Proxima Centauri: Erdgroßer Planet in lebensfreundlicher Zone um nächstgelegenen Stern gefunden
Künstlerische Darstellung des den roten Zwergstern Proxima Centauri umkreisenden Planeten Proxima b (Illu.).
Copyright: ESO/M. Kornmesser
Garching (Deutschland) – Auf einer Pressekonferenz haben Astronomen der Europäischen Südsternwarte ESO die Entdeckung eines nahezu erdgroßen Felsplaneten bekannt gegeben, der den unserer Sonne nächstgelegen Stern, Proxima Centauri, innerhalb dessen habitabler Zone umkreist. Auf der Oberfläche des Planeten könnte also flüssiges Wasser – und damit die Grundlage zumindest des irdischen Lebens – geben. Und das gerade einmal vier Lichtjahre von der Erde entfernt. Zurecht spricht die ESO von einer „epochalen Entdeckung“.
Entdeckt wurde der Planet mit der Bezeichnung „Proxima Centauri b“ (kurz: Proxima b) im Rahmen der Beobachtungskampagne „Pale Red Dot„, das genau nach eindeutigen Hinweisen für einem solchen Planeten gesucht hatte (…GreWi berichtete).
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Wie das Team unter der Leitung von Dr. Guillem Anglada-Escudé von der Queen Mary University in London in der morgigen Ausgabe des Fachjournals „Nature“ (DOI: 10.1038/nature19106) berichten, umkreist der Felsplanet seinen kühlen, roten Mutterstern alle 11 Tage und besitzt etwas mehr Masse als unsere Erde. Gemeinsam mit seinen gemäßigten Oberflächetemperaturen handelt es sich somit um den unser erde und dem Sonnensystem nächstgelegenen extrasolaren Planeten (Exoplaneten) und „vielleicht ist er sogar der nächste Ort außerhalb unseres Sonnensystems, wo Leben existieren kann“, so die Wissenschaftler auf der ESO-Pressekonferenz.
Das System Proxima Centauri mit dem jetzt entdeckten Planeten „Proxima b“ im grafischen Vergleich zu unserem Sonnensystem (Illu.). Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.
Copyright: ESO/M. Kornmesser/G. Coleman
Der Rote Zwerg Proxima Centauri selbst liegt gerade einmal vier Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt im Sternbild Centaurus. Sein Licht ist allerdings zu schwach, um mit bloßem Auge sichtbar zu sein. Zudem liegt er so nah an dem viel helleren Sternpaar Alpha Centauri A und B, dass dessen Licht das von Proxima überstrahlt
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„Während der ersten Jahreshälfte 2016 wurde Proxima Centauri regelmäßig mit dem HARPS-Spektrografen am 3,6-Meter-Teleskop der ESO auf La Silla und gleichzeitig mit anderen Teleskopen rund um den Globus beobachtet“, erläutert die ESO-Pressemitteilung die Pale-Red-Dot-Kampagne.
Guillem Anglada-Escudé erklärt den Hintergrund dieser außergewöhnlichen Suche: „Die ersten Hinweise auf einen möglichen Planeten wurden bereits 2013 entdeckt, aber die Ergebnisse waren nicht überzeugend. Seither haben wir mit Hilfe der ESO und anderen Partnern hart daran gearbeitet, weitere Beobachtungen durchführen zu können. Die Planung für unser nun durchgeführtes Red Pale Rot-Projekt dauerte fast zwei Jahre.“
Die ESO-Astronomen Dr. S. Pete Worden, Dr. Guillem Anglada-Escudé, Dr. Pedro J. Amado and Prof. Dr. Ansgar Reiners.
Copyright: ESO/M. Zamani
Jetzt haben die Forscher die Daten des Pale Red Dot-Projekts mit früheren Beobachtungen von der ESO und anderen Observatorien kombiniert. Auf diese Weise gelang es, „ein klares Signal – und überaus spannendes Ergebnis“ erhalten: „Proxima Centauri bewegt sich regelmäßig mit etwa 5 Kilometer pro Stunde – normale Gehgeschwindigkeit – auf uns zu und wieder von uns weg. Dieses regelmäßige Muster der wechselnden Radialgeschwindigkeiten wiederholt sich mit einer Periode von 11,2 Tagen. Eine sorgfältige Analyse der Dopplerverschiebung im Spektrum des Sternes weist auf die Anwesenheit eines Planeten mit einer Mindestmasse von 1,3 Erdmassen in einer Entfernung von 7 Millionen Kilometern von Proxima Centauri hin – nur 5% des Abstands Erde-Sonne.“
Obwohl der Planet seinen Stern viel näher als Merkur in unserem Sonnensystem die Sonne umkreist, ist er viel schwächer als diese. „Aus diesem Grund liegt Proxima b gut innerhalb der habitablen Zone seines Muttersterns“, so die Forscher. Schätzungen seiner Oberflächentemperatur nach wäre das Vorhandensein von flüssigem Wasser möglich. Allerdings werden die Bedingungen an seiner Oberfläche stark von Ausbrüchen des Sterns im ultravioletten und Röntgenbereich beeinflusst – in viel stärkerem Ausmaß als die Erde es von der Sonne erfährt“.
Die Abbildung zeigt für die erste Jahreshälfte von 2016, wie sich Proxima Centauri von der Erde weg bzw. auf sie zu bewegt.
Copyright: ESO/G. Anglada-Escudé
In zwei weiteren Fachartikeln diskutieren Wissenschaftler hinzu die Lebensfreundlichkeit und das Klima auf Proxima b. Darin kommen die Autoren zu dem Schluss, dass das Vorhandensein von flüssigem Wasser derzeit nicht ausgeschlossen werden kann: „In einem solchen Fall würde es nur in Regionen mit starker Sonneneinstrahlung vorkommen, entweder in einem Teil der Hemisphäre des Planeten, die ständig dem Stern zugewandt ist (gebundene Rotation) oder in einem tropischen Gürtel (Rotation mit 3:2-Resonanz). Die Eigenrotation von Proxima b, die starke Strahlung von seinem Mutterstern und die Entstehungsgeschichte des Planeten führen zu einem verglichen mit der Erde deutlich anderen Klima. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass es auf Proxima b Jahreszeiten gibt.“
Die folgenden beiden Videos zeigen numerische Simulationen möglicher Temperaturen auf Proxima b:
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Ihre Entdeckung bezeichnen die Wissenschaftler als den Beginn von einer Reihe weiterer Beobachtungen mit aktuellen Instrumenten und mit der nächsten Generation von extrem großen Teleskopen wie des European Extremely Large Telescope (E-ELT): „Proxima b wird in der Zukunft eines der wichtigsten Ziele für die Suche nach Leben im Universum sein.“
Darüber hinaus gibt es schon jetzt mit dem „StarShot“-Projekt Pläne, die Centauri-Systeme mit irdischen Raumfahrzeugen anzufliegen. Diese könnten sogar schon innerhalb von 20 Jahren das System um Proxima erreichen (…GreWi berichtete). Die aktuelle Entdeckung dürfte die weitere Umsetzung entsprechender Missionen ebenso beflügeln wie beschleunigen.
Abschließend erklärt Anglada-Escudé: „Viele Exoplaneten wurden bisher gefunden und viele weitere werden in der Zukunft entdeckt werden, aber die Suche nach dem potentiell nächsten erdähnlichen Planeten war für uns alle eine einzigartige Erfahrung in unserem Leben. Es sind die Anstrengung vieler, die diese Entdeckung erst möglich machten. Ihnen allen sei Tribut und Ehre gezollt. Die Suche nach Leben auf Proxima b ist der nächste Schritt…“
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