GreWi-Exklusiv: Das sind die UFO-Akten des BND – Teil 2

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Titelblatt der BND-Akte "UFO". Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

Titelblatt der BND-Akte „UFO“.
Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

Saarbrücken (Deutschland) – Bei einem aktuellen Besuch der Redaktion der BILD-Zeitung erklärte der (noch) amtierende BND-Chef Gerhard Schindler: „wir wissen nichts über UFOs“, fügte zugleich aber hinzu, dass wenn er etwas über UFOs wüßte, er es „hier nicht sagen“ würde…

Damit stimmt Schindler in die schon seit Jahrzehnten gepflegte Sprachregelung von Bundesregierungen, Innen- und Verteidigungsminister ein, die von jeher auf Anfrage hin beschwigtigen, dass Deutschland keinerlei Interesse an UFOs, geschweige denn an der Untersuchung oder gar Dokumentation entsprechender Phänomene habe. Da aber zahlreiche Nachbar- und Partnerstaaten in EU und NATO teilweise noch heute offizielle UFO-Forschungseinrichtungen betreiben und UFOs auch von erfahrenen Beamten- und Militärpersonal gesichtet wurden, erscheint diese Position mehr als unglaubhaft. Dem Herausgeber von „grenzwissenschaft-aktuell.de“ (GreWi), Andreas Müller, war es 2014 gelungen, Einsicht in eine eigentlich noch bis 2021 gesperrte UFO-Akte des Bundesnachrichtendienstes (BND) und damit des bundesdeutschen Auslandsgeheimdienstes zu erhalten. Alleine schon die Existenz der UFO-Akte des BND, aber auch die darin geschilderten Fälle, widerlegen eindeutig die offizielle Position der Bundesregierungen zum Thema.

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Insgesamt handelt es sich um 67 Seiten, die auf Mikrofilm vorliegen. Unter dem Titel „DDR Grenzsperranlagen an der IDG – UFO“ beschreibt die Akte ab Seite (Archivalieneinheit) 0177 bis 0244 zahlreiche Vorfälle von Sichtungen „unbekannter Flugobjekte im Grenzgebiet der DDR“, deren Dokumentation, Untersuchungen und Schlussfolgerungen.

Der Grund für die Anfertigung und Pflege dieser „UFO-Akte“ waren aber – das wird bei der Lektüre sehr schnell deutlich, nicht das Bestreben der Untersuchung und Erforschung exotischer oder gar außerirdischer Phänomene, sondern zunächst einmal alleine das offenkundige Interesse des BND an der Entwicklung und Nutzung unbemannter Aufklärungsflugzeuge, sogenannter Drohnen, durch die Streitkräfte der Warschauer-Pakt-Staaten.

Tatsächlich können denn auch eine Vielzahl der in der Akte aufgeführten Berichte mit großer Sicherheit als derartige Drohnen erklärt werden. Allerdings – und da sind sich selbst die untersuchenden Beamten und Stellen einig – nicht alle!

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Für die UFO-Forschung erscheinen aber alle in der Akte dokumentierten Sichtungsfälle von Interesse – offenbaren sie doch ein breites Spektrum an Vorfällen, beobachteten Flugobjekten und Erscheinungen und liefern zudem für viele Sichtungsfälle in Form besagter Sowjet-Drohnen und Grenzgebietsaufklärung nicht nur eine befriedigende Erklärung sondern auch weitere Erkenntnisse über sogenannte Sichtungs-Stimuli, also bekannte, wenn auch für die meisten Laien eher ungewöhnlich erscheinende, Objekte im Luftraum. Statt UFOs und damit „unidentifizierte Flugobjekte“ handelt es sich in vielen Fällen aus der Akte also um identifizierte Flugobjekte, also IFOs.

Schon die erste in der Akte geschilderte Sichtung fällt dann auch recht deutlich in diese Kategorie von zwar zunächst unbekannten, in der Nachbetrachtung jedoch sehr wahrscheinlich bis eindeutig als (sowjetische?) Drohne zu identifizierenden Flugobjekte im BRD-DDR-Grenzgebiet.

Darin berichtet ein Reisender folgendes:

„Am 26.08.1983 zwischen 15:00 und 15:30 Uhr befuhr ich die Transitstrecke von Berlin-West kommend in Richtung Hamburg. In Höhe Wittstock sah ich einen Flugkörper, vorn Spitz zulaufend, Stabilisatoren am Ende des Rumpfes und von glatter Bauart. Der Flugkörper zog einen dunklen Kondensstreifen hinter sich her. Er überflog in ca. 15 Metern Höhe die Autobahn – Fahrtrichtung Hamburg – von links nach rechts. Nach ca. 30 Sekunden folgten im Abstand zwei moderne Kampfflugzeuge und flogen in Richtung Absturzstelle. Die Absturzstelle befand sich ca. 2 Kilometer neben der Transitstrecke, der Absturz des Flugkörpers verursachte eine große dunkle Rauchwolke. Ein Detonationsknall war nicht zu hören. Die Flugzeuge hatten eine Luftfilteröffnung links und rechts neben der Flugzeugkanzel.“

Auch weitere Sichtungen beschreiben mehrheitlich flugzeugförmige Flugkörper, also einen länglichen Rumpf mit Seitenflügeln, wie sie entlang der gesamten innerdeutschen Grenze und auch an der Grenze zur damaligen Tschechoslowakei immer wieder gesichtet und beschrieben wurden.

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„DIE UFO-AKTEN DER BRD“

Neben den Sichtungen eindeutig technologisierter und klassisch-aerodynamischer Flugkörper (Rumpf, Hecktabilisatoren, Flügel Heckruder, Front oder Heckantriebe usw.) kam es entlang des westdeutschen Grenzverlaufs zu den Warschauer-Pakt-Staaten DDR und Tschechoslowakei aber auch immer wieder zu Sichtungen „unbekannter Lichtobjekte“.

So etwa am 13.11.1984 in der Nähe des Grenzübergangs Finsterau in Bayern. Hier wurde:
„Eine Blinkende Lichtquelle mittels Bildverstärker (BiV) um 18.30 Uhr etwa in Verlängerung der ehem. PSU Fürstenhut (Knizeci Plane) erkannt. Daraufhin auch mit normalem DF (Anm.d. GreWi-Red.: Doppelfernrohr?) auszumachen. (Entdeckung ohne BiV sehr schwierig). In der Folgezeit bis gegen 20.15 Uhr z.T. waren vier dieser Lichtobjekte gleichzeitig zu erkennen. Entfernung und Flughöhe sehr schwer zu erkennen. Die Objekte könnten sich etwa im Raum zwischen Außergefild (Kvilda) und UQ 96 30 und Obermoldau (Horni Vltavice) VQ 09 23 in 300 – 400 m (Vermutung) bewegt haben. Bewegung erfolgte im Raum in beiden Richtungen, offensichtlich auf gleicher Höhe, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, jedoch manchmal fast Stillstand. Beobachtet werden konnten ein helles (gelbes) und rotes Blinken. Fluggeräusche waren nicht zu hören. Gegen 20.15 letzte Beobachtung, da Nebel aufkam.“
In einer Ausarbeitung zum Thema „Einsatz ‚unbekannter Flugobjekte‘ an den Grenzen zur DDR und CSSR“ stellt das „Grenzschutzkommando Süd“ gegenüber den BND-Beamten in Pullach dann im Dezember 1984 zu den Sichtungen der vergangenen zweieinhalb Jahre folgendes fest:
„Am 30.08.1983 ging bei Grenzschutzkommando Süd eine Meldung der GSA (Grenzschutzabteilung) Süd 1 ein, welcher eine neuartige und nach wie vor ungeklärte Erscheinung zugrunde lag

Gegenstand dieser und nachfolgender Meldungen verschiedener Stellen sind Beobachtungen von Bürgern und Angehörigen der Grenzüberwachungsorgane gewesen, die trotz geringer Präzision im Kern das gleiche Erscheinungsmuster erkennen lassen.

Es lässt sich wie folgt beschreiben:

Über dem Gebiet der CSSR sind, grundsätzlich bei Dunkelheit, rot und grüne (z.T auch gelb oder weiß) blinkende Lampen (Positionslampen?) von meistens geräuschlos fliegenden, in der Regel andeutungsweise erkennbaren Flugobjekten gesehen worden.

Soweit die beobachtenden Personen Umrisse wahrnehmen konnten, schienen diese auf einen relativ kleinen – somit vermutlich unbemannten – Flugkörper hinzudeuten. In einigen Fällen wurde angeblich ein zylindrischer Körper mit Tragflächen, ähnlich einem ‚kleinen Düsenflugzeug‘ erkannt; ein Beobachter will auf dem Fluggerät eine schirmartige Konstruktion (Antenne, Radarschirm) gesehen haben.

Zeugenskizze des düsenflugzeugartigen Objekts mit Schirm. Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

Zeugenskizze des düsenflugzeugartigen Objekts mit Schirm. Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

Hinsichtlich der Flughöhe (unleserlich) werden Werte zwischen 50 und 500 Metern bei einer mittleren Entfernung zur Grenzlinie von ca. 300 Metern angegeben.Die Flugobjekte sollen sich mit unterschiedlicher, teils sehr geringer, Geschwindigkeit bewegt haben. Ein Augenzeuge verglich die Geschwindigkeit mit der eines Sportflugzeuges.Bemerkenswert ist, dass eine Reihe von Beobachtungen bei Vollmond erfolgten. Vermutlich ist diese Umstand auf die günstigeren nächtlichen Sichtverhältnisse zurückzuführen.Die älteste, GSK Süd bekannte, verwertbare Feststellung dieser Art stammt von einem Jäger in GA (Geländeabschnitt) 45 und datiert vom April 1982. In keinem Fall konnten weitere Aktivitäten oder Zusammenhänge mit Anlagen und Einrichtungen auf DDR/CSSR-Gebiet bzw. dem Verhalten der dortigen Grenzsicherungsorgane, aus welchen sich Vermutungen über den Einsatzzweck ableiten ließen, erkannt werden. Anfragen bei Radarstellen der Bundeswehr verliefen stets negativ.Die Dauer der jeweiligen Sichtungen lag regelmäßig zwischen 5 und 15 Minuten; am 31.10.1984 gelang es einer Grenzstreife der GSA Süd 2 über einen Zeitraum von ca. 2 1/2 Stunden Sichtkontakt mit einem rot und grün blinkenden Flugobjekt zu halten. Dabei konnten Tragflächen erkannt werden.Die jüngsten Beobachtungen im Bereich Bayern wurden am 04.12.1984 in GA 10 (GSA Süd 6) gemacht.

Außerhalb des GSK Süd wurden nach Auskunft BMI (Bundesministerium des Inneren) bisher lediglich im Bereich des GSK Mitte, SO Eschwege, vergleichbare Feststellungen getroffen.“

Nach einer Aufführung der Sichtungsorte (Örtlichkeiten) werden als Erklärung verschiedene „Drohnen sowjetischer Bauart“ beschrieben und diskutiert, wie sie damals „seit einiger Zeit von den in der DDR stationierten sowjetischen Landstreitkräften“ als auch von den fünf Armeen genutzt und betrieben wurden.

Entsprechende Truppenteile waren demnach mit der „Aufklärugsdrohne DR-3“ (WR-3 / M-141 REYS; TUPOLEV) ausgerüstet. Hierbei handelte es sich um einen für taktische Gefechtsfeldaufklärung vorgesehenen Marschflugkörper, der „nach einem festen Programm einen Aufklärungsbereich von ca. 4 Km Breite und 50 Km Länge bei einer mittleren Flughöhe von 800 m ü.G. abdecken kann.“

(Anm.d.GreWi-Red.: Aufsührliche Information über die auf DDR-Territorium eingesetzten Sowjet-Drohnen sind unter: http://www.5lwdiv.de/drohne.htm zu finden.) Entsprechende Drohnen waren mit verschiedenen Kameras ausgerüstet und wurden von einer mobilen Startrampe aus gestartet. Die zwar unbemannt aber weiterhin doch äußerlich noch recht konventionell wirkenden Drohnen landeten mit Hilfe eines Fallschirms wieder im Abschussgebiet.

Die sowjetische Drohne M-141 (Darst. nicht Teil der BND-Akte!)

Die sowjetische Drohne M-141 (Darst. nicht Teil der BND-Akte!)

Laut einer Meldung der „Welt“ vom 23.04.1984, die in der Akte ebenfalls aufgeführt und als „journaillienhaft aufbereiteter Zeitungsbericht“ beschrieben wird, soll sich die Sowjetunion bei der Entwicklung ihrer Drohnen damals u.a. auf die Auswertung von durch Syrien erbeuteter israelischer Aufklärungsdrohnen (Typ: Scout) gestützt haben. Zur Geräuschverminderung sollen Wankelmotoren erprobt worden sein.In ihrer Bewertung der Erklärung der beobachteten „unbekannten Flugobjekte im Grenzgebiet zur DDR und CSSR“ kam das GSK Süd laut Akte zu dem Schluss, dass
„die derzeit vorhandenen Informationen über den Einsatz ‚unbekannter Flugobjekte‘ (…) für ein als gesichert anzusehendes Ergebnis unzureichend“ seien. „Zur Klärung dieser Erscheinungen ist somit die Gewinnung weiterer (auswertbarer) Erkenntnisse erforderlich. Die Bewertung, gestützt auf den aktuellen Kenntnisstand, kann somit nur als Versuch angesehen werden, das Phänomen der Klärung näher zu bringen.“
Bei der abschließenden Einschätzung des Berichts zur Frage, ob es sich um Drohnen handeln könnte, heißt es weiter:
„Eine Reihe von Aspekten spricht dafür:

So z.B. die Angabe der Größe (die DR-3 soll ca. 7 m lang sein), Form und Flughöhe. Auch die beobachteten Geschwindigkeiten (abgesehen vom Niedrig-Bereich) lassen diese Deutung zu. Interessanterweise stimmen die Beobachtungsergebnisse der einzigen Sichtung bei Tageslicht mit den typischen Erscheinungsformen einer Drohne weitgehend überein.

Davon abweichende Nachtbeobachtungen, insbesondere soweit sie die Geschwindigkeit betreffen, könnten auf optischen Täuschungen und Beobachtungsfehlern beruhen.

Die in sämtliche Meldungen beschriebene Quasi-Geräuschlosigkeit dürfte auf die große Entfernung sowie eine Besonderheit des Antriebs (Wankelmotor?) zurückzuführen sein, zumal es nachts besonders schwierig ist, akustische Emissionen zu verbergen. Insoweit könnte es sich bei den Flugkörpern um Drohnen (DR-3?) handeln.

Nicht in dieses Schema fügt sich jedoch das verschiedenfarbige Blinken der Flugkörper. Dieses scheint dem Einsatzzweck einer Drohne – ungesehen Informationen über den Gegner zu gewinnen bzw. ELOKA-Aufträge (Anm.d.GreWi-Red.: ELOKA = Elektronische Kampfführung) auszuführen – zuwider zu laufen.

Gegen die Annahme, es könne sich um Drohnen handeln, lässt sich im weiteren die mehrfach (soweit richtig beobachtet!) festgestellte sehr geringe Fluggeschwindigkeit anführen (evtl. Beobachtungsfehler bei Kurvenflügen).“

Im Fazit schließen die Beamten ihre Einschätzung mit der Feststellung, dass

„die Frage, ob es sich bei den unbekannten Flugobjekten um Drohnen oder um ‚etwas anderes‘ handelt, kann zur Zeit nicht sicher beantwortet werden. Hubschrauber sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen (Geräusch), es sei denn, in einem bzw. anderen Fall bewirkten die nächtlichen Sichtverhältnisse einen erheblichen Irrtum hinsichtlich der Entfernung. Diese Erklärung wäre jedoch eine reine Vermutung.

Dennoch spricht bei Abwägung des Für und Wider als glaubhafteste Erklärung wohl die Annahme, es handele sich bei den Objekten um (sowjetische) Drohnen.“

In anderen Fällen wurden von den bundesdeutschen Grenztruppen, etwa über DDR-Gebiet, Raum Heinersdorf
„in den späten Abendstunden des 29.03.1986 (…) bisher unbekannte Schwebeflugobjekte beobachtet. Es handelte sich dabei um 5 Flugobjekte , die mit ca. 1 Km Zwischenraum, in gerade Linie in Nord-Süd-Richtung aufgereiht in der Höhe schwebten. (…) Die Flugobjekte hatten rot-grüne Positionslampen gesetzte (Dauer ca. 30 Minuten). Sie verloschen gleichzeitig. Flugbewegungen und Fluggeräusche konnten nicht wahrgenommen werden. Ein Flugobjekt konnte mit IR-Gerät (Anm.d.GreWi-Red: Infrarot) einwandfrei als Ballon erkannt werden. Ca. 15 Kilometer entfernt war zuvor bereits ein einzelnes gleichartiges Positionsfeuer 35 Minuten lang erkannt worden. Wetter: Klare Nacht, leichte Luftbewegung, Sicht bis ca. 5000 Meter. Beobachtungszeit: 22.05 bis 22.35 Uhr. Eine detaillierte Dokumentation wird z.Zt. erstellt und in Kürze vorgelegt. Das GSK Süd ist dabei auf Handskizzen der Beobachtenden PVB angewiesen, weil nachtgeeignetes Photogerät nicht vorhanden ist.“
Skizze eines der beobachteten und mit Positionslichtern versehenen, sich um seine eigenen Achse leicht rotierenden "erkannten Ballons". Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

Skizze eines der beobachteten und mit Positionslichtern versehenen, sich um seine eigenen Achse leicht rotierenden „erkannten Ballons“. Copyright: Bundesarchiv.de (Foto: grenzwissenschaft-aktuell.de)

In einer vorläufigen Bewertung dieser und ähnlicher weitere Beobachtungen kommt die BND-Akte zu folgender Beobachtung:

„Derartige Beobachtungen wurden bislang erstmals im Grenzraum erkannt. Eine gesicherte Zuordnung ist derzeit nicht möglich. Ins Auge gefasst wurde, dass es sich aufgrund der Art der Anordnung und der Befeuerung um eine für DDR-Seite deutlich erkennbare Linie zur Verhinderung eines unbeabsichtigten Überfliegens der Grenze in die Bundesrepublik handeln könnte.

Allerdings erbrachten verschiedene Recherchen, dass zum fraglichen Zeitpunkt in diesem Raum keine Übungen von Truppe mit besonderer Bestimmung oder sonstige Luftraummanöver des Ostblocks stattfanden bzw. Luftfahrzeuge in Grenznähe werde gehört noch gesehen wurden (evtl. geräuscharme Lastensegler mit Fallschirmspringern?). Da aber das abgestimmte gleichzeitige Bedienen dieser Flugobjekte einer nicht unkomplizierten Koordination bedarf, könnte auch eine Vorübung für ein evtl. später stattfindendes Manöver in Grenznähe vermutet werden.“

Als weitere und wahrscheinlichere Deutungsmöglichkeit vermutet die „vorläufige Bewertung“ der Sichtung der schwebenden Lichter und Ballons, dass es sich um Instrumente aus dem Bereich Radarüberwachung gehandelt haben könnte, „wobei diese Objekte möglicherweise als Radarspiegel fungiert haben“ könnten.

Die Bewertung endet mit dem Hinweis darauf, dass „möglicherweise hier die Erfahrungen der eigenen Streitkräfte eine eindeutige Zuordnung erleichtern“, weswegen man auch ein Wehrbereichskommando der Bundeswehr informiert habe.

Ein Fall, in dem a. 23.10.1987 dann in einem Garten im nordhessischen Ellershausen eine „Wettersonde“ niedergegangen war, deren Merkmale weder mit entsprechenden Sonden des Deutschen Wetterdienstes, noch der Bundeswehr oder der US-Streitkräfte in Übereinstimmung gebracht werden konnte (s.Abb.l.), und der aus diesem Grund und aufgrund des Umstandes, dass sie „aus der DDR gekommen und schon am Abend vorher beobachtet“ worden sei, als von DDR bzw. sowjetischer Herkunft interpretiert wurde, schließt die BND-Akte ab.

Aus der Beschreibung dieses Fundes geht hervor, dass die Sonde „in Form einer auf der Spitze stehenden Pyramide“ glich, deren „Diagonalen und die Basis als Reflektoren (Alu-beschichtetes Papier) ausgebildet waren.“ An der Spitze hing ein vom Melder beigefügter „Zylinder, der sehr stark leuchtete“.
Angesichts dieses Fundes „vermuten“ die Beamten denn auch, „dass es sich bei den über Jahre schon öfter im Raum GA 32 beobachteten Lichterscheinungen – grünes Licht, langsam fliegend, keine Motorengeräusche – um ähnliche Sonden gehandelt haben könnte.“

Unabhängig davon, wie die Bewertung dieses und anderer innerhalb der Akte als nicht ausreichend, geschweige denn abschließend erklärte Fälle in der Einzelbetrachtung durch UFO-Forscher und Militärexperten zukünftig ausfallen werden, so kann die Bedeutung dieser UFO-Akte des Bundesnachrichtendienstes nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Zwar handelt es sich um eine Akte, die aus ersichtlich historischen Hintergründen heute (und damit schon Jahre vor Ablauf der eigentlich Sperrfrist) nicht mehr geheim ist und von jedermann im Bundesarchiv Koblenz eingesehen werden kann.

Zugleich hat aber alleine die Existenz dieser Akte und die aus ihr heraus ersichtlichen Abläufe und Mechanismen wichtige Bedeutung für eine Bewertung des Interesses der Bundesregierung und der ihr unterstellten Organe bis hin zu den Geheimdiensten am UFO-Thema. Zudem weckt die Akte auch Fragen nach dem Interesse und Engagement des bundesdeutschen Militärs an UFOs. Schließlich wurde in Folge der in der Akte aufgeführten Beobachtungen auch das Militär immer wieder in den Untersuchungsprozess miteinbezogen und dürfte sich nicht minder für die schließlich mehrheitlich von Grenzschutzbeamten beobachteten Phänomene interessiert haben.

Zugleich widerspricht die Existenz der Akte und der in ihr zusammengetragenen und bewerteten Fälle der jahrzehntelangen offiziellen Sprachregelung mehrerer Bundesregierungen, einiger ihrer Innen- und Verteidigungsminister, dass die Bundesregierung und ihr unterstehenden Behörden und Organe, keinerlei Interesse an der Erforschung unbekannter Flugobjekte – also UFOs – im deutschen Luftraum haben.

Damit bestätigt die UFO-Akte des BND nicht zuletzt auch eine Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestages zur der Frage nach einem UFO-Interesse der Bundesregierung, um deren Veröffentlichung derzeit vor Gericht gestritten wird. Darin heißt es unter anderem:

„Die Tatsache, dass sowohl Großbritannien als auch Frankreich sich mit der Fragestellung nach der Existenz von UFOs und außerirdischen Lebensformen beschäftigten und dies – nach vorheriger Geheimhaltung – in den letzten Jahren sogar via Internet veröffentlicht haben, legt die Vermutung nahe, dass sich auch deutsche Behörden oder Ministerien mit dieser Fragestellung befasst haben bzw. befassen.“

Vorgänge, wie sie aus der BND-Akte hervorgehen, etwa den handschriftlichen Vermerk mit der Aufforderung „Bitte einen ‚UFO-Vorgang‘ anlegen!“ (s.Abb.r.), oder Amtshilfegesuche an andere Stellen bei der Untersuchung und Bewertung von Sichtungen unbekannter Flugobjekte über der bundesdeutschen Grenze zur DDR und CSSR, belegen, dass es ein entsprechendes – wenn auch primär rein aufklärungstechnisches und militärisches – Interesse an derartigen Sichtungen, den geschilderten Phänomenen und diesen zugrundeliegende Melde-, Untersuchungs- und Dokumentationsmechanismen und Automatismen zumindest gab und möglicherweise auch heute immer noch gibt.

Ob und inwiefern es sich bei den gesichteten, beschrieben und untersuchten Objekten, die auch die BND-UFO-Akte nicht erklären kann, schlussendlich doch noch um aus heutiger Sicht identifizierbare Objekte oder aber um Objekte exotischer Natur und Herkunft handelt, müssen zukünftig UFO-Forscher und Militärhistoriker bewerten.

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„DIE UFO-AKTEN DER BRD“

Anm.: GreWi bedankt sich bei Wissenschaftshistoriker Ralf Bülow, der uns auf die Existenz der vermeintlich gesperrten Akte aufmerksam machte sowie bei Frau R.R. und dem Bundesarchiv Koblenz.

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