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Avi Loeb: `Oumuamua jünger als gedacht

Grafische Darstellung der angenommenen Form des interstellaren Objekts `Oumuamua (Illu.). `Oumuamua war zu klein, um von unseren besten Teleskopen erfasst zu werden, aber es wurde als stark längliches Objekt angenommen, da es dramatisch an Helligkeit variierte und sich alle 8 Stunden drehte.Copyright/Quelle: NASA/JPL-Caltech
Grafische Darstellung der angenommenen Form des interstellaren Objekts `Oumuamua (Illu.). `Oumuamua war zu klein, um von unseren besten Teleskopen erfasst zu werden, aber es wurde als stark längliches Objekt angenommen, da es dramatisch an Helligkeit variierte und sich alle 8 Stunden drehte.
Copyright/Quelle: NASA/JPL-Caltech

– Bei dem folgenden Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag von Prof. Dr. Avi Loeb, der am 31. August 2023 im englischsprachigen Original unter dem Titel „`Oumuamua Was Young!“ von Avi Loeb auf Medium.com erstveröffentlicht wurde. Der Text wurde – mit freundlicher Genehmigung des Autors (A. Loeb) – durch www.GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi) ins Deutsche übersetzt. Die vom Autor geäußerten Ansichten sind seine eigenen.

Wir leben in einer aufregenden Zeit. Die ersten großen interstellaren Objekte wurden erst im letzten Jahrzehnt entdeckt: der interstellare Meteorit „IM1“ im Jahr 2014, das anomale erdnahe Objekt „`Oumuamua“ 2017 und der interstellare Komet „Borisov“ im Jahr 2019. Eine gemeinsame wie fundamentale Unbekannte ist die wahrscheinliche Herkunft dieser ungewöhnlichen Objekte außerhalb des Sonnensystems.

Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, bot ich Shokhruz Kakharov, einem Studenten am Harvard College, ein Sommerprojekt an. Meine Idee war, die Bahnen dieser interstellaren Objekte in der Vergangenheit im Gravitationsfeld der Milchstraße zu berechnen und so herauszufinden, woher sie kamen. Die galaktische Region, die ihre Bahnen in der Vergangenheit durchliefen, würde die Eigenschaften ihrer Herkunftsorte einschränken. Zum Beispiel könnte man, wenn sie in der Nähe eines Sterns entstanden sind, das Alter des Sterns und die physikalischen Prozesse, durch die jedes dieser interstellaren Objekte erzeugt wurde, einschränken.

Wir begannen damit, die vergangenen Bahnen dieser interstellaren Objekte rückwärts anhand ihrer gemessenen Geschwindigkeiten relativ zum sogenannten Lokalen Ruhesystem (Local Standard of Rest, kurz LSR) zu rekonstruieren,  – dem Bezugsrahmen, der durch das Mitteln der zufälligen Bewegungen lokaler Sterne in der Nähe der Sonne gewonnen wird. Dieser Rahmen umkreist das Zentrum der Milchstraße mit einer Geschwindigkeit von etwa 240 Kilometern pro Sekunde.

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Mit einem Computercode integrierte Shokhruz numerisch die Bahnen interstellarer Objekte im Gravitationsfeld der Milchstraße rückwärts in der Zeit. Der Einfachheit halber ignorierten wir transiente Gravitationsmerkmale wie Spiralarme und den galaktische Balekn. Dies ist eine vernünftige Annahme für Bahnen im äußeren Teil der galaktischen Scheibe.

Durch die Rückintegration der Bahnen dieser interstellaren Objekte konnten wir die räumliche Region ihrer mutmaßlichen Quellen innerhalb der Milchstraße eingrenzen. Diese Einschränkungen grenzen die potenziellen Geburtsorte verschiedener interstellarer Objekte ein und bieten Einblicke in die galaktische Umgebung, aus der sie stammen.

Sterne in der Nähe der Sonne folgen einer exponentiellen Verteilung oberhalb und unterhalb der Mittellinie der galaktischen Scheibe, wobei die Skalenhöhe mit dem Alter zunimmt. Wir nutzten die vertikale Auslenkung jedes interstellaren Objekts von der Mittellinie der Milchstraßenscheibe, um die Wahrscheinlichkeitsfunktion für sein mögliches Alter zu bestimmen. Unsere Methode war einfach: Angesichts der maximalen vertikalen Auslenkung jedes Objekts von der Mittellinie der galaktischen Scheibe berechneten wir die Altersverteilung der Sterne, die sie innerhalb dieser Region geboren haben könnten, um die Wahrscheinlichkeitsverteilung für das Alter des Objekts abzuleiten. Jede dynamische Auswirkung auf die stellare Skalenhöhe durch Gravitationsstörungen würde auch interstellare Objekte betreffen, da beide Populationen kollisionsfrei sind. Daher gelten unsere Altersbeschränkungen direkt für das volle Alter der interstellaren Objekte unabhängig von ihrer Reisezeit.

Wir entdeckten eine geringe vertikale Ausdehnung von `Oumuamuas vergangener Bahn aus der galaktischen Mittellinie, etwa sechsmal kleiner als die der Sonne. Dies deutet darauf hin, dass `Oumuamua in der Nähe der Mittellinie der dünnen Scheibe junger Sterne entstanden ist.

Dies impliziert ein wahrscheinliches Alter von weniger als 1–2 Milliarden Jahren. Kosmologisch gesehen ist `Oumuamua also geradezu ein Säugling, jünger um eine Größenordnung im Vergleich zum Alter des Universums. Es ist sogar viel jünger als die Sonne, die wiederum ein Spätzünder in der kosmischen Geschichte ist.

Die vergangene Entwicklung der Distanz des interstellaren Objekts `Oumuamua von der Sonne folgt einem Zeitraum von etwa 2,2 Milliarden Jahren. `Oumuamua befand sich vor etwa 1,1 Milliarden Jahren auf der anderen Seite der Milchstraßenscheibe relativ zur Sonne.

Die maximale Auslenkung des Kometen Borisov ist ähnlich der der Sonne, was auf ein ähnliches Alter hindeutet. Der Meteorit „IM1“ zeigt größere vertikale Auslenkungen, was auf eine ältere Quelle hinweist.

Wir haben den gleichen Code auch angewendet, um die zukünftigen Bahnen der von der NASA vor Jahrzehnten gestarteten interstellaren Sonden „Voyager 1 & 2“ und „Pioneer 10 & 11“ zu berechnen. Dadurch haben wir festgestellt, dass menschengemachte interstellare Sonden wie „Voyager 1“ oder „Pioneer 10“ in etwa 2 Milliarden Jahren auf der gegenüberliegenden Seite der Milchstraßenscheibe relativ zur Sonne ankommen und in 4 Milliarden Jahren in die Nähe der Sonne zurückkehren werden. Diese zukünftige „Rückkehr in die Nähe der Heimat“ wird lange vor der Entwicklung der Sonne zu einem Roten Riesenstern in etwa 7,6 Milliarden Jahren stattfinden.

Der radiale und vertikale Bereich der Bahn von Voyager 1 relativ zur galaktischen Ebene ähnelt den entsprechenden Bereichen für die Sonne. Nachdem die Sonne gestorben ist, wird sie eine kompakte metallische Kugel hinterlassen, ungefähr von der Größe der Erde und mit etwa 60 % der aktuellen Masse der Sonne. Ein solches Überbleibsel wird als Weißer Zwerg bezeichnet. Wir kennen dieses Schicksal aus dem gleichen Grund, aus dem heraus wir erkennen, dass wir zum Sterben verdammt sind, nachdem wir einen Friedhof besucht haben. Es gibt zahlreiche Weiße Zwerge von sonnenähnlichen Sternen, die inzwischen „gestorben“ sind und in der Milchstraße „begraben“ liegen.

Basierend auf dem gemessenen Alter dieser Weißen Zwerge kann man die Sternentstehungsgeschichte der Milchstraße ableiten. Das Verfahren ähnelt der Ableitung historischer Geburtsraten aus datierten Totenscheinen. Die meisten Sterne der Milchstraße entstanden Milliarden von Jahren vor der Sonne, mit einem Höhepunkt in der Sternentstehungsrate vor etwa 10 Milliarden Jahren.

Wenn Zivilisationen wie unsere um diesen Höhepunkt herum geboren wurden und vor mehr als 2 Milliarden Jahren Voyager-ähnliche Sonden starteten, könnten diese Sonden jetzt die Nähe der Sonne auf der anderen Seite der Milchstraßenscheibe erreicht haben.

Deshalb lohnt es sich zu prüfen, ob die anomale Form und die nicht-gravitationalen Beschleunigungen von `Oumuamua oder die anomale Materialstärke und Geschwindigkeit von IM1 auf einen technologischen Ursprung hindeuten könnten.

Während einige diese Idee als kontrovers und ketzerisch ansehen, erscheinen sie mir als dem gesunden Menschenverstand folgend. Aber was soll ich sagen… Ich bin nur ein einfacher, neugieriger Bauernjunge, nicht so hochgestochen wie einige Redakteure von Scientific American, die es vorziehen, ihre Leser nicht mit gesundem Menschenverstand zu verwirren. (Anmerkung GreWi: Hierbei bezieht sich Loeb auf die teils dispektierliche Berichterstattung über seine Arbeiten, Hypothesen und Theorien in der Zeitschrift „Scientific American“.)

Prof. Dr. Avi Loeb ist Leiter des „Galileo-Projekts“ in Harvard, einer systematischenwissenschaftlichen Suche nach Beweisen für außerirdische technologische Artefakte. Loeb ist Gründungsdirektor von Harvards Black Hole Initiative, Direktor des Institute for Theory and Computation am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und Vorsitzender des Beirats des Breakthrough Starshot-Projekts. Er ist Autor des Buches „Außerirdisch: Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten“.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Trotz neuer Theorie: ‚Oumuamua bleibt rätselhaft 23. März 2023
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© Avi Loeb / dt. Übers. Grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Autor und Publizist
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(Kornkreisforscher)

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