Astrophysiker entdecken zahlreiche Mehrfachsternsysteme mit Exoplaneten
Jena (Deutschland) – Die meisten der bislang rund 4.000 entdeckten Exoplaneten umkreisen – die die Planeten unseres Sonnensystems – Einzelsterne wie unsere Sonne. Astrophysiker aus Jena haben nun gleich mehrere neue Mehrfachsternsysteme mit Planeten entdeckt. Die Funde bestätigen Annahmen, wonach das Vorhandensein mehrerer Sterne den Entstehungs- und Entwicklungsprozess von Planeten beeinflusst.
Wie das Team um Dr. Markus Mugrauer vom Astrophysikalischen Institut und Universitäts-Sternwarte der Friedrich-Schiller-Universität Jena aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (MNRAS, DOI: 10.1093/mnras/stz2673) berichten, kommen Mehrfachsternsysteme in unserer Milchstraße sehr häufig vor: „Wenn solche Systeme Planeten besitzen, so sind sie für die Astrophysik von besonderem Interesse, weil sich die Planetensysteme darin fundamental von unserem Sonnensystem unterscheiden können“, erläutert der Astrophysiker.
Um mehr über diese Unterschiede zu erfahren, suchten Forscherinnen und Forscher mehr als 1.300 bekannte Sterne, bei denen Exoplaneten gefunden wurden, nach Begleitsternen ab. Dabei griffen sie auf die präzisen Beobachtungsdaten des europäischen Weltraumteleskops „Gaia“ zurück.
Auf diese Weise gelang es, bei Planetenmuttersternen mit bis zu 1.600 Lichtjahren Abstand zur Sonne insgesamt rund 200 Begleitsterne nachzuweisen. Mithilfe der Daten konnte Mugrauer die entdeckten Begleitsterne und ihre Systeme zudem näher beschreiben: „Es existieren sowohl enge Systeme mit Abständen von nur 20 Astronomischen Einheiten (AE) – was in unserem Sonnensystem in etwa der Distanz zwischen Sonne und Uranus entspricht – als auch Systeme, deren Sterne über 9.000 AE voneinander entfernt liegen.“
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Unterschiedlich beschaffen seien die Begleitsterne auch hinsichtlich ihrer Massen, Temperaturen und Entwicklungsstadien: „Die schwersten von ihnen wiegen das 1,4-fache unserer Sonne, die leichtesten verfügen hingegen nur über acht Prozent der Sonnenmasse.“ Bei den meisten Begleitsternen handelt es sich also um massearme, kühle und schwach rötlich leuchtende Zwergsterne.
Unter den leuchtschwachen Objekten entdeckten die Astronomen aber auch acht sogenannte Weiße Zwerge. Hierbei handelt es sich um die ausgebrannten Kerne sonnenähnlicher Sterne, die zwar nur ungefähr so groß ist wie unsere Erde, dafür aber halb so schwer wie unsere Sonne. Die Beobachtungen zeigen, dass Exoplaneten die finale Entwicklungsphase eines nahen sonnenähnlichen Sterns durchaus überleben können.
Bei den meisten der in der neuen Studie nachgewiesenen Sternsysteme mit Exoplaneten handelt es sich um Doppelsterne. Es konnten aber auch rund zwei Dutzend hierarchische Dreifachstern- und sogar ein Vierfachsternsystem detektiert werden: „Im untersuchten Abstandsbereich zwischen ca. 20 und 10.000 AE verfügen insgesamt 15 Prozent der untersuchten Sterne über mindestens einen Begleitstern. Diese Häufigkeit ist nur etwa halb so groß, wie sie bei sonnenähnlichen Sternen im Allgemeinen erwartet wird“, erläutert die Pressemitteilung der Universität. Zudem weisen die detektierten Begleitsterne einen ca. fünfmal größeren Abstand auf als gewöhnliche Systeme.
„Beides zusammen könnte darauf hinweisen, dass der Einfluss mehrerer Sterne in einem Sternsystem den Entstehungsprozess von Planeten sowie die weitere Entwicklung ihrer Umlaufbahnen stört“, so Mugrauer. Ursache dafür sei zunächst die gravitative Wechselwirkung der Begleitsterne auf die Gas- und Staubscheiben, in denen Planeten entstehen. „Später stören dann die Begleitsterne durch ihr Schwerefeld die Bewegung der Planeten um ihre Muttersterne herum.“
Zukünftig wollen Mugrauer und Kollegen die beschriebene, sogenannte Multiplizität neu entdeckter Planetenmuttersterne mit den Daten der Gaia-Mission untersuchen und detektierte Begleitsterne genau charakterisieren. Zudem sollen die Resultate mit den Ergebnissen einer internationalen Beobachtungskampagne kombiniert werden, die aktuell zum selben Thema am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile läuft, um so den genauen Einfluss der stellaren Multiplizität auf die Entstehung und Entwicklung von Planeten untersuchen.
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