Aus der Vogelperspektive wird ersichtlich, dass sich die Feenkreise (s. Ausschnittsvergrößerung) homogen über die Landschaft verteilen.
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Leipzig (Deutschland) – Seit Jahrzehnten schon stellen die runden kahlen Flächen in den trockenen Grasländern der Namib-Wüste Wissenschaftler vor ein Rätsel. Während lange Zeit Termiten als Erklärung für die sogenannten Feenkreise bevorzugt wurden, stellen aktuelle Forschungsergebnisse diese Annahme zunehmend in Frage. Jetzt haben Forscher Feenkreise auch in Australien und damit erstmals außerhalb Afrikas entdeckt. Ein Vergleich der Phänomene miteinander scheint die neuste Theorie zu deren Entstehung zu bestätigen.
Wie Dr. Stephan Getzin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit israelischen und australischen Kollegen im Fachjournal „PNAS“ (DOI: 10.1073/pnas.1522130113) berichtet, haben sie die rätselhaften Feenkreise nun auch im menschenleeren Outback Australiens entdeckt und erklären: „Die dortigen Untersuchungen liefern auch neue Indizien dafür, dass solche Feenkreise bei Wassermangel durch eine Selbstorganisation der Pflanzen entstehen.“
Aufmerksam wurden die Forscher auf das Naturphänomen in Australien durch das Foto einer australischen Kollegin in Newman. „Diese hatte ihnen ein Luftbild aus der Umgebung der Stadt geschickt. Darauf waren Pflanzenformationen zu sehen, die den Feenkreisen, die sonst nur im südlichen Afrika zu finden sind, sehr ähnlich schienen.“
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Wie die Leipziger Forscher erläutern, gibt es in der Fachwelt verschiedene Theorien darüber, wie diese kahlen, oft von dichterem Gras gesäumten Kreise entstehen: „Einige Forscher haben dabei vor allem Termiten oder Ameisen in Verdacht. Diese Insekten sollen der Theorie zufolge an den Wurzeln der Gräser knabbern und sie dadurch zum Absterben bringen. Andere Wissenschaftler vermuten dagegen, dass unter den Kreisen Kohlenmonoxid als giftiges Gas aus dem Erdinneren aufsteigt und die Vegetation abtötet. Und eine dritte Fraktion geht davon aus, dass die kahlen Stellen unter bestimmten Bedingungen ganz von selbst entstehen. Am Übergang zwischen Wüste und Grasland reicht das Wasserangebot demnach nicht für eine geschlossene Vegetationsdecke aus. Also konkurrieren die einzelnen Gewächse um die kostbare Flüssigkeit und bilden dabei durch Selbstorganisation den charakteristischen, löchrigen Grasteppich.“
Schon seit einigen Jahren bevorzugt der Feenkreis-Experte Getzin die letztere Theorie. Vor allem Luftbilder von den entsprechenden Landschaften haben ihn davon überzeugt. Darauf hat er in früheren Studien die genaue Lage der kahlen Stellen analysiert: „Das Besondere an Feenkreisen ist, dass sie sich auch über größere Gebiete erstaunlich regelmäßig und homogen verteilen, aber nur innerhalb eines engen Niederschlagsbereichs“, so der Forscher.
Ein eben solches Muster, das an die sechseckige Struktur von Bienenwaben und die mehreckige von Hautzellen erinnert (…GreWi berichtete), kann seiner Ansicht nach am ehesten durch die Konkurrenz um Wasser entstehen. Diese Einschätzung haben er und seine Co-Autoren Hezi Yizhaq und Ehud Meron von der Ben-Gurion-Universität des Negev in Israel auch mit Computer-Simulationen bestätigt (…GreWi berichtete). „Lange hatten Ökologen die Selbstorganisation von Pflanzen in Trockengebieten nicht so recht wahrgenommen, da die theoretischen Grundlagen für diese Prozesse ursprünglich in der Physik zu finden sind“, sagt Stephan Getzin und verweist auf die langwierigen Vorarbeiten seiner beiden israelischen Kollegen. „Inzwischen aber wird immer klarer, wie wichtig dieser Prozess ist.“
Trotzdem waren zahlreiche Kollegen bislang skeptisch geblieben – schließlich sollte ein solcher Mechanismus ähnliche Strukturen auch in anderen Trockengebieten der Erde ergeben, da auch das Grasland Namibias keineswegs die einzige Region sei, in der Pflanzen um Wasser konkurrieren. Tatsächlich sei bekannt, dass Trockenheit auch anderenorts interessante Vegetationsmuster schaffe. „Nirgends aber schienen sich kahle Flecken in einer so regelmäßigen Sechseck-Struktur anzuordnen wie in Namibia.“
Ein großer Feenkreis mit einer harten Bodenschicht, die das Wachstum von Pflanzen verhindert. Australische Feenkreise haben im Schnitt Durchmesser von vier Metern, aber einige können auch größer als sieben Meter werden.
Copyright: Dr. Stephan Getzin
Umso elektrisierter war Stephan Getzin von dem Luftbild, das er 2014 aus Australien geschickt bekam, berichtet die UFZ-Pressemitteilung. Um das Phänomen genauer zu untersuchen, reiste Getzin gemeinsam mit seinem israelischen Kollegen Hezi Yizhaq nach Australien: „In vier Gebieten der kaum besiedelten Region haben die Wissenschaftler die kahlen Kreise vermessen, ihre Oberflächen-Temperaturen mit denen von bewachsenen Bereichen verglichen und die Spuren von Ameisen und Termiten kartiert. Sie haben beobachtet, wie an diesen Stellen das Wasser versickert und Bodenproben genommen, um sie später im Labor zu analysieren. Das alles haben sie mit Luftbild-Auswertungen, statistischen Analysen der Landschaftsmuster und Computersimulationen ergänzt.“ Das Ergebnis: Die Wissenschaftler sind sie sicher, dass es sich tatsächlich um echte Feenkreise handelt, die das gleiche Muster bilden wie ihre 10.000 Kilometer entfernten Pendants in Namibia.
Ihre Untersuchungen scheinen zudem die Theorie der Forscher zur Entstehung der Feenkreise zu bestätigen und gleichzeitig die Termiten-Erklärung zu widerlegen. Denn wo in Namibia in oder an den Feenkreisen meist zwei bis drei Termiten- oder Ameisenarten vorkommen und auf diese Weise Raum für Spekulation um einen Zusammenhang mit den Kreisen eröffnen, sei die Situation in Australien eindeutiger: „Dort haben wir in den Kreisen überwiegend keine Nester von ihnen gefunden und verborgene Sandtermiten wie in Namibia gibt es nicht in Australien“, berichtet Getzin.
„Die vorhandenen Nester haben ein komplett anderes Verteilungsmuster als die Feenkreise.“ Für ihn sei das ein deutlicher Hinweis darauf, dass die kahlen Flecken nicht durch tierische Aktivitäten, sondern durch die Selbstorganisation der Pflanzen entstehen. Dafür spreche auch, dass die in der Region dominierenden Gräser der Gattung Triodia in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Feenkreisen auch noch andere typische Trockenheitsmuster wie Streifen, Labyrinthe oder von kahlem Boden umgebene Einzelpflanzen bilden. „Insbesondere die Streifen- und Labyrinthmuster bilden sich bevorzugt auf harten Bodenoberflächen mit oberirdischem Wasserabfluss und sind vor allem bekannt von Gehölzen an Berghängen.“
Nach ihren Untersuchungen vor Ort haben die Forscher nun auch eine Vorstellung davon, wie das Wechselspiel zwischen Boden und Vegetation in dieser Region funktioniert: „Wo keine Vegetation den australischen Lehmboden schützt, wird seine Oberfläche nicht nur extrem heiß. Sie verbackt auch zu einer harten Kruste, in der kaum Wasser versickern kann. Das Wasser der wenigen Regenfälle fließt dort oberirdisch ab. Das aber sind extrem schlechte Bedingungen für keimende Pflanzen – die unbewachsenen Bereiche bleiben weiter kahl. Anders ist die Lage an Stellen, auf denen bereits erste Gräser gedeihen. Die Pflanzen sorgen dort für eine kühlere Oberfläche und einen lockereren Boden, in dem die Niederschläge besser versickern. Daher können sich lokal weitere Pflanzen ansiedeln und die Bedingungen wieder ein wenig verbessern – ein selbstverstärkender, kleinskaliger Prozess, der auf großer Landschaftsskala zu dem beobachteten Grasteppich mit Lückenmuster führt.“
Feenkreise im Marienflusstal in Namibia, im Hintergrund die Hartmannberge.
Copyright: Thorsten Becker (Beavis729 via WikimediaCommons), CC BY-SA 2.0
In Namibia sei der sandige Boden der Feenkreise dagegen viel durchlässiger, so dass die Niederschläge problemlos versickern können. „Daher bilden sich dort unter den kahlen Flecken Wasserreservoirs, die das umliegende Gras über Diffusionsprozesse im Boden mit Feuchtigkeit versorgen“, sagt Stephan Getzin abschließend. Das sei im Detail zwar ein anderer Mechanismus als in Australien, so der Forscher, er führe aber zum gleichen Vegetationsmuster, da beide Lückensysteme von der gleichen Instabilität ausgelöst würden.
Getzin will dem Phänomen nun weiter nachgehen und hält es durchaus für wahrscheinlich, dass es auch noch in anderen trockenen und dünn besiedelten Regionen der Erde bisher unbekannte Feenkreise gibt.
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