Künstlerische Darstellung: ein Quasar ist ein supermassereiches Schwarzes Loch, umgeben von einer Akkretionsscheibe aus heißer Materie. Jetzt wurde der fernste bisher bekannte Quasar entdeckt
Copyright: Carnegie Institution for Science
Heidelberg (Deutschland) – Im Zentrum eines mehr als 13 Milliarden Lichtjahre entfernten Kerns einer aktiven Galaxie, eines sogenannten Quasars, haben Astronomen ein supermassereiches Schwarzes Loch entdeckt. Der Quasar selbst ist damit nur 690 Millionen Jahre jünger als der Urknall und liefert den Wissenschaftlern wertvolle Informationen über das frühe Universum.
Wie die Astronomen um Fabian Walter und Bram Venemans vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) sowie Eduardo Bañados von der Carnegie Institution for Science aktuell in den Fachjournalen „Nature“ (DOI: 10.1038/nature25180) und „Astrophysical Journal Letters“ (DOI: 10.3847/2041-8213/aa943a) berichten, besitzt das Schwarze Loch im Zentrum der fernen Galaxie eine Masse von nahezu 1 Milliarden Sonnen. Die Wirtsgalaxie des Quasars selbst enthalte zudem bereits große Mengen an Gas und Staub und stelle damit eine Herausforderung für die gängigen Modelle der Galaxienentwicklung dar.
„Für den beachtlichen Energieausstoß eines Quasars ist jeweils das supermassereiche zentrale Schwarze Loch der betreffenden Galaxie verantwortlich – in diesem Fall ein schwarzes Loch mit fast einer Milliarden Sonnemassen“, erläutert die MPIA-Pressemitteilung und führt dazu weiter aus: „Gas, welches auf das Schwarze Loch zu fällt, bildet vor dem Hineinfallen eine ultraheiße Akkretionsscheibe. Diese heiße Scheibe macht die Anordnung zu einem der hellsten Objekte im Universum: zu einem Quasar. Der jetzt neu entdeckte Quasar leuchtet so hell wie 40 Billionen Sonnen.“
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Für Astronomen und Astrophysiker liefern derart ferne Quasare wertvolle Informationen über das frühe Universum: „Zum einen können sie dazu verwendet werden, das Universum über große Entfernungen regelrecht zu durchleuchten: Das Spektrum des Quasar-Lichts enthält Informationen über die Wasserstoffatome, denen das Licht auf seiner Milliarden Jahre währenden Reise begegnet ist. Das Licht des neu entdeckten entferntesten Quasars enthält sogar Informationen über eine der frühesten Phasen des Universums, die sogenannte Reionisierungsphase.“
Hintergrund
Etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall hatte sich das Universum ausreichend abgekühlt, um Wasserstoffatome zu bilden. Einige hundert Millionen Jahre später reionisierten die Ultraviolett-Strahlung der ersten Sterne und der Akkretionsscheiben der ersten Schwarzen Löcher fast den gesamten Wasserstoff im Universum (trennten also die jeweiligen Elektronen von den Wasserstoffkernen, den Protonen). Wann und wie die Reionisierung im Einzelnen stattfand ist eine offene Frage der Forschung. Eduardo Bañados, Hauptautor des Artikels, der die Quasar-Entdeckung beschreibt, sagt: „Die Reionisierung war der letzte große Phasenübergang des Universums und zeigt uns auch die Grenzen unseres astrophysikalischen Wissens auf.“
Quelle: MPIA
Der jetzt neu entdeckte Quasar liefert zur Reionisierung einen entscheidenden neuen Datenpunkt: „Sein Licht zeigt, dass ein beachtlicher Anteil des Wasserstoffs 690 Millionen Jahre nach dem Urknall noch neutral, also noch nicht ionisiert war. Das spricht für Modelle, denen zufolge die Reionisierung erst relativ spät in der Geschichte des Universums stattgefunden hat.“
Zudem liefern derart junge Quasare wertvolle Informationen über die Entwicklung von Galaxien: „Mit fast einer Milliarde Sonnenmassen ist das zentrale Schwarze Loch dieses Quasars bereits sehr massereich. Die Erklärung, wie sich solch ein massives Schwarzes Loch in so kurzer Zeit gebildet haben könnte, stellt die herkömmlichen Modelle für die Entstehung und Entwicklung supermassiver Schwarzen Löcher vor eine Herausforderung – und schließt einige dieser Modelle bereits aus. Wie das Schwarze Loch innerhalb von weniger als 690 Millionen Jahren eine so große Masse ansammeln konnte, stellt für die Theorien zum Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher eine enorme Herausforderung dar.“
Anhand weiterer Beobachtungen konnten die Astronomen auch die Wirtsgalaxie des Quasars identifizieren und untersuchen: „Obwohl diese Galaxie ebenfalls nicht älter als 690 Millionen Jahre sein kann, hat sie bereits eine enorme Menge an Staub und schweren chemischen Elementen gebildet.“ Daraus schlussfolgern die Wissenschaftler, dass d Galaxie auch bereits eine große Anzahl von Sternen gebildet haben muss. Eine weitere Herausforderung für theoretischen Modelle, diesmal für jene zur Entwicklung von Galaxien: „Modelle der Galaxienentwicklung müssen jetzt erklären, wie diese Galaxie in derart kurzer Zeit so viele Sterne bilden konnte, wie uns die beobachteten Mengen an Staub und schwereren chemischen Elementen anzeigen“, erläutert Venemans.
In Zukunft sollen Folgebeobachtungen sowie die Suche nach vergleichbar fernen Quasaren unser Bild der frühen kosmischen Geschichte auf eine noch solidere Basis stellen.
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