Falschfarbendarstellung der hellen Flecken im Innern des Occator-Kraters auf Ceres
Copyright: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI
Göttingen (Deutschland) – Nach der Analyse hochaufgelöster Aufnahmen des Occator-Kraters auf dem Zwergplaneten Ceres kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass es sich bei den auch als „Ceres-Lichter“ bezeichneten, stark reflektiven Strukturen im Innern des Kraters um die Reste eines einstigen Eisvulkans und damit um Anzeichen lang-anhaltender geologischer Aktivität auf Ceres handelt.
Während die Forscher schon zuvor vermutet hatten, dass es sich bei den „hellen Flecken“ um einen einstigen Kryovulkan handeln könnte (…GreWi berichtete), haben die Wissenschaftler um Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) nun mittels der Zählung von kleineren, durch spätere Einschläge entstandenen Kratern erstmals das Alter des hellen Materials bestimmt, das hauptsächlich aus Ablagerungen spezieller Mineralsalze besteht: „Mit etwa vier Millionen Jahren sind diese Ablagerungen rund 30 Millionen Jahre jünger als der Krater selbst. Dies sowie die Verteilung und Beschaffenheit des weißen Materials innerhalb des Kraters sprechen dafür, dass dort über einen langen Zeitraum und bis in jüngste Zeit immer wieder eine salzhaltige Lösung eruptiv aus der Tiefe aufgestiegen ist. Ceres ist somit der sonnennächste Körper mit kryovulkanischer Aktivität.“
Der Occator-Krater selbst befindet sich auf der Nordhalbkugel von Ceres und hat einen Durchmesser von 92 Kilometern. In seinem Zentrum findet sich eine Senke mit einem Durchmesser von etwa 11 Kilometern, an deren Rändern stellenweise gezackte Berge und Steilhänge emporragen. Noch weiter im Innern tritt eine helle domförmige Kuppe 400 Meter hoch empor, drei Kilometer im Durchmesser und durchzogen von Rissen.
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„Diese Kuppe enthält das hellste Material auf Ceres“, erläutert MPS-Wissenschaftler Thomas Platz. Forscher nennen das helle Material in der zentralen Senke „Cerealia Facula“. VIR-Daten zeigen, dass das Material reich an bestimmten Salzen, so genannten Karbonaten, ist. Da spätere Einschläge kleinerer Brocken in diesem Bereich kein anderes Material aus der Tiefe freilegten, sei es gut möglich, dass die Kuppe vollständig aus hellem Material besteht, erläutern die Forscher weiter. Die vereinzelten hellen Flecken (Vinalia Faculae), die sich weiter außen im Kraterboden befinden, sind deutlich blasser, bilden eine dünnere Schicht und entpuppen sich bei genauer Analyse der VIR- und Kameradaten als Mischung aus Karbonaten und dunklem Umgebungsmaterial.
Hochauflösende Aufnahme des größten der hellen Flecken, der sogenannten Cerealia Facula.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI
Nathues und Kollegen deuten die zentrale Senke mit ihrem zum Teil bergigen, zerklüfteten Rand als Überbleibsel eines früheren Zentralberges: „Der Zentralberg entstand als Folge des Einschlags, der den Occator-Krater vor etwa 34 Millionen Jahren schuf, und kollabierte später. Die Kuppe aus hellem Material ist mit 4 Millionen Jahren deutlich jünger. „Alter und Aussehen des Materials, das die helle Kuppe umgibt, deuten darauf hin, dass sie durch einen wiederkehrenden, eruptiven Prozess entstanden ist, der zum Teil auch Material nach weiter außen in die Senke geschleudert hat. (…) Ein einzelnes eruptives Ereignis ist eher unwahrscheinlich.“
Hochauflösende Aufnahme der kleinen hellen Nebenflecken im Occator, der sogenannten Vinalia Facula.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI
Für diese Theorie der MPS-Wissenschaftler spreche auch ein Blick ins Jupitersystem: Auf den Monden Callisto und Ganymed finden sich ähnliche Erhöhungen. Forscher werten auch diese als Vulkankuppen und somit als Anzeichen von Kryovulkanismus.
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Ceres‘ mysteriöser heller Fleck
Anhand ihrer Beobachtungen zeichnen die MPS-Wissenschaftler folgendes Bild ähnlich aktiver Prozesse auch auf Ceres: „Der große Einschlag, der den riesigen Occator Krater in die Oberfläche des Zwergplaneten riss, muss alles ursprünglich in Gang gesetzt und die spätere kryovulkanische Aktivität ausgelöst haben“, so Nathues und führt weiter aus: „Durch den Einschlag konnte die Salzlösung, die Forscher entweder flächig oder vereinzelt unter dem Gesteinsmantel des Zwergplaneten vermuten, näher an die Oberfläche treten. Der geringere Druck ließ Wasser und gelöste Gase wie Methan und Kohlendioxid entweichen, die sich auf ihrem weiteren Weg nach oben ein System aus Schloten bahnten. An der Oberfläche bildeten sich daraufhin Risse, durch die die übersättigte Lösung eruptiv aus der Tiefe austreten konnte. Die abgelagerten Salze formten nach und nach die heutige Kuppe.“
Der letzte dieser Ausbrüche, so vermuten die Forscher, muss vor etwa vier Millionen Jahren die heutige Oberfläche der Kuppe gestaltet haben. Ob die kryovulkanische Aktivität seitdem vollständig zum Erliegen gekommen ist oder auf einem geringeren Niveau bis heute fortdauern, ist noch unklar. Tatsächlich zeigen einige DAWN-Aufnahmen Dunst über dem Occator-Krater und bereits 2015 hatten MPS-Forscher das Ausgasen von Wasserdampf für dieses Phänomen verantwortlich gemacht (…GreWi berichtete).
Die jüngste Untersuchungen bestätigen nun diesen Verdacht, da sich auch auf zahlreichen Aufnahmen des Occator aus einer frühen Phase der Mission, die aus einem Abstand von 14.000 Kilometern und aus flachen Blickwinkeln entstanden, Helligkeitsschwankungen abzeichnen, die einem täglichen Rhythmus folgen. „Die Art der Lichtstreuung über dem Boden des Occator Kraters unterscheidet sich grundlegend von der über anderen Teilen der Ceres-Oberfläche“, beschreibt es MPS-Forscher Guneshwar Singh Thangjam. „Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass sich in der Nähe des Kraterbodens ein optisch dünner, semitransparenter Dunst bildet.“ Die Forscher vermuten, dass sich der Dunst durch sublimierendes Wasser bildet, das bei Sonneneinstrahlung aus den Rissen im Kraterboden austritt.
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