East Field Farmerin erinnert sich an Kornkreise in den 1940er und -50er Jahren
Shirley Carson.
Copyright: A. Müller/M. Klinkenbergh
Alton Barnes (England) – Die Kornkreisforscher hinter der Ausstellung „Crop Circle Exhibition & Center“ berichten von einem Durchbruch in der Erforschung des historischen Kornkreisphänomens an einem der weltweit wichtigsten Kornkreis-Hotspots, dem Weiler Alton Barnes im Pewsey Valley im Herzen des „Mutterlands der Kornkreise“, der südwestlichen Grafschaft Wiltshire: Die lebhaften Erinnerungen von Shirley Carson, der Mutter von Tim Carson, deren Familie schon seit Generationen mit dem East Field eines der legendärsten Kornkreis-Felder bewirtschaftet, offenbaren nun, dass die Gegend nicht nur eine Schlüsselrolle für das sog. moderne Kornkreisphänomen (seit den 1980er Jahren) spielt, sondern dass Kornkreise hier auch schon in den 1940er und -50er Jahren entdeckt wurden.
…find and english version of this article HERE
Nach der erfolgreichen Konzeption der ersten Ausstellung über Kornkreise deren Erforschung in einem kultur-historischen Wissenschaftsmuseum überhaupt im Sommer 2014 (…GreWi berichtete) haben die Kornkreisforscher Monique Klinkenbergh und Andreas Müller seither erweiterte und aktualisierte Versionen dieser Ausstellung in Marlborough gezeigt (…GreWi berichtete) und in diesem Sommer mit der renovierten Scheune des „The Barge Inn“ – einem Pub in Honeystreet nahe Alton Barnes, das seit Jahrzehnten weltweit als Treff von Kornkreisenthuisaten bekannt ist – eine neuen Ausstellungsort gefunden (…GreWi berichtete).
Parallel zur Ausstellung haben die beiden Forscher immer wieder auch die Besucher, insbesondere Farmer und lokale Anwohner von Kornkreisfeldern darum gebeten, ihre persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen mit Kornkreisen mit der zu teilen, und haben selbst eigenen Felduntersuchungen und Interviews mit Zeitzeugen durchgeführt.
+ + + GreWi-Special
Wenn Sie die „Crop Circle Exhibition & Center“ im The Barge Inn in Honeystreet in Wiltshire (…noch bis zum 13. August 2017 täglich von 11-17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet) besuchen und den Katalog zur Ausstellung kaufen (in dem sie auch eine historische Zeitleiste zur Geschichte des Phänomens finden) und den Ausstellungsmitarbeitern diese Webseite auf ihrem Smartphone zeigen, dann erhalten sie ein Set Kornkreis-Postkarten gratis hinzu.
Im Laufe dieser Forschungen haben Klinkenbergh und Müller nun auch von den lebhaften Erinnerungen von Shirley Carson (Muter von Tim Carson) erfahren, deren Familie das legendäre East Field nahe Alton Barnes im Pewsey Valley schon seit Generationen bewirtschaftet, in dem einige der bekanntesten modernen Kornkreise entdeckt wurden (s. Abb. f.).
Einige Beispiele für Kornkreise im East Field nahe Alton Barnes: Das berühmte „Langpiktogramm“ von 1991, das viele vielleicht vom nicht weniger berühmten LP-Plattencover von Led Zeplin kennen; die 7er „Schneeflocke“, innerhalb der im Sommer 1998 mehr als 6.000 Quadratmeter Weizen niedergelegt war und die „DNA-Doppelhelix“ von 1996.
Copyright: George Wingfield (1991), Francine Blake (1998), Lucy Pringle, lucypringle.co.uk (1996)
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den tägichen, kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Im Gespräch mit Shirley Carson wurde den beiden Kornkreisforschern schnell deutlich, dass auch sie sich an Kornkreise zu ihrer Jugendzeit erinnert.
Das erste Ereignis, an das sich Carson erinnern kann, trug sich in den späten 1940er Jahren zu:
Diagramm auf der Grundlage der Zeugenbeschreibung.
Copyright: A. Müller
„Eines Tages kam mein Vater ganz aufgeregt von der Feldarbeit nach hause, weil er einen kreisrunden Ring niedergelegten Getreides in einem der Felder entdeckt hatte und sich nun darüber wunderte, wie dieser wohl entstanden sein könnte. Der Durchmesser dieses Ring war knapp 10 Meter und der niedergelegte Pfad maß etwa einen halben Meter Breite. Mein Vater war ein bodenständiger und rationaler Mann und erklärte den Ring deshalb schnell als das Werk einer Windhose, jene kleinen Wirbelwinde, die Staub und Stroh von den Landstraßen aufwirbeln. Damals dachte er noch, dass das eine ganz gut Erklärung für den Ring sei.“
Das zweite Ereignis trug sich in den frühen 1950er Jahren zu:
Diagramm auf der Grundlage der Zeugenbeschreibung.
Copyright: A. Müller
„Diese erste Erklärung wurde dann aber nur wenige Jahre später in Frage gestellt, als mein Vater einen weitren Kornkreis, nun in Form von zwei konzentrischen Ringen und von ähnlicher Größer als der Einzelring entdeckte Während hier der innere Ring sauber in eine Richtung (im oder gegen den Uhrzeigersinn) niedergelegt war, lag der Außenring in genau der entgegengesetzten Richtung nieder – und uns allen war bei diesem Anblick schnell klar, dass dieses nun nur noch schwer mit einem Wirbelwind erklärt werden konnte.
„Wir hatten damals keine Idee, was (diese Ringe) erzeugt haben konnte. Aber wir haben uns darüber auch nicht wirklich lange den Kopf zerbrochen. Für uns war es aber dennoch ein kleines Rätsel.“
„All das ereignete sich noch zu einer Zeit, als die Felder noch keine Traktorspuren aufwiesen. Das Zentrum dieser Ringe lag denn auch in beiden Fällen mitten im unbeschädigt stehenden Getreide. Obwohl beide Ringe nicht weit vom Feldrand entfernt lagen, war auch das für uns ein Rätsel.“
Beide Ereignisse ereigneten sich in Feldern auf zur linken Seite der Straße von Alton Barnes nach Lockeridge, zwischen New Town und dem Old Shaw Village, unterhalb des Furze Hill. Auch die hiesigen Felder sind für zahlreiche beeindruckende Beispiele „moderner“ Kornkreise bekannt (s. Abb. f.).
Kornkreise 1998 (l.) und 2001 am Furze Hill.
Copyright Steve Alexander, temporarytemples.co.uk (1998) / Andreas Müller (2001)
Während Shirley Carson selbst sich nur an die beiden geschilderten „Korn-Ringe“ erinnert, sind ihr zugleich keine ähnlichen Entdeckungen bekannt, von denen sie etwa von ihren Eltern und Großeltern gehört hätte. Auch erinnert sie sich an keine weiteren Kornkreise „…bis die Kornkreis-Sache dann in den 1980er Jahren wieder los ging“ und fügt abschließend hinzu: „Es kann natürlich sein, dass es hier dennoch weitere Kreise und Formationen gab. Aber zumindest ich weiß davon nichts.“
Während die Geschichte zunächst wie eine der vielen lebhaften Erinnerungen klingen mag, die Forscher immer wieder von Farmern erfahrend haben, so stellt gerade dieser Fall ein wichtiges Puzzleteilchen im Verständnis nicht nur des modernen sondern auch des historischen Kornkreisphänomens dar, das nicht nur Jahrzehnte, sondern sogar Jahrhunderte zurückverfolgt werden kann (…GreWi berichtete, s. u.a. folgende Links).
– Kornkreise anno 1678? – „The Mowing Devil“
– Fachzeitschrift Nature beschrieb Kornkreise bereits 1880
– Norwegische Kornkreise in den 1950er Jahren
Historische Kornkreise: Farmer erinnert sich an Kornkreise 1932
Während Kornkreisforscher bereits von früheren Kornkreisen in Wiltshire erfahren haben, die etwa in den 1920er Jahren im von Alton Barnes nur unweit gelegenen Devizes oder in den 1960er Jahren in den Feldern rund um Stonehenge entdeckt worden waren, waren derartig alte Berichte aus der Gegend rund um das East Field im Pewsey Valley noch nicht bekann, weshalb Forscher bislang davon ausgegangen waren, dass Kornkreise hier erst sein den frühen 1990ern bekannt waren (s. Abb.o.).
Mit Shirley Carsons Zeitzeugnis liegt jedoch eine Bestätigung dafür vor, dass es auch im „Mutterland der Kornkreise“ schon in den 1940er und -50er Jahren Kornkreise gegeben hatte. Diese Erkenntnis hat denn auch einige Konsequenzen:
– Wir wissen jetzt, dass Kornkreise rund um Alton Barnes schon in den 1940er und -50 Jahren erschienen. Also nahezu 40 Jahre bevor die ersten Beispiele des „modernen Phänomens“ hier entdeckt wurden und weltweit für Aufsehen und Interesse sorgten.
– Wir sehen auch eine geometrische Entwicklung zwischen den beiden von Mrs. Carson beschriebenen Exemplaren: Während schon ein Ring (also ein Kreispfad ohne niedergelegtes Zentrum) eine höhere geometrische Ordnung und Komplexität als ein vollständig niedergeleter Kreis darstellt, geht ein zusätzlicher und konzentrisch gelagerter und zudem noch in entgegengesetzer Richtung niedergelegter Außenring noch einen nächsten geometrischen Schritt weiter.
– Ebenso wichtig ist, dass „Dough & Dave“, die beiden Rentner, die für ihre fragwürdige Behauptung berühmt wurden, sie hätten das Kornkreisphänomen in den 1970er Jahren erfunden und seien seither für alle bis zu ihrem „coming out“ (1991) entdeckten Kornkreise verantwortlich gewesen, nie behauptet hatten, im Pewsey Valley aktiv gewesen zu sein. Zudem hatten sie erklärt, für ihre Kreise von den sogenannten „UFO-Nester“ inspiriert worden zu sein, die in den 1960er Jahren in Australien entdeckt worden waren – nicht aber von frühen Exemplaren in britischen Feldern.
Shirley Carsons Erinnerungen stellen diese Behauptungen über die Erfindung des englischen Kornkreisphänomens in Frage.
© grenzwissenschaft-aktuell.de