Graz (Österreich) – Sonnenstürme können, so sie in Richtung Erde gerichtet sind, teils gravierende schädliche Einflüsse gerade auf unsere moderne Übertragungs- und Kommunikationstechnologien haben. Worst-Case-Szenarien befürchten sogar ein Zusammenbrechen der unserer heutigen Zivilisation zugrunde liegenden globalen Infrastrukturen mit Schäden in hundertfacher Milliardenhöhe. Ein internationales Forscherteam glaubt nun, einen Durchbruch bei der Vorhersage der jährlichen Anzahl von Sonnenstürmen errungen zu haben.
Wie das Team um Christian Möstl vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften aktuell im „Astrophysical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-4357/abb9a1) berichtet, haben sie die Anzahl der Sonnenstürme berechnet, die im nächsten Sonnenzyklus auf die Erde und Raumsonden wie Solar Orbiter und die „Parker Solar Probe“ (PSP) treffen könnten.
Hintergrund
Sonnenstürme sind enorme Plasmawolken, die sich im Sonnenwind ausbreiten, potenziell die Erde treffen können und hier nicht nur Nordlichter, sondern im Extremfall sogar Stromausfälle und verschiedenste Probleme für Satelliten und Astronauten verursachen können.
In ihrer Studie haben die Forschenden zwei Vorhersagen herangezogen, wie sich der neue Sonnenzyklus, der im Dezember 2019 begonnen hat, in der nächsten Dekade entwickeln wird.
Für eine Kommission der NASA und NOAA in den USA deutet alles auf einen ähnlich schwachen Zyklus wie dem letzten hin, bei dem im Maximum etwa zwei Sonnenstürme pro Monat die Erde trafen. Eine Studie unter der Federführung des High Altitude Observatory in Colorado zeigt hingegen, dass dies unter Berücksichtigung der Länge und Amplitude vorheriger Zyklen auch anders sein könnte und wir einen der stärksten Sonnenzyklen seit dem 18. Jahrhundert zu erwarten hätten. Laut der aktuellen IWF-Studie würden in diesem Fall im Schnitt bis zu fünf Sonnenstürme pro Monat die Erde treffen. „Das könnte zu bisher ungeahnten Herausforderungen für Satellitenbetreiber und Fluggesellschaften führen, die solche Werte seit den früheren 1990er Jahren nicht kennen.“
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Auch aus Sicht der Wissenschaft ist die Möglichkeit höherer Aktivität von Interesse. Die 2018 gestartete Sonnen-Sonde „Parker Solar Probe“ nähert sich alle paar Monate der Sonne bis auf wenige Millionen Kilometer. „Wir konnten nun zeigen, dass sich die Raumsonde dort so schnell bewegt, dass sie zweimal einen Sonnensturm kreuzen könnte, was neue bahnbrechende Erkenntnisse über die Entstehung und Ausbreitung von Sonnenstürmen ermöglichen sollte“, betont Möstl, der Erstautor der Studie. „Solar Orbiter könnte dann mit Bildern, die zeigen, wie der Sonnensturm über die Parker Solar Probe hinwegfegt und danach mithilfe seines Magnetfeld-Messgeräts den entscheidenden Kontext liefern, um die Daten richtig zu interpretieren.“ Das IWF ist an Solar Orbiter sowohl am Magnetfeldmessgerät als auch am Bordcomputer beteiligt.
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Quelle: IWF / OEAW
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