Doch Kosminski? Neue DNA-Analyse will erneut ‚Jack the Ripper‘ identifiziert haben

Zeitgenössisches Porträt von Aaron Kosminski, einem der Hauptverdächtigen im Fall „Jack the Ripper“ (Illu.).Copyright: Gemeinfrei
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Zeitgenössisches Porträt von Aaron Kosminski, einem der Hauptverdächtigen im Fall „Jack the Ripper“ (Illu.).Copyright: Gemeinfrei

Zeitgenössisches Porträt von Aaron Kosminski, einem der Hauptverdächtigen im Fall „Jack the Ripper“ (Illu.).Copyright: Gemeinfrei

Liverpool (Großbritannien) – Kaum ein Serienmörder ist wohl so bekannt wie „Jack the Ripper“, der vor mehr als 100 Jahren London in Angst und Schrecken versetzt hatte – dessen Identität jedoch bis heute nicht geklärt werden konnte. Eine erneuete Gen-Analyse kommt wiederholt nun zu dem Schluss, dass der damalige Hauptverdächtige, Aaron Kosminski tatsächlich mit dem Ripper identisch ist. Die Kritiker der Kosminski-Theorie zeigen sich hingegen weiterhin skeptisch.

Wie Dr. Jari Louhelainen von der Biochemiker John Moores University und der Reproduktions- und Spermatologe David Miller von der University of Leeds aktuell im Fachjournal „Journal of Forensic Sciences“ (DOI: 10.1111/1556-4029.14038) berichten, haben sie erneut den bereits zuvor von Louhelainen untersuchten Schal des vierten Ripper-Opfers, Catherine Eddowes, mit den bislang systematischsten und aktuellsten Gen-Analyseverfahren analysiert.

Schon zuvor hatte Louhelainen den Schal untersuchen können. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden von dem Autor Russel Edwards in seinem 2014 veröffentlichten Buch „Naming Jack the Ripper“ veröffentlicht. Schon damals sprach das Ergebnis für Aaron Kosminski (…GreWi berichtete).

Hintergrund
Kosminski (s. Abb. o.) galt schon während der eigentlich Untersuchungen als einer der Hauptverdächtigen und auch in den folgenden Jahrzehnten wurde er – neben dem Enkel von Königin Victoria, Prince Albert Victor, dem Spätimpressionisten Walter Sickert oder auch dem früheren Premierminister William Gladstone – immer wieder als einer der Hauptverdächtigen diskutiert.

Zwar galt Kosminski schon während der ersten polizeilichen Untersuchungen als paranoid-schizophren, litt an auditiven Halluzinationen und wurde als „ein sich selbst misshandelnder, masturbierender Frauenhasser“ beschrieben, doch hatte die Polizei außer einer passenden Zeugenbeschreibung nicht genügend Beweise an der Hand, um ihn länger als 24 Stunden festzusetzen. Danach verbrachte er den Rest seines Lebens in zeitgenössischen psychiatrischen Anstalten.

Doch schon 2014 kritisierten andere Genetiker die Analysen aufgrund technischer Details und vermeintlicher methodischer Fehler, die Louhelainen und Miller nun in ihrer neusten Analyse beachtet und vermieden haben wollen (…GreWi berichtete). Aber auch der neuste Abgleich mit den genetischen Daten bekannter Nachkommen Kosminskis belege eindeutig, dass sich sein Blut auf dem Schal des Opfers befindet, so die Autoren.

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Im „Science Magazine“ erläutert David Adam jedoch schon jetzt, dass auch die aktuelle Studie von Kritikern der Kosminiski-Theorie skeptisch hinterfragt wird. So beinhalte der Fachartikel keine konkreten Angaben zu Schlüsseldetails der spezifischen genetischen Varianten, wie sie von den Autoren nur anhand von Grafiken und farbigen Flächen dargestellt werden: überall dort, wo sich diese Kästen überlagern, stimme der auf dem Schal gefundene DNA mit der heute noch lebender Kosminskis überein. Grund für die kritisierte Darstellung sei jedoch das britische Datenschutzgesetz, so die beiden Autoren, das es nicht erlaube, genetische Daten lebender Personen – und damit auch nicht jene der Familien Eddowes und Kosminski – zu veröffentlichten. Auch seien die im Artikel gezeigten Grafiken für wissenschaftliche Laien besser zu verstehen.

Zudem kritisieren Genetiker, wie beispielsweise der Experte für die auch in der aktuellen Analyse untersuchte und mütterlicherseits weitergegebene „mitichondriale DNA“ (mDNA), Hansi Weissensteiner von der Universität Innsbruck, dass mit Hilfe der mDNA der Nachweis einer Verbindung zwischen zwei Personen gar nicht erbracht werden könne. Mit mDNA könne man lediglich Verdächtige ausschließen, aber nicht deren Schuld nachweisen. „Ja, die mDNA auf dem Schal könnte die von Kosminiski sein“, so der Experte, „Sie könnte aber auch von Tausenden anderer Londoner stammen.“

Zum Thema

Andere Kritiker behaupten, es gäbe bis heute keinen eindeutigen Beweis dafür, dass der Eddowes-Schal überhaupt am Tatort gewesen sei und verweisen darauf, dass er in all den Jahren auf unterschiedlichste Weise kontaminiert worden sein könnte.

Tatsächlich sind Louhelainens Untersuchungen auch nicht die ersten DNA-Analysen in dem Bemühen um eine genetische Identifikation des Rippers. Schon zuvor hatte die US-Kriminialautorin Patricia Cornwell DNA analysieren lassen, die aus einem der angeblichen Ripper-Briefe extrahiert werden konnte. Auf diese Weise glaubten die Forscher damals den deutschstämmigen Maler Walter Sickert als Ripper identifiziert zu haben, während andere Experten die Briefe selbst für Fälschungen hielten. Eine andere Analyse derselben Briefe kam zudem zu dem Schluss, dass es sich bei dem Ripper auch um eine Frau gehandelt haben könnte.

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