Astronomin stellt klar: 20-Minuten-Intervall-Signale entstammen keiner intelligenten Quelle
Saarbrücken (Deutschland) – Seit einigen Tagen geistert ein Artikel der „Jerusalem Post“ durchs Web, laut der eine australische Astronomin eindeutig intelligente Signale empfangen haben soll. Tatsächlich ist die Entdeckung jedoch weder neu, noch ihre Aussage richtig. Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) hat die Astronomin kontaktiert.
Unter dem schon in sich selbst falschen Titel „Is ET phoning home? Astronomers detect unprecedented space signals“ (Ruft ET zuhause an? Astronomen entdecken bislang noch nie da gewesene Weltraum-Signal) verwertete die “Jerusalem Post” am 25 Juni 2023 eine Meldung des britischen „The Mirror“, die offenbar selbst bereits vom 11. Februar 2023 und deren Inhalt auf eine Presseinformation der beteiligten Astronomin und des beteiligten Instituts (ICRAR) zurückgeht.
Was stimmt…
Ende Januar 2022 berichtete das Team um Dr. Natasha Hurley-Walker und Tyrone O’Doherty vom International Centre for Radio Astronomy Research (ICRAR) an der Curtin University aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-021-04272-x) von ihrer Suche nach sogenannten Radio Transienten, flüchtigen Radioquellen im All, für die es eine Vielzahl astrophysikalischer Quellen gibt, beispielsweise unglaublich schnell rotierende Pulsare, deren Radiopulse allerdings im Millisekundentakt funken oder auch Sternenexplosionen (sog. Supernovae), die für einige Tage oder Wochen aufflammen, um dann wieder zu erlöschen.
Was die Astronomin und ihr Team tatsächlich mit der Murchison Widefield Array in Western Australia entdeckt hatten, war eine Radioquelle, die sich in etwa alle 20 Minuten (einige Quellen sprechen von 18 Minuten) an- und ausschaltet. Die Quelle selbst ist rund 4.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und vermutlich selbst kleiner als unsere Sonne.
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Die unbekannte Radioquelle befindet sich unweit eines supermassereichen Schwarzen Lochs, das selbst gewaltige Radiowellen-Strahlen ins All schießt, aber deutlich weiter entfernt ist als der mysteriöse sog. Transient. Dennoch ist diese im Radiobereich fast so hell, wie das gewaltige Schwarze Loch. Es handelt sich somit um eine der hellsten bekannten Radioquellen überhaupt.
Zwar waren zum Entdeckungszeitpunkt keine astrophysikalischen Objekte oder Phänomene bekannt, die das Verhalten der Radioquelle erklären könnten, dennoch stimme das Verhalten mit Vorhersagen für die Existenz von Objekten überein, die bislang jedoch noch nie beobachtet wurden: „Es könnte sich um das erste entdeckte Exemplar eines Magnetars mit einer extrem langsamen Rotationsperiode, um einen ‚ultra-long period magnetar‘, handeln – also um einen sich sehr langsam drehenden Neutronenstern“, erläuterte die Astronomin. „Es könnte aber auch um einen kollabierten Stern sein, der zu einem Weißen Zwerg geworden ist, aber das halten wir selbst für eher unwahrscheinlich. Was auch immer es ist, seine Physik ist sicherlich extrem und natürlich könnte es auch etwas ganz anderes sein, etwas, an das wir bislang noch nicht gedacht haben.“ (…GreWi berichtete).
Neue und falsche Behauptungen von Mirror und JPost…
Zusammengefasst behaupten die „Jerusalem Post“, „The Mirror“ u. a. in ihren jüngsten Artikeln nun, dass „Wissenschaftler aus Australien derzeit damit beschäftigt [sind], die verwirrenden Botschaften und Signale aus den Weiten des Weltalls zu entschlüsseln und zu analysieren. Sie glauben fest daran, dass diese Übertragungen ein Versuch außerirdischer Lebensformen auf fernen Planeten sein könnten, mit unserer Spezies zu kommunizieren.“
Erwartungsgemäß sorgt nicht zuletzt der Beitrag der „Jerusalem Post“ aktuell für Aufsehen im Web bis hin zu den Unterstellungen einer wissenschafts-journalistischen Verschwörung, weil „kaum jemand aktuell über die sensationellen Schlussfolgerungen berichte“. „Vermutlich um die Sache möglichst schnell wieder in Vergessenheit geraten zu lassen“. Die Mühe, bei der zitierten Astronomin einfach einmal nachzufragen, haben die Autoren dieser mehrheitlich in den sog. sozialen Netzwerken und via Youtube verteilten Beiträge nicht gemacht.
Der Herausgeber von GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi), Andreas Müller, hat mit der zitierten Astronomin Dr. Natasha Hurley-Walker Kontakt aufgenommen und sie um ein Statement in der Sache gebeten. Hier die unkommentierte Antwort der Astronomin:
Lieber Andreas,
vielen Dank, dass Sie mich auf den Artikel der Jerusalem Post aufmerksam gemacht haben.
Es ist möglich, dass man hier Anfang des Jahres auf eine Flut von Blödsinn in der Boulevardzeitung [Mirror] aufmerksam geworden sind, bei der Journalisten/Clickbait-Farmen eine Geschichte über die echte SETI-Suche meines Kollegen Danny Price (bei der jedoch keine Außerirdischen, dafür aber neue Wege gefunden wurden, wie maschinelle Lernalgorithmen das von Menschen erzeugte Funkrauschen finden können) mit meiner eigenen Forschung (der Entdeckung einer echten natürlichen Radioquelle, keine Außerirdischen) verwechselt haben.
Hier sind die Artikel, die der Medienbeauftragte unserer Universität am 23. Februar 2023 zusammengestellt hat:
Scientists are excited, mysterious signals from outer space contact Earth, is it aliens?
Scientists are excited, mysterious signals from outer space contact Earth, is it aliens? Indozone
Scientists believe that aliens exist, here’s the proof Skanaa
Scientists sweat cold after aliens make ‘contact’ every 18 minutes Pikiran Rakyat, Mirror
Eight strange signals AI has found in its search for alien life MSN Australia
Signals from outer space: The FOUR times scientists believed we were contacted by aliens Daily Mail UK, Express Informer, Siakap Keli, Pikiran Rakyat Media Network
Zum Glück ließ das danach nach und ich dachte, es sei vorbei. Ich vermute jedoch, dass es immer noch ein Echo im Internet gibt.
Um es aber ganz deutlich zu sagen: Die von mir veröffentlichte Radioquelle ist kein Zeichen außerirdischer Intelligenz. In den Pulsen sind keine Informationen eingebettet. Abgesehen von ihrer sehr langsamen Periode sehen sie genauso aus wie Pulsare, die ebenfalls ein astrophysikalisches Naturphänomen sind, das ursprünglich Außerirdischen zugeschrieben wurde.
Wir wissen nicht genau, welche Art von astrophysikalischer Quelle diese sehr langsamen, sich wiederholenden Radioimpulse erzeugen kann. Das ist für Physiker spannend. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Laufe der Jahre herausfinden werden, um was es sich handelt, – entweder indem wir mehr davon finden und sie bei verschiedenen Wellenlängen messen, oder indem wir die Magnetfelder theoretisch modellieren, um herauszufinden, wie sie das Radio erzeugen Emission oder beides.
Ich hoffe, diese Antwort hilft dabei, weitere Missverständnisse zu vermeiden.
Vielen Dank
Natasha Hurley-Walker
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Extrem helle Radioquelle in 4.000 Lichtjahren Entfernung sendet alle 20 Minuten Richtung Erde 26. Januar 2022
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