Künstlerische Darstellung des von Astronomen nun vorgeschlagenen ungleichmäßig geformten Staubrings um KIC 8462852 gemeinsam mit in den Stern stürzenden großen Kometen (Illu.).
Copyright: NASA/JPL-Caltech (bearb. GreWi)
Tucson (USA) – Noch immer sorgt das ebenso ungewöhnliche wie einzigartige Lichtmuster des rund 1.500 Lichtjahre entfernten Sterns „KIC 8462852“ selbst unter Astrophysikern und Astronomen für Rätselraten und Spekulation bis dahin, ob die Helligkeitsschwankungen im Licht des Stern nicht sogar von einer gewaltigen Konstruktion einer hochentwickelten Zivilisation verursacht werden könnte. Während eine neue Studie dieser Vermutung anhand einer neuen astrophysikalischen Erklärung widerspricht, offenbart eine zweite Studie eine weitere ungewöhnliche Eigenschaft des Sterns.
Das Team um Huan Meng von der University of Arizona sieht in Beobachtungsdaten der NASA-Weltraumteleskope „Spitzer“ und „Swift“, sowie des belgischen Observatoriums „AstroLAB IRIS“ Belege dafür, dass die Verdunkelungen des Sternenlichts nicht von einem dichten Objekt, etwa einem Planeten oder einer gewaltigen massiven Struktur, dafür aber von einer ungleichmäßigen Staubwolke verursacht werden: „Im infraroten Lichtspektrum ist das Abschwächungsverhalten des Sterns geringer als im ultravioletten Licht. Jedes Objekt, das größer ist als Staubpartikel (also wenige Mikrometer Durchmesser) würde das Licht aber in allen Wellenlängen gleich stark abdimmen, wenn es vor dem Stern vorüberzieht.“
Dies, so sind sich die Wissenschaftler sicher, schließt zumindest aus, dass es sich um eine außerirdischer Konstruktion (etwa eine gewaltige Anordnung von Energiekollektoren in Form einer Dyson-Sphäre oder eines Dyson-Schwarms) handelt, da dieses das unterschiedliche Abdimmen in unterschiedlichen Wellenspektren nicht erklären würde“, so Meng in einem aktuell im „The Astrophysical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-4357/aa899c) veröffentlichten Fachartikel.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Meng und Kollegen selbst vermuten deshalb, dass der Stern von einer Staubwolke umkreist wird, deren Umlaufperiode bei rund 700 Tagen liegt. Staub in einer von den Forschern beschriebenen Staubwolke wäre zwar klein genug, um sich in einem von dem Stern entfernten Ring zu sammeln aber nicht groß genug, um das Licht des Sterns gleichmäßig abzuschirmen.
Die Forscher selbst halten diese (ihre) Erklärung derzeit für die beste Erklärung für das Lichtmuster von KIC 8462852, auch wenn Sie weiterhin potentielle andere Theorien deshalb noch nicht ausschließen wollen.
Allerdings bezieht sich die neue Studie nur auf die aktuellen, deutlich schwächeren Schwankungen im Licht des Sterns und ausdrücklich nicht auf die großen Ereignisse, die noch vom Welttraumteleskop Kepler beobachtet wurden und das Sternenlicht um rund 20 Prozent abdunkelten. Hierfür machten einige andere Astrophysiker bereits einen Schwarm ungewöhnlich großer Kometen verantwortlich (…GreWi berichtete). „Kometen sind zugleich aber auch eine der Hauptquellen von Staub, der Sterne umkreiset“, so Meng und Kollegen. „Die beiden Faktoren könnten also miteinander und auch mit der bereits festgestellten Langzeitabdimmung des Sternenlichts (…GreWi berichtete) in Verbindung stehen.“ Kurz: Vielleicht ist es eine Kette von Ereignissen, die jeweils ihren Teil zum Gesamträtsel um KIC 8462852 beitragen.
Etwa zeitgleich berichtet ein Team um Josh Simon und Benjamin Shappee vom Carnegie Institution for Science von Beobachtungen des Sterns die anhand der Aufzeichnungen der „All Sky Automated Survey“ (ASAS) bis 2006 zurückreichen, also rund neun Jahre vor der Kepler-Beobachtung, und berichten nicht nur von einer Abschwächung im Licht des Sterns sondern auch von signifikanten Zunahmen zwischen 2007 und 2014. Diese Ereignisse, so berichten sie vorab via ArXiv.org, „komplizieren nahezu alle bislang vorgebrachten Erklärungsansätze für das Verhalten des Sterns oder schließen diese sogar aus.“
Eine ältere ASAS-Aufnahme von KIC 8462852 (Kreuz Mitte).
Copyright/Quelle: Benjamin Shappee
Während das Sternenlicht durch eine Vielzahl von astronomischen Objekten, die vor der „Sonnenscheibe“ in einem sogenannten „Transit“ vorüberziehen können, abgeschwächt werden kann (Bsp. Sonnenfinsternis), beobachteten Astronomen auch eine Langzeitabschwächung im Licht des Sterns seit rund 100 Jahren (…GreWi berichtete) und zwischen 2009 und 2012 mit Kepler sogar um bis zu zwei Prozent. Seit 2015 hat das Licht von KIC erneut abgenommen und ist derzeit 1,5 Prozent schwächer als noch im Februar 2015.
Neben der Abschwächung zwischen 2009 und 2013 sowie von 2015 bis heute, weisen die Daten nun aber auch zwei Phasen aus, in denen das Sternenlicht hingegen heller wurde. „Bislang dachten wir, dass sich die Veränderungen im Licht des Sterns nur in eine Richtung – abschwächend – auswirkt“, so Simon. „Die Erkenntnis, dass der Stern manchmal aber auch wieder heller wird, macht die Sache wieder viel komplizierter.“
In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, wie sich die Farbe des Sterns über die dokumentierten Beobachtungszeiten hinweg verändert hat und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Abschwächungsereignisse legen: „Diese Information sollte uns dann dabei helfen, mögliche Erklärungen für das Verhalten effektiv eingrenzen und erklären zu können, warum der Stern sich so merkwürdig verhält.“
Sollte das Sternenlicht beispielsweise von Staub abgedunkelt werden, so sollte sich die Farbe des Sterns während der Ereignisse auch ins rötliche Verschieben (ähnlich wie dies im Fall unserer untergehenden Sonne geschieht). Sollten aber große Objekte das Licht des Sterns blockieren, dann sollte keine Farbveränderung zu beobachten sein.
„Bislang hat noch niemand das Rätsel um KIC 8462852 gelöst“, stellt Simon abschließend fest. „Aber die Auswertung von Langzeitbeobachtungen ist sicherlich ein Schlüssel zu diesem Rätsel.“
© grenzwissenschaft-aktuell.de