispiel die Entstehung und Entwicklung der ersten Sterne und Galaxien nach dem Urknall, wie Dunkle Energie die Expansion des Universums beschleunigt, die Rolle von Magnetfeldern im Kosmos, das Wesen der Gravitation als fundamentaler Wechselwirkung.
Neben seinen astrophysikalischen Schwerpunkten wollen sich die SKA-Astronomen aber auch auf die Suche nach außerirdischem Leben im All und Signalen außerirdischer Intelligenz begeben. „Mit SKA wollen wir nach organischen Molekülen im Weltraum suchen – nach den Molekülen des Lebens. Natürlich wollen wir aber auch nach außerirdischer Intelligenz suchen. Angesichts aller derzeit neuentdeckten Planeten hoffen wir mit SKA in der Lage zu sein, zu untersuchen, ob es dort auch Zivilisationen gibt und diese vielleicht auch Signale senden“, so der SKA-Projektdirektor Dr. Bernie Fanaroff auf dem „New Age Business Briefing“ in Südafrika im März 2013 (…GreWi berichtete).
Unter Protest der Wissenschaftsgemeinde erklärte das einstige SKA-Gründungsmitglied Deutschland im August 2014 seinen Ausstieg aus dem Projekt. Begründet wurde der Schritt mit Einspaarmaßnahmen künftiger Bundeshaushalte (…GreWi berichtete).
Grundlage aller Überlegungen in dieser Richtung sei natürlich, dass uns derart weit entfernte Zivilisationen überhaupt erreiche bzw. kontaktieren wollen. Für Nishino liegt ein entsprechendes „grundlegendes Mitteilungsbedürfnis“ allerdings jeder fortgeschrittenen Zivilisation inne. Gegenüber Space.com führt der Wissenschaftler weiter aus, dass eine enorme Entfernung zwischen zwei Zivilisationen auch von Vorteil sein könne, wenn auf diese Weise etwa das Risiko minimiert oder gar ausgeschlossen wird, dass die eine Zivilisation zu einer Gefahr für die andere wird, die gewaltigen Entfernungen einen absehbaren direkten Kontakt verhindern.
Der Vorteil der Suche nach derartigen Huckepack-Signalen liegt für die beiden Autoren des Fachartikels zudem in dem Umstand, dass wir diese Phänomene ja schließlich sowieso beobachten und die Daten dazu zusammentragen. In diesen und zukünftigen Daten könne und solle nun auch nach potentiellen SETI-Signalen gesucht werden, fordern die Forscher abschließend.
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