Washington (USA) – Die Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums DARPA fördert die weitere Untersuchung der gemessenen Schubentwicklung des sog. EmDrives, einem Antrieb, der keinen konventionellen Treibstoff benötigen soll, mit 1,3 Millionen US-Dollar.
Während Photonen-Antriebe, Sonnen- und Lichtsegel zu leistungsschwach sind, um mit größeren Nutzlasten die uns nächstgelegenen Planetensysteme innerhalb einer Generation zu erreichen, stehen alternative Antriebe, die keine klassischen Treibstoffe benötigen, bei vielen Naturwissenschaftlern im Ruf eines pseudowissenschaftlichen Perpetuum mobile und werden – trotz ermutigender erster Testergebnisse in wissenschaftlichen Laboren – oft tabuisiert.
Hintergrund
Der EmDrive funktioniert (wenn überhaupt) vermutlich wie folgt: In einen Kupferkegel werden Mikrowellen eingegeben, die – wie auch andere Formen elektromagnetischer Strahlung – einen geringen Druck abgeben. Durch die Kegelform könnte dieser Druck am größeren Ende des Kegels stärker sein als am kleineren Ende, wodurch es zu einer Schubentwicklung kommen könnte. Bei genügend eingegebener Mikrowellenstrahlung könnte ein solches System dann im Großmaßstab nicht nur nutzbaren Schub entwickeln, sondern vermutlich auch die Antriebstechnologie im Allgemeinen aber vor allem die Raumfahrt revolutionieren. Forscher haben errechnet, dass – eine tatsächliche Schubentwicklung vorausgesetzt – könnte etwa eine Reise zum Rand unseres Sonnensystems auf wenige Monate im Vergleich zu den derzeit noch notwendigen Jahrzehnten reduziert werden.Beim “EmDrive” (ElectroMagnetic Drive), handelt es sich um das Konzept des britischen Wissenschaftlers und ehemaligen EADS-Atrium-Ingenieurs Dr. Roger Shawyer, das elektrische Energie mittels Mikrowellen in Schubkraft umwandeln soll – ohne dabei allerdings ein klassisches Treibmittel zu benötigen.
Trotz der Behauptungen chinesischer Forscher, das Konzept bereits erfolgreich getestet zu haben, verbannen die meisten westlichen Wissenschaftler den “EmDrive” ins Reich der Phantasie und Pseudowissenschaft – da es schließlich dem physikalischen Impulserhaltungsgesetz widerspreche. 2014 hat jedoch selbst die NASA das Konzept überprüft und in einem Fachartikel ebenfalls bestätigt, dass der Antrieb “prinzipiell tatsächlich funktioniert” (…GreWi berichtete).Da der “EmDrive” ohne Treibstoff auskommt und die notwendigen Mikrowellen mittels Solarenergie erzeugt werden können, könnte der Antrieb völlig neue Wege und Möglichkeiten der Raumfahrt aufzeigen, da das Konzept “eine (Antriebs-)Kraft erzeugt, die keinem klassischen elektromagnetischen Phänomen zugeschrieben werden könne“.
Der Antrieb bediene sich dabei möglicherweise subatomarer Teilchen, so die Vermutung von NASA-Wissenschaftlern. Andere Forscher, wie auch der Erfinder des EmDrive selbst, vermuten hinter dem auf den ersten Blick an das Konzept eines Perpetuum mobile erinnernden Antrieb einen Effekt der speziellen Relativitätstheorie (SRT).
Bislang beläuft sich der angeblich gemessene Schub noch im Bereich von Mikronewton und ist damit tatsächlich derart gering, dass die beteiligten Wissenschaftler alles daran setzten, auch unvorhergesehene Effekte und Phänomene als falsche Schubmessung auszuschließen.
Neben NASA und Pentagon untersuchen derzeit auch Wissenschaftler der TU Dresden unter anderem den EmDrive und wollen – nach einem ersten Zwischenstandsbericht (…GreWi berichtete) – im kommenden Jahr die Ergebnisse dieser Untersuchungen präsentieren. Im Gegensatz dazu, was zahlreiche Medien jedoch über die Untersuchungen in Dresden berichteten, sei es nicht richtig, dass man zu dem Schluss gekommen sei, dass der EmDrive nicht funktioniere, so der Studienleiter Prof. Martin Tajmar gegenüber Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi): „Um unsere bisherigen Beobachtungen zu untermauern, werden wir das komplette Triebwerk magnetisch abschirmen und auch die Leistung auf ein ähnliches Level wie die NASA bringen. Zusätzlich werden wir mehrere Geometrien und Frequenzbereiche vermessen. Das wird noch ein Jahr dauern. Danach sollte feststehen, ob der EMDrive funktioniert oder nicht. Unsere Arbeit ist bis jetzt ‚work-in-progress‘.“
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Laut dem Erfinder des EmDrives, dem Ingenieur Dr. Roger Shawyer, habe die „Defense Advanced Research Projects Agency“ (DARPA) ihn schon 2008 zu einem Treffen im National Security Space Office des Pentagon gebeten und laut dem ehemaligen DARPA-Programm-Manager Jess Sponable, der u.a. für das „XS-1 Spaceplane“-Projekt verantwortlich war, habe man seither dort das Interesse an dem „unmöglichen Antrieb“ nicht verloren und diesen schon vor den Chinesen untersucht, berichtet die aktuelle Ausgabe des US-Magazins „Popular Mechanics“. Auch glaube er, dass das Interesse am EmDrive durchaus begründet sein könnte.
„Wenn wir uns die Vielzahl der bisherigen (Anm. GreWi: meist tendenziell postiven) Ergebnisse zum EmDrive und anderen exotischen Antriebsformen anschauen, so sollte DARPA angemessene Forschungsgelder investieren, um diese Behauptungen experimentell weiter zu untersuchen“, so Sponable. „Allerdings nur dann, wenn es auch bereits glaubhafte experimentelle Beweise dazu gibt.“ Man müsse schneller sein als potentielle Konkurrenten, so der Wissenschaftler, um einen weiteren „Sputnik-Moment“ zu verhindern. Dies gelte auch dann, wenn die zugrundeliegende Wissenschaft noch unklar sei und in Frage gestellt werde. „Wenn DARPA dies nicht tut, und die Ergebnisse veröffentlicht – ganz egal, ob diese positiv oder negativ ausfallen – wer sollte es dann innerhalb der US-Regierung tun?“, so Sponable weiter.
Aktuell stehe Shawyer mit dem derzeitigen DARPA-Manager Mike Fiddy in Kontakt, um die Phänomene hinter der möglichen Schubentwicklung des EmDrive besser zu verstehen. Auch Fiddy bestätigte gegenüber dem Magazin, dass schon zuvor Untersuchungen des EmDrive finanziert wurden, man aber mit dem neuen Anlauf neue Wege gehen wolle.
Hierzu stünden 1,3 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um damit Theorien zur Physik hinter dem EmDrive zu verstehen und zu entwickeln und darauf basierende Experimente zu erarbeiten. „Wenn es tatsächlich eine Schubentwicklung gibt und wir deren Physik verstehen, wäre das ein wirklicher Game-Changer“, so Fiddy gegenüber „Popular Mechanics. „Denn wenn wir diesen Schub verstehen, können wir ihn auch verstärken.“
Neben den bislang getesteten Mikrowellen, wollen die DARPA-Wissenschaftler auch andere elektromagnetische Wellen im EmDrive testen und auch Shawyer selbst sieht keinen Grund, warum sein Antrieb nicht auch sogar mit Licht, also optischen Frequenzen, funktionieren sollte.
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