Paris (Frankreich) – Erstmals haben Astronominnen und Astronomen die Fingerabdrücke von Explosionen der vermutlich ersten Sterne im uns bekannten Universum entdeckt: Die chemische Zusammensetzung dreier weit entfernte Gaswolken entspricht genau dem, was Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von den ersten Sternexplosionen erwarten.
Wie das Team um Andrea Saccardi vom Observatoire de Paris – PSL und Professorin Stefania Salvadori von der Università degli Studi di Firenze aktuell im „Astrophysical Journal“ (DOI: xxx) berichtet, gelang die Entdeckung durch den Einsatz des „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) und bringe die Wissenschaft dem Verständnis der Natur der ersten Sterne, die nach dem Urknall entstanden, einen Schritt näher.
Hintergrund
Die Astronomie geht derzeit davon aus, dass die ersten Sterne im Universum ganz anders waren als die, die wir heute sehen: „Als sie vor 13,5 Milliarden Jahren entstanden, enthielten sie nur Wasserstoff und Helium, die einfachsten chemischen Elemente der Natur“, erläutert die ESO-Pressemitteilung und führt dazu weiter aus: „Diese Sterne, von denen man annimmt, dass sie zehn- oder hundertmal massereicher waren als unsere Sonne, endeten schnell in gewaltigen Explosionen, den sogenannten Supernovae. Dabei reicherten sie das sie umgebende Gas zum ersten Mal mit schwereren Elementen an. Spätere Generationen von Sternen wurden aus diesem angereicherten Gas geboren und stießen zum Ende ihres Lebens ebenfalls schwerere Elemente aus.“
Da die ersten Sterne also schon vor unvorstellbar langer Zeit explodierten, können sie heute nur noch indirekt anhand jener chemischen Elemente untersucht werden, die sie nach ihrem Tod in ihrer Umgebung verteilt haben.
Anhand der VLT-Daten, entdeckte das Team drei sehr weit entfernte Gaswolken, die entstanden, als das Universum gerade einmal 10-15 Prozent seines heutigen Alters hatte, und deren chemischer Fingerabdruck genau dem entspricht, was von den Explosionen der ersten Sterne zu erwarten ist. „Abhängig von der Masse dieser frühen Sterne und der Energie ihrer Explosionen setzten diese ersten Sternexplosion (sog. Supernovae) verschiedene chemische Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Magnesium frei, die in den äußeren Schichten der Sterne vorkommen. Einige dieser Explosionen waren jedoch nicht energiereich genug, um schwerere Elemente wie Eisen freizusetzen, das nur in den Kernen von Sternen vorkommt.“
Auf der Suche nach dem verräterischen Zeichen dieser allerersten Sterne, die als Supernovae mit niedriger Energie explodierten, suchten die Astronomen und Astronominnen daher nach weit entfernten Gaswolken, die arm an Eisen, aber reich an anderen Elementen sind. Und genau das fanden sie: „Drei weit entfernte Wolken im frühen Universum mit sehr wenig Eisen, aber viel Kohlenstoff und anderen Elementen – der Fingerabdruck der Explosionen der allerersten Sterne.“
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Diese eigentümliche chemische Zusammensetzung wurde auch bei vielen alten Sternen in unserer eigenen Galaxie beobachtet, die wir als Sterne der zweiten Generation betrachten, wie sie sozusagen direkt aus der „Asche“ der ersten Sterne entstanden sind. Diese neue Studie hat solche Asche im frühen Universum gefunden und damit ein fehlendes Teil in diesem Puzzle hinzugefügt. „Unsere Entdeckung eröffnet neue Wege, um die Natur der ersten Sterne indirekt zu untersuchen, und ergänzt damit die Studien über die Sterne in unserer Galaxie“, erklärt Salvadori.
Um diese fernen Gaswolken aufzuspüren und zu untersuchen, nutzte das Team sogenannte Quasare. Hierbei handelt es sich um sehr helle Lichtquellen, die von supermassereichen schwarzen Löchern in den Zentren weit entfernter Galaxien gespeist werden. Auf seiner Reise durch das Universum durchquert das Licht eines Quasars Gaswolken, in denen verschiedene chemische Elemente einen spektralen Abdruck hinterlassen.
Die neue Studie eröffnet Forschenden nun neue Möglichkeiten für Teleskope und Instrumente der nächsten Generation, wie das kommende „Extremely Large Telescope“ (ELT) der ESO und seinen hochauflösenden ArmazoNes High Dispersion Echelle Spectrograph (ANDES).
„Mit ANDES können wir dann viele dieser seltenen Gaswolken noch genauer untersuchen und schließlich die geheimnisvolle Natur der ersten Sterne entschlüsseln“, zeigt sich Valentina D’Odorico, Forscherin am Nationalen Institut für Astrophysik in Italien und Mitautorin der Studie, zuversichtlich.
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Recherchequelle: ESO
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