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Aus eins mach drei: Forschende entdecken extreme Regenerationsfähigkeiten bei Seescheiden

Die Seescheide Polycarpa mytiligera, besitzt extreme Regenrationsfähigkeiten. Copyright/Quelle: Tel Aviv University
Die Seescheide Polycarpa mytiligera, besitzt extreme Regenrationsfähigkeiten.
Copyright/Quelle: Tel Aviv University

Tel Aviv (Israel) – An der Küste des Roten Meeres haben israelische Biologen eine exreme Regenerationsfähigkeit an einer Seescheidenart entdeckt, durch die das Tier in der Lage ist, sämtliche Organe und Körperteile zu regenerieren – selbst wenn es in drei Fragmente zerlegt wird. Aus jedem Teil entstehen dann vollständig neue Körper.

Wie Prof. Noa Shenkar, Prof. Dorothee Huchon-Pupko und Tal Gordon von der Zoologischen Fakultät der Universität Tel Aviv aktuell im Fachjournal „Frontiers in Cell and Developmental Biology“ (DOI: 10.3389/fcell.2021.652466) berichten, handelt es sich um eine Seescheiden-Art, wie sie überall im Roten Meer vorkommen. Die Entdeckung sei deshalb so besonders, da es sich um ein Tier vom Stamm der sogenannten Chordatiere (Chordata), einem Unterstamm der Wirbeltiere (Vertebrata), handelt, die mit der sog. Chorda dorsalis als eine Art inneres Endoskelett mit mit Rückenmark verfügen, die auch als Urwirbelsäule bezeichnet wird. “Schlussendlich gehören auch wir Menschen zu dieser Form“, erklärt Prof. Shenka.

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„Die Fähigkeit, Organe zu regenerieren, ist im Tierreich weit verbreitet, und selbst unter Chrodatieren waren bereits zuvor Tiere bekannt, die Organe und Körperteile regenerieren können, beispielsweise der Gecko, der in der Lage ist, einen neuen Schwanz wachsen zu lassen – aber eben nicht ganze Körpersysteme“, erläutern die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. „Hier haben wir nun eine Chordata-Art gefunden, die dies genau dies kann, selbst dann, wenn sie in drei Teile unterteilt sind, wobei jedes Teil genau weiß, wie es innerhalb kurzer Zeit die Funktion aller fehlenden Körpersysteme wiedererlangen kann.“

Hintergrund
Es gibt Hunderte von Seescheide-Arten, die in allen Ozeanen und Meeren der Welt vorkommen. Jeder, der jemals unter Wasser die Augen geöffnet hat, hat sie vermutlich schon gesehen, ohne es zu wissen, da sie sich oft als Klumpen auf Felsen tarnen und daher schwer zu erkennen sind (s. Titelabbildung). Die aktuell untersuchte Art trägt die Bezeichnung „Polycarpa mytiligera“ und kommt in den Korallenriffen von Eilat sehr häufig vor.

Anatomischer Schnitt durch Polycarpa mytiligera (Grafik). Copyright/Quelle: Tel Aviv University
Anatomischer Schnitt durch Polycarpa mytiligera (Grafik).
Copyright/Quelle: Tel Aviv University

„Bislang galten Seescheiden als sehr einfache Organismus, verfügen sie doch über lediglich zwei Körperöffnungen: einem Eingang und einem Ausgang“, erläutert Tal Gordon und führt dazu weiter aus: „Im Körper befindet sich ein zentrales Organ, das einem Nudelsieb ähnelt. Die Seescheide saugt Wasser durch den Eintrittspunkt des Körpers an, das Sieb filtert die im Körper verbleibenden Speisereste und das saubere Wasser tritt durch den Austrittspunkt aus. Bei Wirbellosen werden sie aus evolutionärer Sicht als dem Menschen am nächsten angesehen.“

Obschon Seescheiden schon zuvor für ihre Regenerationsfähigkeit bekannt waren, nahm man bislang allerdings an, dass diese Fähigkeiten hauptsächlich der asexuellen Fortpflanzung diente. „Nie zuvor wurde bei einem Chrodatier, das sich nur durch sexuelle Fortpflanzung vermehrt, eine so hohe Regenerationsfähigkeit festgestellt“, versichern die Autoren. „Es gibt Arten von Seescheiden, die eine einfache Regeneration durchführen, um sich zu vermehren. Dies sind Arten mit einem kolonialen Lebensstil, bei denen viele identische Individuen miteinander verbunden sind. Sie replizieren sich, um zu wachsen. Im Gegensatz dazu ist Polycarpa mytiligera ein Organismus mit einem einsamen Lebensstil ohne die Fähigkeit zur asexuellen Fortpflanzung, ähnlich wie beim Menschen.“

In früheren Studien hatten die Forschenden bereits gezeigt, dass diese Art in der Lage ist, ihr Verdauungssystem und ihre Eintritts- und Austrittspunkte innerhalb weniger Tage zu regenerieren. „Dann Aber dann wollten wir sehen, ob sie in der Lage ist, alle Körpersysteme zu erneuern. Wir haben ein paar einzelne Exemplare aus Eilat genommen und sie in zwei Teile zerlegt, die dann tatsächlich die jeweils entfernten Abschnitte problemlos wieder auffüllen konnten.“ In einem anschließenden die Forschenden dann mehrere Dutzend Exemplare in je drei Fragmente zerlegt, wobei ein Teil des Körpers ohne Nervenzentrum, Herz und Teilen des Verdauungssystems zurückblieb: „Entgegen unseren Erwartungen überlebte nicht nur jeder Teil diese Dissektion für sich, sondern alle Organe wurden in jedem der drei Abschnitte regeneriert. Anstelle eines Tieres, gab es jetzt drei. Das ist sehr erstaunlich. Nie zuvor wurde eine solche Regenerationsfähigkeit bei einer einzelnen Spezies entdeckt, die sich überall auf der Welt eigentlich auf sexuellem Wege vermehrt.“

„Seit den Anfängen der Menschheit ist der Mensch fasziniert von der Fähigkeit, beschädigte oder fehlende Organe zu regenerieren“ fasst Prof. Shenkar abschließend zusammen. „Regeneration ist eine wunderbare Fähigkeit, die wir in sehr begrenztem Umfang haben, und wir möchten verstehen, wie sie funktioniert. Wer im Golf von Eilat taucht, kann diesen faszinierende Seescheidenart finden, die uns möglicherweise dabei helfen kann, Prozesse der Gewebserneuerung zu verstehen, die auch uns Menschen helfen könnte.“




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Quelle: Tel Aviv University

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Andreas Müller
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(Kornkreisforscher)

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