Austin (USA) – Über 10 Millionen Jahre hinweg könnte es unmittelbar unter der Oberfläche des von der Sonne rund 2,768 Astronomische Einheiten (AE = Distanz Sonne-Erde) entfernten Zwergplaneten Ceres Reservoire flüssigen Wasser gegeben haben. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie über den auf Ceres nachweisbaren Kryovulkanismus, der auf anderen Himmelskörpern durchaus eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Zutaten des Lebens spielen könnte.
Daten der NASA-Sonde „Dawn“, die Ceres im Frühjahr 2015 erreicht hatte, haben u.a. die sogenannten „Ceres-Lichter“ – helle Flecken im Innern des 92 Kilometer durchmessenden Occator-Kraters (s. Abb.) – als salzige Überreste von Kryovulkanismus identifiziert, der vor rund 20 Millionen Jahren durch den den Krater schlagenden Einschlag in Gang gesetzt wurde. Messungen zeigen, dass das auf diese Weise ausgetretene flüssige Wasser-Eisgemisch noch vor rund vier Millionen Jahren ausgetreten war. (…GreWi berichtete)
Forscher um Professor Marc Hesse University of Texas und Julie Castillo-Rogez vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA haben sich nun der Frage angenommen, wie die gewaltige Lücke von immerhin 16 Millionen Jahren geschlossen werden könnte, in denen das Wasser schließlich flüssig geblieben sein muss.
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„Eine Flüssigkeit so nah unter der Oberfläche flüssig zu halten, ist unter den gegebenen Umständen wirklich schwierig“, erläutert Castillo-Rogez. Tatsächlich drängte sich die Frage umso mehr auf, als Wissenschaftler zuvor noch errechnet hatten, dass die Kryomagma unterhalb der Oberfläche am Grunde des Occator-Kraters eigentlich gerade einmal 400.000 Jahre lang flüssig geblieben sein sollte.
Hintergrund: Kryovulkanismus
Kryovulkanismus ist eine Erscheinungsform des Vulkanismus, die sich – statt bei enorm hohen Temperaturen gewöhnlicher Vulkane – nur bei niedrigen Temperaturen unter minus 150° Grad Celsius einstellt. Bislang wurden derartige Eisschlammvulkane nur auf den Saturnmond Enceladus, dem Neptunmond Triton und dem Plutomond Charon) sowie auf Ceres nachgewiesen. Darüber hinaus sehen Planetenwissenschaftler Hinweise für Kryovulkanismus auf dem Jupitermond Europa, dem Saturnmond Titan und auf Pluto.Statt nun heiße Lava speien Kryovulkane leicht schmelzbare Substanzen wie Methan, Kohlenstoffdioxid, Wasser oder Ammoniak, die im Inneren des Planeten oder Mondes in gefrorenem Zustand vorkommen. Durch dort vorliegende Wärme, die z. B. durch Gezeitenkräfte entsteht, werden diese Stoffe geschmolzen und drängen zur Oberfläche. Dort erstarrt der Auswurf – die sogenannte Kryomagma – und kann sich zu mehreren hundert Meter hohen Ablagerungen aufschichten.
Quelle: Wikipedia
„Kryovulkanismus könnte auf erdfernen Himmelskörpern die chemische Vermischung von Molekülen, wie sie für die Entstehung von Leben notwendig sind, befördert haben“ (…GreWi berichtete), erläutert Hesse und begründet damit das Interesse an einem besseren Verständnis der Mechanismen der Eisschlammvulkane.
In ihrem aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2018GL080327) veröffentlichten Artikel präsentieren Hesse und Castillo-Rogez nun zumindest teilweise eine Antwort auf das Rätsel. Hierzu haben sie auf der Dawn-Datengrundlage Modelle erstellt, die erstmals auch die chemische Zusammensetzung der Planetenkruste berücksichtigen. „Die Materialien im Innern der Kruste von Ceres können schnell isolierend gewirkt haben.“
Die neuen Berechnungen legen nahe, dass die Kryomagma im Occator statt 400.000 Jahre bis zu 10 Millionen Jahre lang bestanden haben könnte. Zwar schließe auch dieser Wert die Zeitlücke zu 16 Millionen Jahren noch nicht vollständig, doch zeige das Ergebnis, dass zusätzliche Daten und Informationen sehr leicht zu einer mit den Messdaten sehr viel realistischeren Übereinstimmung führen können.
Auf diese Weise und zukünftig mit noch weiteren und genaueren Daten gefüttert, hoffen die Wissenschaftler in weiteren Schritten untersuchen zu können, ob alle beteiligten Materialien in den beobachteten Occator-Ablagerungen mit dem Einschlagereignis erklärt werden können oder, ob hierzu eine Verbindung zu noch tiefer liegenden Materialien notwendig ist.
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