Esssay: Warum die Entdeckung von außerirdischem Leben unvermeidlich ist und möglicherweise unmittelbar bevorsteht

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Außerirdisches Leben – diese vertraute Vorstellung aus der Science-Fiction, diese kitschige Fantasie, dieser CGI-Albtraum ist zu einer Angelegenheit ernsthafter Diskussionen geworden, zu einem „Risikofaktor“, einem „Szenario“. Wie ereignete sich der Übergang vom Science-Fiction-Märchen „E.T.“ hin zu einem ernsthaften wissenschaftlichen Unterfangen, das von Makroökonomen modelliert, von Finanzkonservativen finanziert und von Theologen diskutiert wurde und wird? Tatsächlich ist nach einer Reihe bemerkenswerter Entdeckungen in den letzten zwei Jahrzehnten die Vorstellung von fremdem Leben nicht mehr so weit hergeholt, wie sie es früher noch schien. Jetzt scheint die Entdeckung außerirdischen Lebens unvermeidlich und möglicherweise unmittelbar bevorzustehen.
– Bei diesem Essay handelt es sich um ein Essay von Cathal D. O’Connell von der University of Melbourne und wurde unter der Creative Commons-Lizenz (CC BY ND 4.0) erstmals im englischsprachigen Original auf TheConversation.com veröffentlicht. Bei dem folgenden Text handelt es sich um eine Übersetzung dieses Textes durch Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) mit Verweis auf die Creative Commons-Lizenz, die von Autor nicht ausdrücklich autorisiert wurde.
Es ist nur Chemie
Während das Leben eine spezielle Art von komplexer Chemie ist, sind die beteiligten Elemente nichts Besonderes: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff usw. gehören zu den am häufigsten vorkommenden Elementen im Universum und komplexe organische Chemie ist überraschend häufig. Aminosäuren wurden, genau wie die, aus denen jedes Protein in unserem Körper besteht, in den Schweifen von Kometen gefunden und auch schon im Marsboden finden sich organische Verbindungen. Und 6.500 Lichtjahre entfernt schwebt eine riesige Wolke Weltraumalkohol zwischen den Sternen.
Bewohnbare Planeten scheinen ebenfalls verbreitet zu sein. Der erste Planet jenseits unseres Sonnensystems wurde erst 1995 entdeckt. Seitdem haben Astronomen Tausende katalogisiert. Basierend auf diesem Katalog haben Astronomen der University of California in Berkeley herausgefunden, dass es in den sogenannten „lebensfreundlichen Zonen“ um Stern bis zu 40 Milliarden erdgroße Exoplaneten geben könnte, auf denen die Temperaturen so gemäßigt sind, dass flüssiges Wasser an der Oberfläche existieren kann.
Es gibt sogar eine möglicherweise erdähnliche Welt, die schon unseren nächsten Nachbarstern, Proxima Centauri, umkreist. In nur vier Lichtjahren Entfernung könnte dieses System so nah sein, dass wir es bereits mit heutiger Technologie erreichen können. Mit dem u.a. von Stephen Hawking im Jahr 2016 initiierten Projekt „Breakthrough Starshot“ ist dies sogar schon in Planung.
Das Leben ist robust
Es scheint also fast unvermeidlich, dass da draußen anderes Leben ist, besonders wenn man bedenkt, wie schnell das Leben nach der Entstehung unseres Planeten auf der Erde erschien: Die ältesten Fossilien, die hier jemals gefunden wurden, sind 3,5 Milliarden Jahre alt, während Hinweise in unserer DNA darauf hindeuten, dass das Leben bereits vor 4 Milliarden Jahren begonnen haben könnte, als die riesigen Asteroiden aufhörten, auf die Oberfläche zu stürzen. Unser Planet war bewohnt, sobald er bewohnbar war – und die Definition von „bewohnbar“ (bzw. lebensfreundlich) hat sich auch als ein sehr flexibles Konzept erwiesen.
Das Leben gedeiht in nahezu allen uns bekannten Umgebungen, selbst in jenen, die uns höllisch erscheinen:
- Es schwimmt auf Schwefelsäureseen.
- Es gedeiht in Fässern mit Atommüll.
- Es findet sich in über 122 Grad heißem Wasser.
- und besiedelt das Ödland der Antarktis oder Gestein, fünf Kilometer unter der Erde.
Interessanterweise finden sich einige dieser Bedingungen auch an zahlreichen anderen Orten im Sonnensystem.
Aussichtsreiche Versprechen
Der Mars war einst warm und feucht und bot wahrscheinlich einen fruchtbaren Boden für das irdische Leben. Heute hat der Mars noch flüssiges Wasser unter seiner Oberfläche. Ein Gas, das stark mit dem Leben auf der Erde in Verbindung gebracht wird, Methan, wurde bereits in der Marsatmosphäre gefunden. Mars-Mikroben könnten schon 2021 entdeckt werden, wenn der der Rover der Mission-ExoMars „Rosalind Franklin“ mit einem zwei Meter langen Bohrer nach ihnen gräbt.
Neben Erde und Mars könnten mindestens zwei andere Orte in unserem Sonnensystem bewohnt sein. Jupiters Mond Europa und der Saturnmond Enceladus sind zwar beides gefrorene Eiswelten, aber die Schwerkraft ihrer gewaltigen Mutterplaneten reicht aus, um ihr Inneres aufzurühren und Wasser zu schmelzen, um so riesige subglaziale Meere zu erzeugen.
Im Jahr 2017 kamen Spezialisten für Meereseis von der Universität von Tasmanien zu dem Schluss, dass einige antarktische Mikroben auf diesen Welten möglicherweise überleben könnten. Sowohl Europa als auch Enceladus haben vermutlich Hydrothermalquellen am Grunde ihrer unter den Eispanzern verborgenen Ozeane. Diese finden wir auch auf der Erde und Wissenschaftler vermuten, dass genau hier das Leben entstanden sein könnte.
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Als eine NASA-Sonde im vergangenen Juni das aus Enceladus in den Weltraum gepresste Material analysierte, fand sie große organische Moleküle. Möglicherweise lebte etwas in der Gischt; lediglich die Sonde selbst hatte schlichtweg nicht die richtigen Instrumente an Bord, um diese zu erkennen. Der israelisch-russische Milliardär Juri Milner war von dieser Aussicht so begeistert, dass er zur Finanzierung einer Rückkehrmission beitragen möchte.
Eine zweite Genese?
Eine Entdeckung könnte die Welt der Biologie auf den Kopf stellen. Alles Leben auf der Erde ist verwandt und stammt letztendlich von der ersten lebenden Zelle ab, die vor etwa 4 Milliarden Jahren aufgetaucht ist. Bakterien, Pilze, Kakteen und Kakerlaken sind alle unsere Verwandten, und wir teilen alle die gleichen grundlegenden molekularen Mechanismen: DNA, die die RNA erzeugt, die wiederum die Protein bildet.
Eine zweite Art von Lebens könnte jedoch eine „zweite Genese“ darstellen – die Entstehung von Leben völlig unabhängig von jenem auf der Erde. Vielleicht würde dieses Leben ein anderes Kodierungssystem in seiner DNA verwenden. Oder es besitzt überhaupt keine DNA, sondern eine andere Methode zur Weitergabe genetischer Informationen.
Indem wir ein zweites Beispiel des Lebens studieren, könnten wir herausfinden, welche Teile der Maschinerie des Lebens universell sind und welche nur die besonderen „Unfälle in unserer Ursuppe“ darstellen. Vielleicht werden Aminosäuren immer als wesentliche Bausteine verwendet, vielleicht auch nicht…?
Wir könnten sogar in der Lage sein, einige universelle Gesetze der Biologie zu erarbeiten, wie wir es für die Physik getan haben – ganz zu schweigen von neuen Blickwinkeln auf die Frage nach dem Ursprung des Lebens selbst.

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Ein zweiter unabhängiger „Baum des Lebens“ würde bedeuten, dass das schnelle Erscheinen des Lebens auf der Erde kein Zufall war. Dann müsste das Leben im Universum im Überfluss vorhanden sein. Es würde zudem die Wahrscheinlichkeit erheblich steigern, dass es irgendwo unter diesen Milliarden lebensfreundlicher Planeten in unserer Galaxie auch etwas gibt, mit dem wir reden könnten.
Vielleicht ist das Leben ansteckend
Wenn andererseits die entdeckten Mikroben tatsächlich mit uns verwandt wären, hätte das eine Einschlagskraft einer anderen Art: Es würde bedeuten, dass das Leben sozusagen ansteckend ist.
Wenn ein großer Meteorit auf einen Planeten trifft, kann der Aufprall pulverisiertes Gestein direkt in den Weltraum schleudern und dieses Gestein kann dann als Meteorit auf andere Planeten stürzen.
Auf diese Weise ist das irdische Leben wahrscheinlich bereits auf andere Planeten gelangt – vielleicht sogar zu den Jupiter- und Saturnmonden. Zumindest die Reise dorthin könnten zahlreiche Mikroben gut überstehen.
Im Jahr 1969 brachten die Apollo 12-Astronauten eine alte Sonde mit zurück, die drei Jahre lang in extremer Kälte und Vakuum auf dem Mond verbracht hatte. Wie sich zeigte, befanden sich in ihrem Innern noch lebensfähige Bakterien.
Da der Mars wahrscheinlich schon vor der Erde lebensfreundlich war, entstand dort möglicherweise auch das Leben zuerst und könnte dann per Anhalter fuhr zu uns gelangt sein. Vielleicht sind wir also Marsianer?
Selbst wenn wir niemals ein anderes Leben in unserem Sonnensystem finden, könnten wir es auf einem von Tausenden bekannten Exoplaneten entdecken. Es ist bereits heute möglich, das durch einen Exoplaneten gefilterte Licht eines fernen Sterns zu betrachten und zu analysieren, um so etwas über die Zusammensetzung seiner Atmosphäre zu erfahren. Ein Überfluss an Sauerstoff könnte dann ein verräterisches Lebenszeichen sein.
Eine überprüfbare Hypothese
Das „James Webb-Weltraumteleskop“ (JWST), dessen Start im Jahr 2021 geplant ist, wird diese Messungen für einige der bereits entdeckten erdähnlichen Welten durchführen können. Nur wenige Jahre später werden weltraumgestützte Teleskope an den Start gehen, die diese Planeten direkt fotografieren werden.
Mit einem Trick, der der Sonnenblende in Ihrem Auto ähnelt, werden Weltraumteleskope Teleskope mit einer Art riesiger Sonnenschirme ausgestattet, die dem Teleskop in einer Entfernung von 50.000 Kilometern vorweg stationiert werden und sich so an genau der richtigen Stelle befinden, um das blendende Licht eines Sterns so zu blockieren, dass die ihn umkreisenden Planeten sichtbar werden.
Die Farbe und die Variabilität dieses Lichtpunkts könnten uns sagen, wie lange der Tag des Planeten dauert, ob er Jahreszeiten, Wolken, Ozeane hat und möglicherweise sogar die Farbe seiner Pflanzen verraten.
Die alte Frage „Sind wir allein?“ Hat sich von einer philosophischen Überlegung zu einer überprüfbaren Hypothese entwickelt. Wir sollten auf eine Antwort vorbereitet sein.
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© Cathal D. O’Connell / The Conversation.com