Auch Hummeln können kulturell lernen
London (Großbritannien) – Das Erlenen von Verhaltensweisen und Fähigkeiten durch das Kopieren älterer und anderer Artgenossen wird als kulturelles Lernen bezeichnet und galt bislang lediglich als Eigenschaft von Lebewesen mit großem Gehirn. In einer aktuellen Studie zeigen britische Verhaltensbiologen nun jedoch, dass auch Hummeln innerhalb ihrer Kolonie kulturell lernen können.
Wie das Team um Alice Bridges und Professor Lars Chittka von der Londoner Queen Mary University aktuell im Fachjournal „PLoS Biology“ (DOI: 10.1371/journal.pbio.3002019) berichtet, zeigte sich in Experimenten, dass auch Hummeln durch das Abschauen und Kopieren der Verhaltensweisen erfolgreicher Artgenossen im Innern ihrer Kolonie lernen. Bislang galt diese Eigenschaft der Kulturweitergabe lediglich jenen Lebewesen vorbehalten, die über ein verhältnismäßig großes Gehirn verfügen. Meist handelt es sich dabei zudem um Wirbeltiere: Großprimaten, Singvögel, Delfine und Wale.
Wie die Forschenden nun jedoch zeigen konnten, erlernten auch Hummeln das Öffnen einer 50:50-Rätselbox mit einer Futterbelohnung, indem sie zuvor erfahrene und in der Aufgabe (bei der die Tiere durch zwei unterschiedliche Schiebemechanismen eine Futterbelohnung erhalten konnten), erfolgreiche Artgenossen dabei beobachtet hatten. Selbst angesichts eines äußerlich gleichwertigen Lösungsweges bevorzugten die Insekten das zuvor abgeschaute Verhalten.
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Nachdem die Demonstrations-Hummeln zuvor gezielt auf das richtige Öffnen der Rätselbox trainiert worden waren, durften die Lehr-Hummeln dieses Verhalten zunächst beobachten und wurden dann selbst mit der Aufgabe konfrontiert. Tatsächlich übernahmen die Lehrlings-Hummeln die vorgeführte Methode in 98,6 Prozent der Fälle, während eine Kontrollgruppe, die zuvor keine Vorbilder hatte, wesentlich schlechter abschnitt: „Die durchschnittliche Anzahl der richtig geöffneten Futter-Rätsel lag bei den Beobachter-Hummeln bei 28 pro Tag. In der Kontrollgruppe war es durchschnittlich nur eine”, berichtet Bridges.
In einem zweiten Experiment wurden die zuvor angelernten Demonstrations-Hummeln in eine ungelernte Hummel-Population gegeben. Auch hier stellte sich schnell eine Erfolgsquote von 97,3 Prozent heraus.
„Unsere Beobachtung zeigen, wie ein Verhaltenstrend im Innern einer Population zu entstehen scheint: Meist ist es so, dass die bereits erfahrenden Individuen sich nach und nach zur Ruhe setzten, während neu angelernte diese Funktion nach und nach übernehmen.“
Ähnliche Ergebnisse wurden zuvor schon mit anderen Arten wie Primaten und Vögeln und ähnlichen Versuchsaufbauten erzielt, von denen bereits bekannt war, dass sie zur Weitergabe kultureller Fähigkeiten und Informationen in der Lage sind, auch wenn eine solche „Kultur“ in der freien Natur noch nicht beobachtet werden konnte.
„Wenn nun also auch Hummeln dazu in der Lage sind, so erklärt das möglicherweise den evolutionären Ursprung von vielen komplexen Verhaltensweisen, die wir bei sozialen Insekten beobachten können”, so die Wissenschaftlerin. “Dann könnte es auch sein, dass jene verhalten, die wir bislang als instinktiv bezeichnen, in Wirklichkeit zumindest ursprünglich einmal sozial erlernt wurden.“
„Die Tatsache, dass Bienen beobachten und lernen und sich dieses Verhalten dann zur Gewohnheit machen können, trägt zu den ständig wachsenden Beweisen dafür bei, dass sie weitaus klügere Kreaturen sind, als viele Menschen ihnen dies zutrauen“, kommentiert Chittka abschließend. „Wir neigen dazu, die von Bienen, Ameisen und Wespen auf unserem Planeten unter den gebildeten „außerirdischen Zivilisationen“ zu übersehen, – weil sie kleinwüchsig sind und ihre Gesellschaften und architektonischen Konstruktionen auf den ersten Blick von Instinkten bestimmt zu sein scheinen. Unsere Forschung zeigt jedoch, dass sich neue Innovationen wie Social-Media-Memes durch Insektenkolonien verbreiten können, was darauf hindeutet, dass sie viel schneller auf völlig neue Umweltherausforderungen reagieren können als durch evolutionäre Veränderungen, deren Manifestation viele Generationen dauern würde.“
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Recherchequellen: Queen Mary University, Eurekalert.org, PLoS Biology
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