Filmte eine ukrainische Drohne ein UFO über dem Kriegsgebiet?

Standbilder aus dem Video Quelle: X / angebl. 406. Bataillon der ukrainischen Streitkräfte
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Standbilder aus dem VideoQuelle: X / angebl. 406. Bataillon der ukrainischen Streitkräfte

Standbilder aus dem Video
Quelle: X / angebl. 406. Bataillon der ukrainischen Streitkräfte

Kiew (Ukraine) – Tagtäglich liefern ukrainische wie auch russische Kampfeinheiten Videoaufnahmen von der Front. Meist handelt es sich dabei um Aufnahmen von Flugdrohnen und meist werden die Videos zuerst über die entsprechenden Kanäle von Einheiten oder Kriegsbloggern beider Parteien in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. Nun kursiert seit einigen Tagen ein ukrainisches Drohnenvideo von der Front, dass ein wirklich ungewöhnliches Flugobjekt am Himmel zu zeigen scheint – ein UFO?

UPDATE 04.03.2024: Mittlerweile hat die „Daily Mail“ direkten kontakt mit dem Drohnenpiloten, der die Beobachhtung bestätigt und durch seine Aussagen zu den Umständen bisherige Erklärungsansätze, besonders jene eines Rauchrings (s. unten) widerspricht. Einen ausführlichen bericht dazu finden Sie HIER.

 

UPDATE 01.03.2024, 11:50h: Diese Meldung wurde mit einem aktuellen Front-Video aktualisiert, das die Entstehung eines Rauchrings durch die Bombardierung eines russischen Panzers durch eine ukrainische Drohne zeigt. Dieses Video finden Sie im Text weiter unten als „Update“ markiert…

Wie so oft bei derartigen Video, die in den sozialen Netzwerken auftauchen, ist die Herkunft und Provenienz nur noch schwer auszumachen – zu oft wurde es bereits geteilt und meist ohne Nachweis der ursprünglichen Quelle.

GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi) selbst konnte das Video (ohne Gewähr) vermeintlich zunächst bis zu dem X-Kanal „Frontier Conflict“ zurückverfolgen, einem Kanal, der sich selbst der Kategorie „Geopolitics & Conflict Journalism“ zuordnet und seinen Sitz in Washington (USA) hat. Hier heißt es zum Video, dieses sei ihm „vom 406. Bataillon der ukrainischen Streitkräfte zugespielt“ worden.

Das Video selbst zeigt eine leicht schräg von einem Monitor abgefilmte Videosequenz, anhand derer die Aufnahme als Aufnahme einer kommerziellen „DJI Mavioc 3T“-Drohne, also einer Hobby-Flugdrohne, die auch über eine Infrarot-Kamera verfügt, zu erkennen ist. Offenbar entstand die Aufnahme, als das Video selbst auf einem externen Bildschirm von ukrainisch sprechenden Männern betrachtet und kommentiert wird. Basierend auf zahlreichen, sich gegenseitig mehr oder weniger bestätigenden Versionen von Übersetzungen unterhalten sich die Männer verwundert über das dunkle Objekt am Himmel.

„Heiliger XXX, was zum XXX ist das? Warum bewegt es sich nicht? Ich kann es auf den Thermalkameras nicht sehen. Ich sag euch, das ist ein UFO. Ganz sicher. Es steht am Fleck. Zoom doch mal näher ran. Es steht still, siehst du?“ Am Ende schlägt einer der Männer dann leicht amüsiert vor, das Objekt zu rammen.

Leider endet das Video relativ abrupt schon nach wenigen Sekunden. Es wäre interessant und vielleicht sogar aufschlussreich, wenn auch der weitere Verlauf der Aufnahme (so es diesen gibt) veröffentlicht werden könnte. Wie lange wurde das Objekt beobachtet und gefilmt? Flog die Drohne noch näher auf das Objekt zu? Wie verschwand es?

Tatsächlich, so berichtet die britische “Daily Mail“, wurde das besagte 406. Bataillon zuvor unter anderem von der „DeepInspire Foundation“ mit genau diesen Drohnen in Form von Spenden ausgestattet. In den entsprechenden Kanälen existieren zahlreiche Kriegsvideos mit der gleichen Telemetrie.

Laut dem Mail-Artikel, erläuterte ein technischer Sprecher des Drohnenherstellers (DJI), dass die Anzeige eine Fehlermeldung im Kontroll-Interface der Drohne anzeigt, anhand derer „einige Schlüsseldetails nicht vollständig aufgelöst“ dargestellt werden können. Um welche es sich dabei genau handelt und ob dieses Problem Telemetrie, Bildgebung oder auch beides zugleich betrifft, ist jedoch derzeit noch unklar.

Vorausgesetzt, das Video ist echt und stammt tatsächlich auch von der ukrainischen Front – was könnte es zeigen?

Neben einem unkonventionellen bis exotischen Flugobjekt, also einem tatsächlichen UFO bzw. UAP, kommen zunächst auch konventionelle Objekte infrage.

– So könnte es sich um eine Art Aufklärungszeppelin handeln. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass derart behäbig operierende und langsam manövrierbare Aufklärungsplattformen im Konfliktgebiet an der aktiven Front tatsächlich im Einsatz sind. Tatsächlich wurden solche Aufklärungsplattformen gerade im Krieg Russlands gegen die Ukraine mittlerweile zusehends von Multikopter-Drohnen abgelöst.

– Eine andere Erklärung könnte ein direkt auf die Drohne zufliegendes Flugzeug ohne Lichtkennung sein. Hierzu müsste sich dieses Flugzeug jedoch vergleichsweise lange und nahezu bewegungslos auf einer geraden Blickachse auf die Drohne zugeflogen sein. Die folgende Aufnahme eines notlandenden russischen (beleuchteten) Kampfjets zeigt diesen Effekt zu Beginn des Videos, aber eben auch recht schnell die tatsächliche Auflösung.:

– Hans-Werner Peiniger von der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens (GEP, www.ufo-forschung.de) spekuliert hingegen, dass es sich auch um eine Seitenansicht eines Rauchrings der Verpuffung einer Explosion am Boden handeln könnte: „Vielleicht gab es durch einen Panzer, durch eine Explosion, was auch immer, eine Verpuffung, die einen Rauchring erzeugte, der wiederum von der Seite gefilmt wurde?“ Auch hier gibt es mittlerweile zahlreiche Videos, die zeigen, was der Experte hier meinen könnte. Tatsächlich wäre eine solche Ringverpuffung gerade in einem aktiven Kriegsgebiet nicht ausgeschlossen. Allerdings müsste sich dann der Rauchring, der stark der atmosphärischen Dynamik ausgesetzt ist, in diesem Fall auffallend, fast schon ungewöhnlich stabil verhalten haben.

UPDATE 01.03.2024, 11:50h: Ein aktuelles Front-Video zeigt denn auch die Entstehung eines solches Rauchrings während der Bombardierung eines russischen Panzers durch eine ukrainische Drohne:

Dass diese Rauchringe in ihrer Ausdehnung nicht begrenzt sind, zeigt diese Aufnahme vom Moment einer Stufentrennung einer SpaceX-Rakete am Nachthimmel:

…umso wichtiger wäre es auch hier, auch die Videosequenzen vor- und nach dem veröffentlichten Ausschnitt zu kennen.

Schon im August 2022 hatte eine Gruppe ukrainischer Astronomen mit einer Studie über angebliche UFO-Detektionen in der Ukraine selbst unter interessierten UFO-Forschern und Kollegen für Kritik gesorgt. Mit den Kameras zweiter Meteor-Beobachtungsstationen in der Südukraine wollen sie rätselhafte Objekte („Cosmics“ und „Phantoms“) registriert und mit einem eher fragwürdigen farbbasierten Analyseverfahren untersucht haben (…GreWi berichtete 1, 2).

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Auch der für seine eigenen Hypothesen und Theorien mittlerweile bei vielen Astronomie-Kollegen und -kolleginnen umstrittene Harvard-Astronom Prof. Avi Loeb kritisierte die der Studie Methoden. Eine Aussage Loebs gilt sowohl für die Studie von Beobachtungen 2022 wie auch für die aktuelle Drohnenaufnahme, wenn er darauf hinweist, dass aufgrund der aktuellen massiven militärischen Aktivität, gerade direkt an der Front, die Ukraine einer der weltweit schlechtesten Orte für eine störungsfreie Suche nach unidentifizierten Flugobjekten darstelle (…GreWi berichtete).

Die „Daily Mail“ hat derweil über einen Mittelsmann Kontakt zum 406. Bataillon der Ukraine aufgenommen und erwartet derzeit noch deren Antwort zu vielen Fragen rund um das Video.

…GreWi wird berichten.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
UFOs in der Ukraine? Ukrainische Astronomen veröffentlichen Ergebnisse von UAP-Beobachtungen 26. August 2022
Ukrainisches Observatorium distanziert sich von UFO-Studie 3. Oktober 2022
Avi Loeb: Konstruktive Sachkritik an ukrainischer UAP/UFO-Studie und nachfolgender Debatte 8. Oktober 2022

Recherchequellen: X.com (ehem. Twitter), Daily Mail, eigene Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

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