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Erklären 3.200 Jahre alte Hieroglyphen das Ende der Bronzezeit im östlichen Mittelmeer?


Im Fries von Beyköy lies Kupanta-Kurunta, der Großkönig von Mira, von den Überfällen einer Flotte der vereinten Königreiche Westkleinasiens auf die Küsten des östlichen Mittelmeers berichten.

Copyright: LuwianStudies.org

Zürich (Schweiz) – Die sogenannte Invasion der Seevölker und der Niedergang von Staaten und Kulturen im Mittelmeerraum zum Ende der Bronzezeit gilt als eines der großen Rätsel der Archäologie. Der Geoarchäologe Dr. Eberhard Zangger glaubt schon länger die Antwort zu kennen und skizziert mit den Luwiern eine geheimnisvolle und von der Archäologie bislang vernachlässigte kleinasiatische Land- und Seemacht. Jetzt sieht sich der Archäologe durch die Wiederentdeckung der längsten luwischen Hieroglypheninschrift aus der Bronzezeit bestätigt – schildert diese doch den Einfall maraodierender „Seevölker“ ins östliche Mittelmeer. Allerdings widerspricht Zanggers Luwier-Theorie damit der bisherigen Lehrmeinung über die Gründe für das Ende der dortigen Großmächte. In seinem aktuellen Buch formuliert Zangger zugleich auch scharfe Kritik an der etablierten Archäologie, die aktiv Fortschritte und neue Erkenntnisgewinner be- und verhindere.

UPDATE 8. August 2018
Im direkten Austausch mit Dr. Eberhard Zannger hat dieser einige Sachkorrekturen zu dieser Meldung angemerkt, die natürlich umgehend im folgenden Text korrigiert übernommen. diese Korrekturen sind im folgenden Text ‚fett‘ hervorgehoben bzw. durchgestrichen.

UPDATE 15. März 2018
Aufzeichnungen aus dem Nachlass des 2012 gestorbenen britischen Archäologen James Mellhart enthüllen, dass der für seine Funde in Çatalhöyük und anderen Stätten Kleinasiens berühmte Forscher zahlreiche Dokumente, Hieroglyphen und angeblich prähistorische Wandmalereien selbst fabriziert – also gefälscht hat. Seine Fälschungen täuschten auch zahlreiche Forscherkollegen. Nach aktuellen Erkenntnissen hat Mellaart eine Art historischen Roman der bronzezeitlichen Geschichte Anatoliens komplett erfunden – den sogenannten «Beyköy Text», der sich angeblich auf Übersetzungen keilschriftlicher Dokumente gestützt haben soll. Dass die als Zeichnung vorliegende luwische Hieroglypheninschrift («Beyköy 2») aus Mellaarts Feder stammt, ist hingegen unwahrscheinlich. – Vollkommen unabhängig von Mellaarts Höhenflügen publizierte ab 1994 der Geoarchäologe Dr. Eberhard Zangger eine Theorie rund um das Volk der Luwier und den Niedergang von Staaten und Kulturen im Mittelmeerraum zum Ende der Bronzezeit, über die auch Grenzwissenschaft-Aktuell.de im vergangenen Herbst (2017) berichtet hatte. Einen ausführlichen Bericht und Kommentare von Dr. Zangger in der Sache finden Sie HIER

Den Grund für den Niedergang der bronzezeitlichen Kulturen im östlichen Mittelmeer sehen manche Archäologen in einer Kom­bi­na­ti­on aus Na­tur­ka­ta­stro­phen, Hun­gers­nö­ten und ei­nem Klimawandel während der Bronzezeit.

Allerdings berichten schon antike Historiker und Schriften, etwa aus der Regierungszeit Ramses III. im 12. Jahrhundert auch von den sogenannten „Seevölkern“, die nicht nur Ägypten sondern auch zahlreiche andere Staaten im östlichen Mittelmeer angegriffen und am Ende der Bronzezeit große Teile des östlichen Mittelmeerraumes verwüstet hatten.

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Hinter diesen Berichten über die Invasionen der „See- oder Fremdvölker“ sieht Zangger die antike Beschreibung einer Flotte aus dem Gebiet des heutigen Westanatoliens, die sich – heute als Luwier bezeichnet – als mehr oder weniger loser Verbund anatolischer Kö­nig­rei­che, bis zur ägyptischen Grenze vorkämpften und so zu das Ihrige zum Kollaps der angegriffenen Staaten und Kulturen beitrugen.

Laut James Mellaart sollen Bauern bereits 1878 in der Ortschaft Beyköy bei Afyonkarahisar im Westen der heutigen Türkei einen fast 30 Meter langen Kalksteinfries entdeckt haben, der die längste bekannte Hieroglyphen-Inschrift aus der Bronzezeit trug, später jedoch als Baumaterial für das Fundament einer Moschee diente. Zuvor soll es jedoch dem französischen Archäologen Georges Perrot Perrot gelungen sein, die Inschrift sorgfältig zu kopieren. Aus heutiger Sicht ist klar, dass Mellaart diese Forschungsgeschichte erfunden hat. Die Inschrift selbst enthält jedoch ein Zeichen, das erstmals in einer anderen vor wenigen Jahren bekannt gewordenen Inschrift auftaucht und daher nicht erfunden worden sein dürfte.

In seinem aktuell erschienen Buch „Die Luwier und der Trojanische Krieg – eine Entdeckungsgeschichte“ zeigt Zangger (der einigen auch durch seine Deutung von Troja als das sagenumwobene Atlantis bekannt sein dürfte) diese Hieroglypheninschrift erstmals und erläutert, wie diese „das Ende der Bronzezeit um ca. 1200 v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum erklärbar macht.“ Der Archäologe zeigt sich darin überzeugt, dass damit „eines der größten Rätsel der Mittelmeerarchäologie einer plausiblen Lösung zugeführt werden“ könnte.

2017 wurde eine Kopie der luwischen Hieroglypheninschrift im Besitz des 2012 verstorbenen Archäologen James Mellaart entdeckt und an Zangger für dessen Forschungsarbeiten im Rahmen seiner Stiftung für “Luwian Studies” übergeben.

Gemeinsam mit dem niederländischen Linguisten Dr. Fred Woudhuizen hat Zangger diese Arbeit erneut ausgewertet und das Ergebnis aktuell auch im Fachjournal „TALANTA – Proceedings of the Dutch Archaeological and Historical Society“ veröffentlicht.

Laut Zangger wurde die Inschrift von Kupanta-Kurunta, dem Großkönig des spätbronzezeitlichen kleinasiatischen Staates Mira in Auftrag gegeben. Dieser soll um 1190 v. Chr. seine Truppen gegen die östlichen Hetither entsandt, nach einem Erfolg an Land, die Soldaten mit Streitkräften aus Anatolien zu einer mächtigen Flotte vereint haben; die sodann zahlreiche Küstenstädte und Staaten im südlichen Kleinasien, des heutigen Syriens und Palästina überfielen und sogar bis zur ägyptischen Grenze vorgedrungen sein sollen.


Seeschlacht im Nildelta zwischen den Streitkräften von Ramses III. und den „Seevölkern“. Original und Umzeichnung eines Wandreliefs am Tempel von Medinet Habu.

Copyright: Gemeinfrei

Auf diese Weise sieht Zangger in den Luwiern einen Großteil der beschriebenen antiken Seevölker und deren Invasion als Mitgrund für den Niedergang und das Ende der bronzezeitlichen Kulturen im östlichen Mittelmeerraum.

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Auch der rätselhafte „Diskos von Phaistos“ laut Zangger luwische Schrift und Sprache darstellen

In seinem neuen Buch formuliert Dr. Zangger zugleich auch scharfe Kritik an der etablierten Archäologie und beschreibt beispielhaft acht Forscher, „die ab 1872 die Frühgeschichte Anatoliens erforschten und sich um die Frühgeschichte Kleinasiens verdient gemacht haben – trotz erbittertem Widerstand aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft“. Das Behindern von Fortschritten durch Kollegen will Zangger demnach auch während des Schreibens seines neuen Buches, als er auf unveröffentlichte Schriften aus dem Ende der Bronzezeit stieß, selbst erlebt haben.

„Rückblickend gelangen diesen Pionieren wichtige Durchbrüche, doch zu ihrer Zeit scheiterten sie allesamt am und im universitären System. Eifersüchtige Kollegen bezeichneten sie als Dilettanten, Phantasten, Fälscher, Betrüger oder auch Nazis – und hatten damit Erfolg. Inzwischen weiß man die Leistungen der vorgestellten Forscher besser zu schätzen. Vollständig rehabilitiert wurde jedoch bis heute keiner von ihnen.“

Als anschauliches Beispiel für seine Kritik erläutert der Autor die Fund- und Forschungsgeschichte der Funde von Beyköy: „Obschon die Dokumente seit langem bekannt waren und teils ab 1925, teils ab 1950 auch entziffert werden konnten, wurden sie bis heute nicht publiziert. Die Gründe dafür sind zahlreich. Entscheidend war möglicherweise ein Machtwort des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk, der eine Publikation der Texte als ’nicht im öffentlichen Interesse‘ abgelehnt haben soll. Atatürk hatte die Hethiter als Rollenmodell für den modernen türkischen Staat gewählt und war verständlicherweise nicht erfreut darüber, dass das hethitische Großreich am Ende der Bronzezeit offenbar von seinen Nachbarn im Westen besiegt worden war.“


Die Region, in der am Ende der Bronzezeit Luwisch gesprochen wurde, war viel größer als die Region, in der Hethitisch gesprochen wurde (nach Der Neue Pauly 2012).

Quelle: luwianstudies.org

Die luwische Hieroglypheninschrift war bereits 1989 auf einer internationalen Konferenz in Gent vorgestellt worden. Nachdem es dann jahrzehntelang still um das Fries geworden war, die Abschriften dann aber 2017 wiederentdeckt werden konnten, erging es Zangger selbst nicht viel anders als den Protagonisten seines Buchs: „Etablierte Koryphäen stellten sich einer Publikation der Inschrift in die Quere und drohten mit schwerwiegenden Konsequenzen, sollte es doch dazu kommen.“

– Ausführliche Informationen über Zanggers Theorie über die Luwier finden Sie auf der Internetseite der Stiftung für Luwian Studies

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Autor und Publizist
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(Kornkreisforscher)

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