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Dieser nahe Exoplanet dürfte eigentlich nicht existieren – und tut es doch

Künstlerische Darstellung eines jupiterähnlichen Exoplaneten um eine Roten Zwergstern (Illu.). Copyright: CARMENES/RenderArea/J. Bollain/C. Callego
Künstlerische Darstellung eines jupiterähnlichen Exoplaneten um eine Roten Zwergstern (Illu.).
Copyright: CARMENES/RenderArea/J. Bollain/C. Callego

Barcelona (Spanien) – Um den nur 30 Lichtjahre von der Sonne entfernten Zwergstern „GJ 3512“  haben Astronomen einen Gasplaneten entdeckt, der im Vergleich zu seinem Zentralgestirn derart groß ist, dass er laut gängiger Theorie zur Planetenentstehung eigentlich gar nicht existieren dürfte.

Wie das Team um Juan Carlos Morales vom Institute of Space Studies of Catalonia (IEEC) am Institute of Space Sciences (ICE, CSIC) des CARMENES-Konsortiums unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA, Heidelberg) aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.aax3198) berichtet, besitzt der Planet eine im Vergleich zu seinem Mutterstern GJ 3512 ungewöhnlich große Masse. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen folgern, dass der Planet wahrscheinlich durch einen gravitativen Kollaps in einer Scheibe aus Gas und Staub entstand, die sich um den damals noch jungen Zwergstern befand.

Dies widerspricht jedoch dem aktuell weithin akzeptierten Modell der Planetenentstehung, das für das Ansammeln des umgebenden Gases einen festen Kern benötigt: „Planeten sind ein Nebenprodukt der Entstehung von Sternen“, erläutert die MPIA-Pressemitteilung und führt dazu weiter aus: „Sie bilden sich in der Scheibe, aus der ihr Mutterstern ebenfalls hervorging. Das vorherrschende Modell für die Entstehung von Planeten basiert auf der Vorstellung, dass sich zunächst ein Objekt aus festen Teilchen in der Scheibe aufbaut. Die Schwerkraft dieses Planetenembryos sorgt dafür, dass sich eine Atmosphäre aus dem umgebenden Gas formiert.“

Der neu entdeckte Gasplanet „GJ 3512 b“ scheint sich hingegen ohne einen festen Kondensationskeim direkt aus der Scheibe entwickelt zu haben. Zusammen mit seinem Mutterstern (GJ 3512) ist der Planet nur 30 Lichtjahre von der Sonne entfernt und hat eine Masse von mindestens der Hälfte des Jupiters. Für einen Umlauf benötigt er 204 Tage.

„Für sich genommen ist GJ 3512 b nicht außergewöhnlich“, erläutern die Astronomen, „wohl aber, dass er sich in einem Orbit um einen roten Zwergstern befindet. GJ 3512 besitzt nur 12% der Masse der Sonne, so dass das Massenverhältnis zwischen dem Stern und dem Planeten höchstens 270 beträgt. Im Vergleich dazu ist die Sonne etwa 1050 mal schwerer als Jupiter.“

Grafischer Vergleich von GJ 3512 mit dem Sonnensystem und anderen nahegelegenen Planetensystemen von roten Zwergsternen. Copyright/Quelle: Guillem Anglada-Escude - IEEC/Science Wave, using SpaceEngine.org (Creative Commons Attribution 4.0 International; CC BY 4.0)
Grafischer Vergleich von GJ 3512 mit dem Sonnensystem und anderen nahegelegenen Planetensystemen von roten Zwergsternen.
Copyright/Quelle: Guillem Anglada-Escude – IEEC/Science Wave, using SpaceEngine.org (Creative Commons Attribution 4.0 International; CC BY 4.0)

Es sei dieses Detail, das den theoretischen Physikern Kopfzerbrechen bereite: „Die Gas- und Staubscheiben, aus denen sich massearme Sterne wie GJ 3512 bilden, sollten ebenfalls eher wenig Material beinhalten. Zu wenig, wie die Modelle ergeben, um Planetenembryos entstehen zu lassen, aus denen sich Gasriesen wie GJ 3512 b entwickeln.“

„Ein Ausweg bestünde in einer sehr massereichen Scheibe, die die benötigten Bausteine in ausreichender Menge besitzt“, erklärt Hubert Klahr, der am MPIA eine Arbeitsgruppe zur Theorie der Planetenentstehung leitet. „Wenn jedoch eine Scheibe aus Gas und Staub, die sich um einen Stern befindet, mehr als ungefähr 1/10 der Sternmasse besitzt, reicht die Gravitationswirkung des Sterns nicht mehr aus, um die Scheibe stabil zu halten. Die Schwerkraft des Scheibenmaterials selbst macht sich bemerkbar und beeinflusst ihre Struktur. Ein gravitativer Kollaps des Gases wie bei der Entstehung von Sternen ist die Folge. Solch massereiche Scheiben sind bei jungen Zwergsternen allerdings bislang nicht beobachtet worden.“

Erschwert werde die Situation zudem dadurch, dass es anscheinend Hinweise für einen zweiten Planeten gibt, der sich in einem weiten Orbit um GJ 3512 befindet. „Zusätzlich zu diesen beiden Planeten spricht die stark elliptische Bahn von GJ 3512 b dafür, dass er einst von einem dritten Planeten ähnlicher Masse gravitativ beeinflusst wurde“, berichten die Forscher weiter. „Dieser mutmaßliche dritte Planet muss dabei jedoch offensichtlich aus dem Planetensystem geschleudert worden sein. Neben GJ 3512 b musste die ursprüngliche Scheibe also Material für mindestens einen weiteren Planeten bereitstellen. Die dafür erforderliche Scheibenmasse liegt damit klar außerhalb der Grenzen der aktuellen Stern- und Planetenbildungsmodelle.“

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Die Autoren der aktuellen Studie folgern nun, dass das sogenannte „core accretion“-Modell nicht in der Lage ist, die Existenz von GJ 3512 b zu erklären und haben deshalb untersucht, unter welchen Bedingungen das bislang eher vernachlässigte Szenario des gravitativen Kollapses innerhalb einer Scheibe aus Gas und Staub um einen jungen Stern zur Bildung eines Planeten wie GJ 3512 b führen könnte.

Mit unterschiedlichen Ansätzen kamen sie zu dem gleichen Ergebnis, dass GJ 3512 b über diesen Prozess hätte entstehen können: „Die Bereiche in der Scheibe jenseits von 10 AE (1 AE = 1 Astronomische Einheit: die Entfernung zwischen Erde und Sonne) vom Zentralstern sind mit Temperaturen von etwa 10 K (-263 °C) sehr kalt. Dort vermag der thermische Druck die Gravitationswirkung des Materials nicht auszugleichen, so dass sie unter ihrem Eigengewicht kollabiert. Im Anschluss muss der noch junge Planet über große Distanzen auf seine derzeitige Position gewandert sein, die sich in einer Entfernung von deutlich unter 1 AE vom Zentralstern befindet. Das ist wiederum mit den aktuellen Modellen der Entwicklung von Planetensystemen verträglich.“

„Bisher waren die einzigen Planeten, deren Bildung mit Scheibeninstabilitäten kompatibel waren, eine Handvoll junger, heißer und sehr massereicher Planeten in großer Entfernung von ihren Wirtssternen“, gibt Hubert Klahr abschließend zu bedenken. „Mit GJ 3512 b haben wir nun einen außergewöhnlichen Kandidaten für einen Planeten, der über die Instabilität einer Scheibe um einen recht massearmen Stern entstanden sein könnte. Dieser Fund veranlasst uns zur Überprüfung unserer Modelle.“

Quelle: MPIA, Science

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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