Elefanten rufen einander beim Namen
Fort Collins (USA) – In einer aktuellen Studie zeigen Verhaltensforscher, dass sich afrikanische Elefanten mit Lauten „anrufen“, die in ihrer Bedeutung menschlichen Namen gleichen. Auf die gleiche Art und Weise ist es den Forschenden auch gelungen, die Tiere zu rufen.
Wie das Team um Michael Pardo von der Colorado State University (CSU) aktuell im Fachjournal “Nature Ecology and Evolution“ (DOI: 10.1038/s41559-024-02420-w) berichtet, gelang ihnen die Beobachtung im Rahmen der Projekte “Save the Elephants“ und “ElephantVoices“ mithilfe von KI-gestützten Systemen.
In ihrer Studie zeigen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, dass die Laute der Elefanten im Samburu-Nationalreservat und im Amboseli-Nationalpark in Kenia namensähnliche Komponenten beinhalten, anhand derer einzelne Individuen sozusagen angesprochen werden können und die Empfänger darauf auch entsprechend reagieren. Selbst als die Forschenden diese aufgezeichneten Namenlaute abspielten reagierten die so angesprochenen Tiere durch einen „Rückruf“.
Hintergrund
Elefanten sind gesprächig und kommunizieren miteinander nicht nur visuell, olfaktorisch und taktil, sondern auch vokal. Ihre Rufe übermitteln viele Informationen, darunter die Identität des Anrufers, das Alter, das Geschlecht, den emotionalen Zustand und den Verhaltenskontext.Die Vokalisierungen – vom Trompeten bis zum leisen Brummen ihrer Stimmritzen – erstrecken sich über ein breites Frequenzspektrum, einschließlich Infraschallwellen unterhalb der hörbaren Reichweite des menschlichen Ohres. Elefanten können Gruppenbewegungen über weite Entfernungen koordinieren, indem sie diese Rufe verwenden.
„Bislang war bekannt, dass Delfine und Papageien einander sozusagen beim Namen rufen, in dem sie die Signatur des angesprochenen Gegenüber imitieren”, erläutert Pardo. „Im Gegensatz dazu legen unsere Daten nun jedoch nahe, dass Elefanten nicht einfach nur durch Nachahmung auf den Ruf eines anderen Artgenossen reagieren, sondern sich ähnlich wie wir Menschen individuell benennen und so ansprechen.“
Die Fähigkeit, auch neue Laute erlernen zu können, ist bei Tieren eher ungewöhnlich, aber eine Voraussetzung dafür unterschiedliche Individuen anhand eines Namens identifizieren zu können.
„Die willkürliche Kommunikation – bei der ein Klang eine Idee repräsentiert, sie jedoch nicht imitiert – erweitert die Kommunikationsfähigkeit erheblich und wird als eine kognitive Fähigkeit der nächsten Stufe angesehen“, kommentiert der Mitautor der Studie Professor George Wittemyer. „Wenn alles, was wir tun könnten, Geräusche wären, die so klingen wie das, worüber wir sprechen, würde dies unsere Fähigkeit, zu kommunizieren, erheblich einschränken.“ Stattdessen lege das Verwenden willkürlicher Kommunikation nahe, dass Elefanten zum abstrakten Denken in der Lage sind.
Obwohl sich die Evolution von Elefanten und Menschen vor vielen Millionen Jahren trennte, haben beide Arten ein komplexes Sozialverhalten entwickelt und sind hochkommunikativ. Ähnlich wie Menschen, so haben und pflegen auch Elefanten Familienverbände, soziale Gruppen und größere Clan-Strukturen, die mit den komplexen menschlichen sozialen Netzwerken vergleichbar sind.
Die Forschenden um Pardo schlagen vor, dass ähnliche Bedürfnisse wahrscheinlich die Entwicklung willkürlicher vokaler Bezeichnungen – die Benennung anderer Individuen mit abstrakten Klängen bzw. Namen – in beiden Arten befördert haben.
„Das ist eine der spannenden Erkenntnisse dieser Studie, sie gibt uns Einblick in mögliche Treiber dafür, warum wir diese Fähigkeiten entwickelt haben.“
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„Unsere Beobachtung, dass Elefanten nicht einfach nur den Klang nachahmen, der mit dem Individuum verbunden ist, das sie rufen, war die faszinierendste Feststellung unserer Studie“, erläutert Kurt Fristrup, ein Forschungswissenschaftler am Walter Scott, Jr. College of Engineering der CSU. „Die Fähigkeit, willkürliche klangliche Bezeichnungen für andere Individuen zu verwenden, legt nahe, dass auch andere Arten von Bezeichnungen oder Beschreibungen in Elefantenrufen existieren könnten.“
Trotz der erfolgreichen namentlichen Ansprache, würden noch viel mehr Daten benötigt, um eines Tages vielleicht einmal mit Elefanten sprechen zu können. Hierzu müssten die Namen zudem innerhalb der Rufe isoliert werden und festzustellen, ob Elefanten auch andere Dinge benennen, mit denen sie interagieren, wie beispielsweise Nahrung, Wasser und entsprechende Orte.
„Obwohl eine Unterhaltung mit den Dickhäutern bislang also noch ein ferner Traum bleibt, könnte die Fähigkeit, mit ihnen zu kommunizieren, auch ein Gamechanger für ihren Schutz sein könnte.“
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Recherchequelle: Colorado State University
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