Hsinchu (Taiwan) – Übereinstimmende Bahnabweichungen zahlreicher Objekte im äußeren Sonnensystem deuten auf die Existenz eines weiteren großen Felsplaneten im Sonnensystem hin. Direkt entdeckt und damit nachgewiesen wurde dieser dann neunte Planet bislang noch nicht. Nun berichten Astronomen erstmals von der Entdeckung möglicher astronomischer Hinweise auf „Planet Nine“.
Zeigt diese Aufnahme der AKARI-Infrarot-Himmelsdurchmusterung des Copyright: T.L.Phan et al., ArXiv.org 2025
Das Team um Terry Long Phan von der National Tsing Hua University in Taiwan hat seine Ergebnisse vorab auf ArXiv.org veröffentlicht. Die Forschenden haben in den Daten der beiden Infrarot-Himmelsdurchmusterungen IRAS und AKARI nach möglichen Kandidaten für den vorhergesagten neunten Planeten gesucht. Dabei orientierten sie sich an den bislang theoretisch ermittelten Eigenschaften des Planeten. Diese Eigenschaften – wie erwartete Helligkeit und Bewegung – wurden auf Basis einer angenommenen Masse, Distanz und Temperatur berechnet.
Zwischen den beiden Durchmusterungen liegen 23 Jahre – genug Zeit, um die erwartete Bewegung von Planet Neun am Himmel (~3 Bogenminuten pro Jahr) zu erkennen – so vorhanden.
Hintergrund
Jenseits der Umlaufbahn des Neptun liegt der Kuiper-Gürtel, der aus kleinen Körpern aus der Zeit der Entstehung unseres Sonnensystems besteht. Neptun und die Riesenplaneten beeinflussen gravitativ die Objekte im Kuiper-Gürtel und darüber hinaus, die gemeinsam als Trans-Neptunian Objects, also als transneptunische Objekte (TNOs) bekannt sind, und die die Sonne auf nahezu kreisförmigen Bahnen umkreisen.
Bahndiagramme von 9 transneptunischen Objekten, deren Bahn von Planet Nine beeinflusst sein könnte. Copyright: Tomruen (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0
Allerdings haben Astronomen einige mysteriöse Ausreißer entdeckt. Seit 2003 wurden rund 30 TNOs auf stark elliptischen Umlaufbahnen entdeckt: Sie heben sich von den anderen TNOs dadurch ab, dass sie im Durchschnitt die gleiche räumliche Orientierung haben. Diese Art von Clustering lässt sich nicht durch die bislang bekannte Architektur des Sonnensystems mit den acht bekannten Planeten erklären und führte zu verschiedenen Hypothesen, laut derer die ungewöhnlichen Bahnen durch die Existenz eines noch unbekannten neunten Planeten beeinflusst werden könnten.
Obwohl erstmals der Astronom Scott C. Sheppard die Idee von einem weiteren großen Planeten im Sonnensystem beschrieb, wurde die Theorie erst durch die Ausführungen dazu von Mike Brown und Konstantin Batygin bekannt. Auf der Grundlage neuster Berechnungen gehen Brown und Batygin davon aus, dass Planet Nine eine Masse von rund fünf Erdenmassen und eine Umlaufbahhalbachse nur von 400 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand Erde-Sonne) besitzt. (Zuvor waren davon ausgegangen, dass P9 etwa 10 Erdenmassen auf die Wage bringen könnte und die Sonne 20 mal weiter als Neptun umkreise, was eine Halbachse von etwa 700 AE entsprechen würde. Damit wäre der Planet nicht nur kleiner und der Sonne deutlich näher, sondern auch gleichzeitig heller als lange Zeit gedacht (…GreWi berichtete).
Wie die Astronomen um Phan weiter berichten, verglichen sie sodann Positionen und Helligkeiten zwischen den IRAS- und AKARI-Daten. Auf diese Weise identifizierten sie zunächst 13 mögliche Kandidatenpaare mit Winkeldistanzen, die auf heliozentrische Entfernungen von 500 bis 700 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand Erde-Sonne) und Massen von sieben bis 17 Erdmassen hindeuten.
Nach intensiver Prüfung – inklusive visueller Bildanalyse – kristallisierte sich ein besonders vielversprechendes Kandidatenpaar heraus. Die IRAS- und AKARI-Quellen wiesen die erwartete Winkeldistanz (zwischen 42 und 69,6 Bogenminuten) auf und wurden nicht an exakt derselben Position in beiden Durchmusterungen registriert. Eine Analyse der AKARI-Beobachtungswahrscheinlichkeit bestätigte zudem, dass es sich um ein langsam bewegendes Objekt handelt, mit zwei Detektionen an einem Datum und keinen sechs Monate zuvor.
AKARI-Ansichten des hoffnungsvollsten P-9-Kandidaten. Copyright: T.L.Phan et al., ArXiv.org 2025
Da sich jedoch alleine anhand der IRAS- und AKARI-Daten noch keine präzise Umlaufbahn bestimmen lässt, sind nun weitere Beobachtungen nötig, um den Kandidaten zu bestätigen und seine Bahn genauer zu bestimmen. Möglich wäre dies etwa mit dem DECam-Kamera-System, das schwache bewegliche Objekte in rund einer Stunde Belichtungszeit aufspüren kann.
Unterstützen Sie die tagliche journalistische Arbeit an GreWi
Wenn Sie GreWi unterstützen möchten, so können Sie dies am besten mit einem freiwiliigen GreWi-Unterstützer-Abo tun – und erhalten dafür auch noch themenbezogenen Gegenleistungen und nehmen an allen unseren Buch- und Filmverlosungen teil.