Colorado (USA) – Auf dem Zwergplaneten Pluto haben US-Wissenschaftler mehrere große Eisvulkane entdeckt, deren Merkmale auf ein vergleichsweise junges Alter der Strukturen hindeuten. Das wiederum könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Innere des einst neunten Planeten aktiver und wärmer ist als bislang gedacht und das sich dichter als bislang gedacht unter der eisigen Oberfläche auch heute noch ein flüssiger Wasserozean befindet – in dem es dann sogar Leben geben könnte.
Wie das Team um die NASA-Projektwissenschaftlerin Dr. Kelsi Singer vom Southwest Research Institute (SwRI) aktuell im Fachjournal “Nature Communications” (DOI: 10.1038/s41467-022-29056-3) berichtet, finden sich in einer Großregion südwestlich der hellen herzförmigen Region mit der Bezeichnung Sputnik Planitia zahlreiche Kuppeln als Folge von langsamem Kryovulkanismus – also zäh fließend austretenden, vermutlich schlammigen Eisvulkanen.
Die Vulkankuppeln sind 1-7 Kilometer hoch und breiten sich von 30 bis zu 100 Kilometern über das Gelände aus, bilden dabei teilweise komplexe und für solche Vulkane charakteristische Strukturen wie etwa miteinander verbundene Hügel und Täler.
Der Umstand, dass sich in dieser Region keine Einschlagkrater finden, wie sie die sonstige Oberfläche des Zwergplaneten prägen, spricht dafür, dass die das Gelände derart geformten Ausflüsse geologisch jüngeren Datums sind, auch weiterhin Material nachfließt und die Landschaft zu auffüllt und formt.
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Auch wenn das Eismaterial aufgrund der niedrigen Temperaturen und atmosphärischen Druckverhältnisse an der Pluto-Oberfläche unmittelbar zu Eis gefriert, muss es für den Vorgang des Kryovulkanismus einen Mechanismus im Inneren des Zwergplaneten geben, der diesen genügend erwärmt, um Wasser durch die Vulkane an die Oberfläche zu befördern. EIne derartige Form des Kryovulkanismus fürfte im gesamten Sonnensytem einzigartig sein.
„Pluto scheint also bis in geologisch jüngste Vergangenheit Wärme im Inneren aufrecht erhalten zu haben, wie wir dies bislang nicht für möglich hielten“, schlussfolgern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Kryovulkanische Flüsse wie jene, die derart große Strukturen erzeugen können, könnten entweder wie Zahnpaste in Form fester Gletscher austreten oder aber die gefrorenen Eiskappen von vergleichsweise dicht unter der Oberfläche befindlichem flüssigen Material darstellen, das sogar heute noch fließt.“
Sollte sich unter der eisigen Oberfläche bis heute ein flüssiger Ozean bewahrt haben, müssten einige bislang bekannt geglaubte Prozesse der Planetenentstehung und -entwicklung neu gedacht werden, so die Forschenden. Zugleich würde sich durch die Kombination einer dafür notwendigen inneren Wärmequelle auch die Frage nach der Lebensfreundlichkeit eines solches unterirdischen Ozeans stellen. „Organismen, die in einer solchen Umgebung gedeihen müssten, wären vor viele Herausforderungen gestellt”, gibt Singer gegenüber CNN zu bedenken. „Sie bräuchten beispielsweise eine Nährstoffquelle. Zudem deutet einiges darauf hin, dass die Eisvulkane nur periodisch ausfließen, ihre Aktivität also variabel ist. Wenn dies auch für das angenommene Wasser und dessen Wärme gilt, wäre auch das für Leben (wie wir es kennen) schwierig.”
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Recherchequelle: SwRI
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