Astronomen und UFOs: Teil 5 – Ethische Überlegungen zur Suche nach außerirdischen Sonden und UAP

Symbolbild: Palomar Observatory Copyright: Gerard T. van Belle, Gemeinfrei
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Symbolbild: Palomar ObservatoryCopyright: Gerard T. van Belle, Gemeinfrei

Symbolbild: Palomar Observatory
Copyright: Gerard T. van Belle, Gemeinfrei

Ein immer wieder von Skeptikern des UFO-Phänomens vorgebrachtes Argument gegen die Realität von unidentifizierten Flugobjekten (UFOs) und anomalen Phänomenen (UAP) in unserem Luft- und Weltraum ist die Behauptung, dass gerade Astronomen – deren Aufgabe es schließlich ist, den Himmel und die Sterne zu beobachten, – keine UFOs sehen würden oder sich nur selten für UFOs und UAP interessieren. In dieser kleinen Reihe widerlegt Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) diese redundante Falschbehauptung anhand von Fallbeispielen und lässt bekannte Astronomen als UFO-Zeugen selbst zu Wort kommen. Im fünften Teil der GreWi-Reihe kommt die Astronomin Beatriz Villarroel mit einem Gastbeitrag und ihren „Ethischen Überlegungen zur Suche nach außerirdischen Sonden und UAP“ zu Wort, in dem Sie beschreibt, warum wir UFOs/UAP und außerirdische Sonden im Sonnensystem suchen und für ein solches Szenario offen sein sollten.

– Bei dem folgenden Text handelt es sich um eine von der Autorin ausdrücklich genehmigte deutschsprachige Übersetzung eines Originalartikels von Beatriz Villarroel durch grenzwissenschaft-aktuell.de (GreWi), der am 27.12.2022 auf der Webseite des VASCO Networks unter dem Titel Ethical considerations on research on ET probes“ erschien. Die darin formulierten Meinungen und Ansichten sind die der Autorin.

Ethische Überlegungen zur Suche nach außerirdischen Sonden und UAP

von Beatriz Villarroel

Als Astronomin, die an der Suche nach außerirdischen (ET) Sonden interessiert ist, sehe ich in den Augen der Öffentlichkeit einen schmalen Grat zwischen der Suche nach außerirdischen Artefakten und der Suche nach unidentifizierten Phänomenen im Luftraum (UAP bzw. UFOs). Mir wurde oft die Frage gestellt, ob es wichtig ist, UAPs zu verstehen, und ich habe stets mit „Ja“ geantwortet.

Die Suche nach UAPs ist keine leichte Aufgabe: Bei der Suche nach Objekten in der Erdatmosphäre gibt es eine Fülle von natürlichen und künstlichen Objekten, die sorgfältig identifiziert werden müssen, bevor man sagen kann, dass ein Objekt etwas „Unidentifiziertes“ ist. Zu diesen konventionellen Objekten im Luftraum gehören sowohl Zivilflugzeuge, Helikopter, Drohnen etc. aber auch viele militärische Objekte. Auch wenn man dann eines dieser seltsamen, ultraschnellen Objekte findet, muss man sich die Frage stellen: „Habe ich ein außerirdisches Raumschiff gefunden oder habe ich gerade ein geheimes Militärfahrzeug entdeckt?“ Einige Geräte, die zur Suche nach UAPs in einer Region der Erdatmosphäre eingerichtet wurden, werden also zweifellos auch über das fliegende Inventar von Armeen in dieser Region informieren, was in unseren Zeiten geopolitischer Instabilität und schrecklicher Kriege natürlich ein heikles Thema ist. Die Dokumentation von (künstlichen) Objekten, die schnell durch die Atmosphäre fliegen, ist ein Risiko für die nationale Sicherheit. Um die Sache noch komplizierter zu machen, werden UAPs offenbar in der Nähe von sensiblen Standorten wie Atomkraftwerken, -Forschungsanlagen oder Militärgeländen gemeldet. Ob es ethische Fragen gibt oder nicht, hängt also vom untersuchten Parameterraum und der Konzeption des Projekts ab. Gleichzeitig entstehen immer mehr neue UAP-Forschungsgruppen.

Ich bin der Meinung, dass wir als Astronomen verpflichtet sind, unsere Wissenschaft so zu betreiben, dass wir (im Prinzip) über alle Ländergrenzen hinweg frei zusammenarbeiten können, ohne irgendwo von einer nationalen Sicherheitsbedrohung auszugehen. Unsere Mission ist es, astronomische Phänomene oder Objekte zu untersuchen, die nicht von Menschenhand geschaffen wurden. Als Astronomen sind wir mit Wissen über Himmelsobjekte ausgerüstet, aber wir sind nicht mit dem Wissen ausgestattet, wie man einen geheim Ultraschall-Kampfjet von einem hypothetischen außerirdischen Fahrzeug unterscheidet. Die Leute mit dieser Art von Fachwissen sind normalerweise nicht in der Wissenschaft zu finden (und Sie möchten sich auch nicht zu erkennen geben). Mehr Wissen über UAPs als dies von Astronomen beigesteuert werden kann, könnte entstehen, wenn verschiedene Regierungen ihre Daten über potenzielle UAPs freigeben und veröffentlichen.

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Wie geht es also weiter für Astronomen und Astronominnen, die der Hypothese „UAPs könnten Außerirdische sein“ eine faire Chance geben und sodann in unserem kosmischen Hinterhof nach außerirdischen Sonden suchen möchten? Eine Lösung für dieses Problem besteht darin, sich auf die Suche nach außerirdischen Sonden außerhalb der Erdatmosphäre zu konzentrieren. Außerhalb der Atmosphäre haben wir (neben astronomischen-astrophysikalischen Phänomenen) normalerweise nur Satelliten und Weltraumschrott. Aber diese tragen nur selten eine Flagge (selbst, wenn sie Besitzer haben), und alles, was hier zählt, ist, die von Menschen gemachten Objekte von potenziellen Objekten außerirdischer Herkunft zu unterscheiden.

Eine effiziente Lösung, die das VASCO-Projekt vorstellt, ist die Suche nach ET-Sonden mit fotografischem Plattenmaterial aus den frühen 1950er-Jahren, als es noch keine künstlichen Objekte im Weltraum gab (…GreWi berichtete 1, 2). Hierzu wurden bereits einige interessante Beobachtungen gemacht, die weiter untersucht werden müssen (ein Fachartikel dazu durchläuft derzeit das Begutachtungsverfahren, Peer review). Das VASCO-Projekt wird sich auch anderen Methoden zur Suche nach außerirdischen Sonden im Sonnensystem widmen, wobei Objekte in der Erdatmosphäre aktiv vermieden werden.

Ich bin genauso neugierig auf die wahre Natur von UAPs wie gestern oder vor einem Jahr. Aber, während die UAP-Aufregung in einer Welt zunimmt, die ungefähr 6.000 Atombomben enthält, die Hunderte Male alles Leben auf unserem Planeten auslöschen können, wächst die Verantwortung des einzelnen Akademikers stetig.

Bekennen wir uns also zu einer verantwortungsvollen SETI-Forschung.

Beatriz Villarroel arbeitet am Nordic Institute for Theoretical Physics (NORDITA) und ist die Leiterin des Projekts Vanishing & Appearing Sources during a Century of Observations” (VASCO), das unter anderem auf astronomischen Aufnahmen vor Sputnik nach Lichtpunkten sucht, die auf späteren Aufnahmen nicht mehr vorhanden sind.

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© Beatriz Villarroel, grenzwissenschaft-aktuell.de (Übers.)