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Buchneuerscheinung: Science-Fiction, Außerirdisches Leben und UFOs im Islam

Titelabbildung von „Islam, Science Fiction and Extreterrestrial Life“ von Dr. Jörg Matthias Determann.Copyright/Quelle: Determann/I.B.Tauris
Titelabbildung von „Islam, Science Fiction and Extreterrestrial Life“ von Dr. Jörg Matthias Determann.
Copyright/Quelle: Determann/I.B.Tauris

Doha (Katar) – Obschon Teil unseres Alltags sind den meisten Nicht-Muslimen noch immer viele Aspekte der muslimischen Glaubens- und Weltbilder und die dahinterstehenden Konzepte unbekannt und auch fremd. Dies trifft auch auf das grenzwissenschaftliche und anomalistische Themenspektrum und nicht zuletzt auf Vorstellungen von außerirdischem Leben und auch der Rezeption des UFO-Phänomens zu. Ein neues Buch des Historikers und Arabistik-Experten Prof. Dr. Jörg Matthias Determann bildet nun eine fundierte Grundlage, diese Lücke zu füllen.

Jörg Matthias Determann ist Associate Professor an der Virginia Commonwealth University School of the Arts in Katar mit einem gesonderten Forschungsinteresse an der Geschichte von Wissenschaft und Forschung in der muslimischen Welt und hat hierzu bereits umfangreich, etwa zur Historiographie in Saudi-Arabien; der Erforschung von Biologie und Evolution in den Golfstaaten; Weltraumwissenschaften und der arabischen Welt publiziert.

In seinem nun neu als Kindle- Taschenbuchausgabe erschienen Buch „Islam, Science Fiction and Extretarrestrial Life: The Culture of Astrobiology in the Muslim World“ widmet sich Determann einem zumindest in der westlichen Forschung kaum behandelten und untersuchten Aspekt von Literatur und Forschung in arabischen, muslimischen Staaten und Ländern: Der Science-Fiction als Literatur- und Filmgenre, Aspekten und Vorstellungen über außerirdisches Leben sowie dem UFO-Phänomen und nicht zuletzt auch dem Einfluss religiöser Strömungen mit einem Bezug zu Außerirdischen und UFO-Kulten im Islam.

Jörg Matthias Determann.Copyright/Quelle: Determann
Jörg Matthias Determann.
Copyright/Quelle: Determann

Religion und Unterdrückung (in muslimischen Ländern) werden oft für einen vermeintlichen Mangel an Kreativität, Vorstellungskraft und zukunftsorientiertem Denken verantwortlich gemacht“, kommentiert der Verlagstext zum Buch, führt dazu aber weiter aus: „Allerdings haben selbst die autoritärsten Länder mit muslimischer Mehrheit sehr einfallsreiche Berichte über eine der Grenzen des Wissens vorgelegt: die Astrobiologie oder die Erforschung des Lebens im Universum.“ Als Grund erläutert der Autor, dass gerade die Unterdrückung der Science-Fiction „nachweislich mehr geholfen als geschadet habe, da die Zensur Autoren dazu ermutigte, Kritik an der zeitgenössischen Politik zu verschleiern, indem sie Handlungen in der Zukunft und auf fernen Planeten ansiedelten.“

Über das Erzählgenre der Science-Fiction hinaus argumentiert der Autor weiter, dass schon die islamische Tradition selbst allgemeine Vorstellungen von außerirdischem Leben durchaus zulässt, sogar unterstützt. Hierzu gibt der Autor in seinem Buch einen umfangreichen Überblick über arabische, bengalische, malaiische, persische, türkische und urduische Texte und Filme, um zu zeigen, wie auch Wissenschaftler und Künstler in und aus Ländern mit muslimischer Mehrheit an vorderster Front standen.

Konkret aus grenzwissenschaftlich-anomalistischer Perspektive liefert Determanns Buch einige selbst für viele am UFO-Phänomen interessierte Leserinnen und Leser neue und spannende Informationen: So ruft er beispielsweise einige faszinierende UFO-Sichtungen Mitte bis Ende der 1970-er Jahre etwa über Algerien, Tunesien, Kuwait und dem Iran in Erinnerung, die damals zwar teilweise auch in internationalen Medien Erwähnung fanden, heute aber nur wenigen Kennern und Kennerinnen der Thematik geläufig sein dürften.

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Auch zeigt er, dass auch in islamisch geprägten und regierten Ländern die Staatsführungen ein offizielles Interesse an den unidentifizierten Flugobjekten zeigten. So berichtet er von einer offiziellen Anfrage durch König Hassan II von Marokko in Sachen UFO-Informationen an die US-Botschaft in Rabat im September 1976. Der damalige Außenminister Henry Kissinger versuchte diese mit Ballons, Satellitenaktivität, Flugzeugen sowie sonstigen astronomischen und meteorologischen Phänomenen wegzuerklären. Auch der Umstand, dass das Kuwait Institute of Scientific Research bereits Ende 1978 ein Untersuchungskomitee mit Fragen zu unidentifizierten Flugobjekten beschäftigt hatte, dürfte selbst den meisten einschlägig interessierten UFO-Enthusiasten vermutlich neu sein. Laut Determann kam der Bericht dieses Komitees zwar zu keinen konkreten Erkenntnissen, lehnte aber zum einen die Behauptung, dass es sich bei UFOs um irdische Spionagetechnologien handelt ab, während man jedoch gegenüber der Vorstellung einer außerirdischen Herkunft aufgrund mangelnder Informationen offenblieb.

Spannend und aufschlussreich sind nicht zuletzt auch Determanns Ausführungen und Informationen über den Einfluss der Vorstellungen Außerirdischer und deren Raumschiffe, sogenannte UFO-Kulte auf religiös-politische Strömungen wie etwa die „Nation of Islam“, einer 1930 von Wallace Fard Muhammad gegründeten religiös-politische Organisation von Afroamerikanern außerhalb der islamischen Orthodoxie, die gerade in den 1960-er und 1970-er Jahren im politischen Amerika durchaus eine Rolle spielte. Hier zeigt Determann die konzeptuellen Gemeinsamkeiten und mittlerweile sogar offiziellen Verbindungen zwischen der NOI und Scientology auf, die sich beide der Vorstellung technologisch-geprägter außerirdischer Lehrmeister bedienen.

Zum Thema

Auch ein für das Verständnis der Wahrnehmung und Rezeption des UFO-Themas in der islamischen Welt prägender Aspekt wird von Jörg Determann ausführlich beleuchtet: die Deutung von UFO-Erscheinungen nicht im Sinne außerirdischer Besucher, sondern als dämonische Manifestation im Sinne von Dschinn. Bei diesen im westlichen Kulturkreis lediglich in Form der in Flaschen und Öllampen gebannten mächtigen Geister aus „1001 Nacht“, handelt es sich jedoch um ein viel größeres, bedeutenderes und den tatsächlichen Alltag vieler Gläubigen prägendes Konzept, als dies aus Märchen rund um Aladin und seine 40 Räuber hervorgeht: In der islamischen Vorstellung sind Dschinn verstandbegabte Wesen, die neben Satanen und Engeln gemeinsam mit dem Menschen die Erde bevölkern. Aufgrund ihrer dämonischen Eigenschaften ist es ihnen auch möglich, vom Körper eines Menschen Besitz zu ergreifen und diese so verrückt zu machen. In seinem Buch zitiert Determann zahlreiche einflussreiche islamische Gelehrte, Autoren und Autorinnen, die zwar die Vorstellung von UFOs als außerirdische Besucher ablehnen, diese dafür aber durchaus als reale Manifestationen von Dschinn halten. Damit zeigt der Autor eine prägende Facette und Problematik in der Diskussion zahlreicher grenzwissenschaftlicher Phänomene im islamischen Raum auf, in dem eine Vielzahl entsprechender Erscheinungen als Manifestationen von Dschinn eingestuft werden, wodurch sich eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung nicht nur erübrigt, sondern in einigen sozialen Konstellationen auch geradezu verbietet.

Grenzwissenschaft-Aktuell.de meint: Ein wichtiges Buch, weil es nicht nur das Themenspektrum selbst um faszinierende Aspekte, sondern auch unseren Horizont mit Blick auf das globale Phänomen erweitert.

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
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