Direkter Nachweis von aktivem Vulkanismus auf der Venus

Computergeneriertes Geländemodell des Venus-Vulkans Maat Mons anhand der Magellan-Daten. Copyright: NASA/JPL
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Computergeneriertes Geländemodell des Venus-Vulkans Maat Mons anhand der Magellan-Daten.Copyright: NASA/JPL

Computergeneriertes Geländemodell des Venus-Vulkans Maat Mons anhand der Magellan-Daten.
Copyright: NASA/JPL

Fairbanks (USA) – Erstmals haben NASA-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen direkte Beweise für heute noch aktiven Vulkanismus auf der Venus beobachtet.

Wie das Team um Professor Robert Herrick von der University of Alaska Fairbanks aktuell im Fachjournal “Science” (DOI: 10.1126/science.abm7735) und auf der 54th Lunar and Planetary Science Conference in Woodlands, Texas berichtete, handelt es sich um direkte geologische Beweise für jüngste vulkanische Aktivität, wie sie erstmals überhaupt auf unserem Schwesterplaneten beobachtet werden konnte.

Die Radaraufnahmen selbst stammen von der NASA-Sonde “Magellan”, die in den 1990-er Jahren die Venus erkundete und die nun unser Bild von der Venus dramatisch verändern, zeigen sie doch einen Vulkanschlot, der sich binnen eines Jahres stark verändert hatte.

Die Neuentdeckung in den alten Daten erlaubt den Planetenwissenschaftlern nun neue Erkenntnisse darüber, die das Planeteninnere auch die Oberfläche und Kruste der Venus verändern, deren Evolution beeinflussen und Auswirkungen auf die Frage nach einer möglichen Lebensfreundlichkeit des Planeten haben kann.

Hierzu plant die NASA derzeit auch schon die nächste Mission zur Venus: Die Sonder „VERITAS“ (Venus Emissivity, Radio science, InSAR, Topography, And Spectroscopy) soll innerhalb des kommenden Jahrzehnts mit einem Oribiter die Oberfläche der Venus erneut erkunden und so auch die Frage erforschen, wie sich unser Nachbarplanet, der fast genau so groß ist wie die Erde dennoch so unterschiedlich zu einem unter einer dichten, giftigen Atmosphäre verborgenen Planeten mit vulkanisch geformter Oberfläche entwickelt hat.

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„Es war die bevorstehende VERITAS-Mission, die uns dazu inspiriert hat, die Magellan-Daten erneut zu untersuchen“, berichtet Herrick, der auch zum Wissenschaftler-Team der neuen Mission gehört. „Zunächst waren wir nicht sehr zuversichtlich, in diesen Daten etwas Neues zu finden. Nach 200 Stunden Bildvergleiche fanden wir aber zwei Aufnahmen, die die gleiche Region in einem Abstand von nur acht Monaten (zw. Februar und Oktober 1991) zeigte und dennoch deutliche geologische Veränderungen, die von einer Eruption verursacht sein mussten, auswies.“

Die Atla-Region mit ihren weiten Hochländern in der Nähe des Venus-Äquators beheimatet zwei der größten Vulkane der Venus: Ozza Mons und Maat Mons (s. Titelabbildung). Schon zuvor hatten Forschende immer wieder vermutet, dass die Region auch heute noch vulkanisch aktiv sein könnte – direkte Beweise dafür gab es bislang aber nicht.

In der Magellan-Aufnahme vom Februar 1991 erschien ein Vulkanschlot noch nahezu kreisrund und bedeckte eine Fläche von etwas weniger als 2,2 Quadratkilometern. Das Bild zeigte stufige Innenwände des Schlots und Anzeichen von abgeflossener Lava entlang der äußeren Hänge. Schon diese Merkmale sprachen für vulkanische Aktivität. Die Aufnahmen der gleichen Strukturen, nun aber acht Monate später, zeigten den Schlot nun mit fast doppelter Ausdehnung und an vielen Stellen verformt. Auch zeigten sich Anzeichen dafür, dass die Vulkanöffnung nun bis zum Rand mit einem Lava-See angefüllt war.

Radaraufnahmen der Magellan-Mission zeigen veränderte Geländestrukturen eines Vulkanschlots nahe Maat Mons (l.) zwischen Februar (o.r.) und Oktober (u.r.) 1991.Copyright: Herrick/UAF

Radaraufnahmen der Magellan-Mission zeigen veränderte Geländestrukturen eines Vulkanschlots nahe Maat Mons (l.) zwischen Februar (o.r.) und Oktober (u.r.) 1991.
Copyright: Herrick/UAF

Um die vergleichsweise geringe Auflösung der alten Daten sowie die unterschiedlichen Aufnahmewinkel der beiden 30 Jahre alten Bilder auszugleichen, erstellten die Forschende neue Computermodelle des Schlots und nutzen diese dann für weitere geologische Modellszenarien. Anhand dieser kommen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu dem Schluss, dass nur eine Eruption die Unterschiede in den Aufnahmen erklären kann.

„Auch wenn es sich hier nur um einen einzigen Datenpunkt eines ganzen Planeten handelt, so zeigt sich doch, dass es auf der Venus noch in jüngster Zeit vulkanische Aktivität gab“, kommentiert der für die Modellierungen verantwortliche Scott Hensley vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA.

Die Forschenden vergleichen die Größe des Lavaflusses, der durch die Aktivität nahe Maat Mons 1991 ausgelöst wurde, mit dem der Kilauea-Eruption auf der hawaiianischen Big Island von 2018 und bauen nun auf die fortschrittlichen VERITAS-Instrumente, mit der 3-D-Modellierungen möglich sein werden und deren Auflösung im Vergleich zur Magellan-Mission deutlich höher sein wird.

Gemeinsam mit VERITAS wird auch die europäische Raumfahrtagentur ESA eine Mission zur Venus senden: Zu Beginn der 2030-er Jahre soll die Mission „EnVision“ ebenfalls mit einem Radar sowie einem Spektrometer ausgestattet werden und VERITAS komplementieren.




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Recherchequelle: NASA

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