Jupiter
Grafische Darstellung der hydrothermalen Aktivität im Kern von Enceladus und der Aufstieg organisch angereicherter Bläschen (Illu.).
Copyright: ESA
Heidelberg (Deutschland) – Anhand der Daten der Raumsonde „Cassini“ haben Wissenschaftler große, kohlenstoffreiche organische Moleküle in den Wassereisfontänen auf dem Saturnmond Enceladus nachgewiesen. Die Entdeckung erhöht einmal mehr die Wahrscheinlichkeit für Leben im unter einem dicken Oberflächeneispanzer verborgenen flüssigen Wasserozean auf dem Saturnmond und macht diesen zu einer der Hauptkandidaten bei der Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem.
Wie das Team um Dr. Frank Postberg vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-018-0246-4) berichtet, entdeckten sie die sehr komplexen makromolekularen Verbindungen in den Daten der Sonde.
Allerdings seien die großen organischen Moleküle allerdings nicht wasserlöslich. Sie bestehen aus komplexen Mischungen ringfömiger (aromatischer) und linearer (aliphatischer) Bestandteile mit funktionellen Gruppen, die Sauerstoff und vermutlich Stickstoff enthalten, und werden teilweise aus Hunderten von Atomen gebildet.
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Schematische Darstellung des Inneren Aufbaus des Saturnmondes Enceladus (Illu.)
Copyright: NASA/JPL-Caltech (dt. Version: grewi.de)
Zwar wurden schon zuvor einfache organische Moleküle in den Enceladus-Geysiren nachgewiesen (…GreWi berichtete), doch waren diese mit einer Atommasse von gerade einmal 50 Einheiten vergleichsweise leicht und beinhalteten nur wenige Kohlenstoffatome. Die jetzt nachgewiesenen Moleküle haben eine Atommasse von 200 – zehn Mal mehr also als Methan. „Mit diesen komplexen organischen Molekülen, die offenbar aus dem flüssigen Wasserozean stammen, erfüllt Enceladus als einziger bislang bekannter Himmelskörper neben der Erde wirklich alle grundlegenden Anforderungen für Leben, wie wir es kennen“, kommentiert Chrostopher Glein vom Southwest Research Institute (SwRI).
Hintergrund
2015/17 entdeckten Wissenschaftler in den Cassini-Daten molekularen Wasserstoff in den Enceladus-Fontänen und damit eine mögliche Quelle durch die das Ozeanwasser mit dem Gestein des Ozeanboden in Form hydrothermaler Quellen interagieren könnte.
Hydrothermale Quellen vor dem Azoren.
Copyright: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen
Dieser Prozess ist bereits von irdischen Ozeanböden in Form hydrothermaler Quellen, sog. heißer Schlote bekannt, durch die Wärme in das umgebende Wasser gelangt. Auf der Erde sind es eben diese Schlote, die einer Vielzahl von Organismen fernab der energiereichen Sonne einen Lebensraum bieten.
„Wasserstoff liefert die Quelle für chemischen Energie, von der rund um irdische hydrothermale Quellen Bakterien zehren“, erläutert Dr. Huntre Waite vom SwRi. „Wenn man einmal eine potentielle Nahrungsquelle für Mikroben ausgemacht hat, stellt sich als nächstes die Frage, was die Natur der nun entdeckten komplexen organischen Moleküle im Enceladus-Ozean ist.“
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Moleküle mit Gasbläschen an die Ozeanoberfläche gelangen, wo sie einen organischen Film bilden (s. Titelabbildung): „Es scheint, als würde Enceladus sein organisches Inventar so aus den Tiefen des Ozeans in stark erhöhten Konzentrationen an die Wasseroberfläche bringen. Von dort aus wird es mit Ozeantröpfchen ins Weltall geschleudert“, kommentiert Dr. Nozair Khawaja, der die begleitenden Laborexperimente mit organischen Substanzen leitete.
Ob diesen großen organischen Molekülen hydrothermale oder sogar biogene Prozesse zugrunde liegen, geht aus den Daten selbst zwar noch nicht hervor. Allerdings ließe sich diese Frage relativ leicht mit einer zukünftigen Enceladus-Sonde klären: „Eine zukünftige Mission könnte direkt und gezielt durch die Fontänen fliegen und diese mit einem hochauflösenden Massenspektrometer auf die komplexen Molekülen hin untersuchen. Bislang müssen wir mit voreiligen Schlussfolgerungen noch sehr vorsichtig sein, aber es ist schon faszinierend darüber nachzudenken, ob diese Ergebnisse nicht auch das Ergebnis einer biologischen Synthese organischer Moleküle (durch Organismen) auf Enceladus sind.“
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