Mailand (Italien) – In der sogenannten protoplanetaren Scheibe um einen jungen Stern, dort wo sich vermutlich einmal Planeten bilden werden, haben europäische Astronominnen und Astronomen Wasserdampf entdeckt.
Wie das Team um Stefano Dracchini von der Universita di Milano aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (Doi: 10.1038/s41550-024-02207-w) berichtet, ist Wasser ein wichtiger Bestandteil des irdischen Lebens und spielt vermutlich auch eine wichtige Rolle bei der Planetenentstehung. „Bisher konnten wir jedoch die Verteilung von Wasser in einer stabilen, kühlen Scheibe nicht bestimmen – der Art von Scheibe, die die günstigsten Bedingungen für die Bildung von Planeten um Sterne bietet.“
Mit der Teleskopanlage der Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), das u.a. von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile betrieben wird, haben die Forschenden die innere Scheibe des jungen Sterns „HL Tauri“ untersucht, der sich 450 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Stier befindet und haben hier mindestens dreimal so viel Wasser wie in allen Ozeanen der Erde vorhanden ist.
„Ich hätte nie gedacht, dass wir ein Bild von Ozeanen aus Wasserdampf in der gleichen Region aufnehmen können, in der sich wahrscheinlich ein Planet bildet“, kommentiert Facchini die neue Beobachtung. „Es ist wirklich bemerkenswert, dass wir Wasserdampf in einer Entfernung von 450 Lichtjahren nicht nur nachweisen, sondern auch detailliert abbilden und räumlich auflösen können“, fügt Mitautor Leonardo Testi, Astronom an der Universita di Bologna hinzu.
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Die „räumlich aufgelösten“ Beobachtungen ermöglichen es den Astronominnen und Astronomen, die Verteilung von Wasser in verschiedenen Regionen der Scheibe zu bestimmen. In der Gegend der bekannten Lücke in der HL-Tauri-Scheibe wurde eine beträchtliche Menge an Wasser gefunden. Solche Ring-ähnliche Lücken werden in gas- und staubreichen Scheiben von jungen, planetenähnlichen Körpern geschaffen, die auf ihrer Umlaufbahn Material ansammeln und wachsen. „Unsere jüngsten Bilder zeigen eine beträchtliche Menge an Wasserdampf in einer Reihe von Distanzen zum Stern, die eine Lücke einschließen, in der sich möglicherweise gerade ein Planet bildet“, erläutert Facchini weiter. Dies lege nahe, dass dieser Wasserdampf die chemische Zusammensetzung von Planeten beeinflussen könnte, die sich in diesen Regionen bilden.
„Es ist wirklich aufregend, in einem Bild direkt zu beobachten, wie Wassermoleküle aus eisigen Staubpartikeln freigesetzt werden“, sagt Elizabeth Humphreys, Astronomin bei der Europäischen Südsternwarte (ESO), die ebenfalls an der Studie beteiligt war. Diese Staubkörner, aus denen sich eine Scheibe zusammensetzt, sind die Keimzelle für die Entstehung von Planeten. Während sie den Stern umkreisen, kollidieren und verklumpen sie zu immer größeren Körpern. Dort ist es kalt genug, damit Wasser auf den Staubpartikeln gefrieren kann, so dass die Partikel besser zusammenkleben – ein idealer Ort für die Planetenbildung.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie die Anwesenheit von Wasser die Entwicklung eines Planetensystems beeinflussen kann, so wie es vor etwa 4,5 Milliarden Jahren in unserem eigenen Sonnensystem der Fall war“, fügt Facchini abschließend hinzu
Recherchequelle: ESO
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