Einzigartiges Klima: Erste 3D-Beobachtung der Atmosphäre eines Exoplaneten

Copyright: ESO/M. Kornmesser
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München (Deutschland) – Erstmals ist es Astronominnen und Astronomen gelungen, mit Teleskopen durch die Atmosphäre eines Planeten außerhalb des Sonnensystems zu blicken und anhand dieser Daten eine 3D-Struktur der dortigen Atmosphäre zu kartieren.
Wie das Team um Julia Victoria Seidel, Forscherin an der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile, die auch am Lagrange-Labor des Observatoire de la Côte d’Azur in Frankreich forscht aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-025-08664-1) berichtet, gelang dies durch die Kombination aller vier Teleskope des „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO).
„Wie Science-Fiction“
Die Daten offenbaren starke Winde, die chemische Elemente wie Eisen und Titan transportieren und so komplexe Wettermuster in der Atmosphäre des Planeten erzeugen. Laut den Forschenden ebne diese Entdeckung den Weg für detaillierte Studien der chemischen Zusammensetzung und des Wetters ferner und fremder Welten.
„Die Atmosphäre dieses Planeten verhält sich auf eine Weise, die unser Verständnis der Wetterabläufe infrage stellt – nicht nur auf der Erde, sondern auf allen Planeten. Es fühlt sich an, wie etwas aus einem Science-Fiction-Film“, sagt Julia Victoria Seidel.

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Ferne heiße Welt
Bei dem Planeten „WASP-121b“, der auch als „Tylos“ bezeichnet wird, handelt es sich um einen ultraheißen Jupiter, einen Gasriesen, der seinen 900 Lichtjahre entfernt im Sternbild „Achterdeck des Schiffs“ gelegenen Mutterstern „WASP-121“ so nah umkreist, dass er für eine Umrundung seines Sterns gerade einmal 30 Erdenstunden benötigt. Zudem ist der Planeten an seinem Stern rotationsgebunden, weist diesem also immer (wie der Mond unserer Erde) die gleiche Seite zu. Entsprechend glühend heiß sind denn auch die Temperaturen auf diesem für uns bekanntes irdisches Leben viel zu heißen Welt.
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Anhand der Daten gelang es dem Team, eine dreidimensionale Karte der dreischichtigen Struktur der Atmosphäre von Tylos zu erstellen und haben dabei unterschiedliche Winde in separaten Schichten entdeckt. Es ist das erste Mal, dass Astronominnen und Astronomen die Atmosphäre eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems derart tiefgehend und detailliert untersuchen konnten.
„Unser Fund war eine Überraschung: Ein Jetstream wälzt Material um den Äquator des Planeten, während eine separate Strömung in den unteren Schichten der Atmosphäre Gas von der heißen Seite zur kühleren Seite transportiert. Ein solches Klima wurde noch nie auf einem Planeten beobachtet“, sagt Seidel. „Der beobachtete Jetstream erstreckt sich über die Hälfte des Planeten, nimmt an Geschwindigkeit zu und wirbelt die Atmosphäre hoch oben am Himmel heftig durcheinander, während er die heiße Seite von Tylos überquert. Selbst die stärksten Hurrikane im Sonnensystem wirken im Vergleich dazu ruhig.
Interessanterweise zeigten die Beobachtungen auch das Vorhandensein von Titan direkt unterhalb des Jetstreams, wie in einer Begleitstudie, die im Fachjournal „Astronomy and Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/202452405) veröffentlicht wurde, hervorgehoben wurde. Dies war eine weitere Überraschung, da frühere Beobachtungen des Planeten gezeigt hatten, dass dieses Element nicht vorhanden war, möglicherweise weil es tief in der Atmosphäre verborgen ist.
Zukünftige Beobchtungen auch von erdgroßen Planeten möglich
„Es ist wirklich verblüffend, dass wir in der Lage sind, Details wie die chemische Zusammensetzung und die Wettermuster eines Planeten in einer so großen Entfernung zu untersuchen“, sagt Bibiana Prinoth, Doktorandin an der Universität Lund, Schweden, und der ESO.
Während WASP-121b ein vergleichsweise leicht zu beobachtender Gasriese ist, braucht es für die Beobachtungen der Atmosphären kleinerer, erdähnlicher Planeten größere Teleskope. Schon bald können hierzu etwa das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO eingesetzt werden, das derzeit in der chilenischen Atacama-Wüste entsteht. „Das ELT wird die Erforschung der Atmosphären von Exoplaneten grundlegend verändern“, sagt Prinoth abschließend. „Diese Erfahrung gibt mir das Gefühl, dass wir kurz davorstehen, unglaubliche Dinge zu entdecken, von denen wir jetzt nur träumen können.“
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Recherchequelle: ESO
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