Neue Modellberechnungen zeigen, dass der Eispanzer des Saturnmondes Enceladus über dem darunter verborgenen Ozean am Südpol weniger als fünf Kilometer dick (blau) ist.
Copyright: LPG-CNRS-U. Nantes/U. Charles, Prague
Nantes (Frankreich) – Dass es unter der tiefgefrorenen Oberfläche des Saturnmondes Enceladus einen flüssigen Wasserozean gibt, in dem Wissenschaftler sogar auf außerirdisches Leben hoffen, gilt mittlerweile als nachgewiesen (…GreWi berichtete). Die Dicke des diesen Ozean abschirmenden Eispanzers könnte bislang allerdings falsch berechnet worden sein. Der potentielle Lebensraum auf Enceladus würde damit in deutlich nähere Reichweite für eine Erkundung und Suche nach dortigem Lebensformen rücken, als bislang gedacht.
Wie ein internationales Astronomenteam aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1002/2016GL068634) berichtet, zeigen Neuberechnungen bisheriger Modelle, dass Enceladus‘ Eiskruste über dem dortigen Südpol nur wenige Kilometer dick ist. Auch dieser Umstand lege nahe, dass es „im Innern des Saturntrabanten eine starke Wärmequelle und damit einen weiteren lebensförderlichen Faktor gibt“.
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Frühere Schätzungen gingen hingegen von einer durchschnittlichen Dicke von 30 bis 40 Kilometern am Südpol und bis zu 60 Kilometern entlang des Äquators aus. Diese Berechnungen konnten bislang allerdings noch nicht die Frage klären, ob sich der Enceladus-Ozean global oder nur teilweise ausdehnt. Erst die Entdeckung leichter Schwankungen in der Rotation des Mondes (…GreWi berichtete) legte zunächst eine deutlich dünnere Eiskruste von durchschnittlich 20 Kilometern Dicke nahe. Allerdings widersprachen diese Werte noch den Daten zur Gravitation und Topografie des Mondes.
Vor dem Hintergrund dieser Unstimmigkeiten schlagen die französischen, belgischen und tschechischen Astrophysiker nun ein neues Modell vor, in dem die obersten 200 Meter der Eisdecke wie eine elastische Kruste wirken. Demnach besteht Enceladus aus einem felsigen Kern mit einem Radius von 185 Kilometern und einem darüberliegenden 45 Kilometer tiefen Ozean, der von einer durchschnittlich 20 Kilometer dicken Eisschicht isoliert wird, die jedoch über dem Südpol weniger als 5 Kilometer dick ist. Somit würde der verborgene Ozean rund 40 Prozent des Gesamtvolumens von Enceladus ausmachen, während sein Salzgehalt dem der irdischen Meere gleicht.
Die neuen Werte legen nun aber auch eine neue Vorstellung des Energiehaushalts von Enceladus nahe: „Eine dünnere Eisschicht isoliert weniger Wärme. Die Gezeitenkräfte von Saturn reichen damit nicht mehr aus, um alleine die gewaltigen Risse im Eispanzer am Südpol und den mit diesen einhergehenden Wärmefluss zu erklären“, erläutern die Forscher.
Stattdessen vermuten die Wissenschaftler, dass es tief im Innern von Enceladus eine starke Wärmequelle gibt, die möglicherweise hydrothermale Schlote am Ozeanboden befeuert.
Da auch schon komplexe organische Moleküle in den Eisfontänen aus dem Südpol des Saturnmondes Nachgewiesen wurden, spreche alles dafür, dass im Enceladus-Ozean die Bedingungen für die Entstehung von Leben gegeben sind, attestieren die Forscher abschließend. Hinzu vereinfache die nun neu ermittelte deutlich geringere Dicke des Eispanzers über dem Südpol eine Erforschung und Beprobung des darunter verborgenen Ozeans ungemein.
Zuvor schon hatten französische Wissenschaftler gezeigt, dass ein Enceldaus-Ozean hier schon seit Millionen von Jahren gedeihen und sich entwickelt haben könnte (…GreWi berichtete).
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