FRBs: Haben Astronomen erstmals einen schnellen Radioausbruch innerhalb der Milchstraße geortet?
Toronto (Kanada) – Beobachtungen eines sogenannten Magnetars, also eine stark magnetisierten Neutronensterns, dem Endstadium massereicher Sterne, könnten erstmal einen schnellen Radioausbruch (Fast Radio Burst, FRB) aus unserer eigenen Heimatgalaxie der Milchstraße offenbart haben. Von den Daten erhoffen sich Astronomen erstmals konkrete Hinweise über die Quelle der ebenso extrem kurzfristig wie energiereichen Radiosignale als dem All.
Hintergrund
Bei FRBs handelt es sich um hochenergetische Radioblitze von nur wenigen Millisekunden Dauer. Bislang ist noch völlig unbekannt, wovon die ultrakurzen Radioblitze ausgelöst werden. Während selbst einige Astronomen hoffen, dass es sich zumindest bei einigen dieser Radioblitze um absichtlich oder indirekt von außerirdischen Zivilisationen ausgesandte Signale handeln könnte, vermuten andere extreme astrophysikalische Phänomene als Auslöser (…siehe Links u.). Bislang wurden 85 der mysteriösen Signale aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen registriert. Alleine, dass die Signale nicht nur aus einer außerirdischen, sondern auch außergalaktischen Quelle entstammen, ist anhand der bislang vorliegenden Beobachtungdaten bekannt. Zumindest die Quelle eines der wenigen sich wiederholenden Radioblitze, das Signal „FRB121102“ konnte 2017 einer stark magnetisierten Umgebung zugeschrieben werden (…GreWi berichtete). Jüngste Verortungen eines einmaligen FRB zeigten dann jedoch, dass dieser aus einer gänzlich anderen astrophysikalischen Umgebung kam, woraus sich ableiten lässt, dass FRBs nicht zwangsläufig einer einzigen Quelle entstammen müssen (…GreWi berichtete).
Entsprechend wurden alle bislang zu ihrer Quelle nachvollziehbaren FRBs in fernen Galaxien verortet, was eine Identifikation und Beschreibung der tatsächlichen Quelle erschwerte bzw. unmöglich machte. Allerdings galten Magnetare schon zuvor als potentielle Kandidaten für die ungewöhnlichen Radioblitze.
Hintergrund
Magnetare sind Pulsare bzw. Neutronensterne mit extrem intensiven Magnetfeldern, die etwa tausendmal stärker sind als sonst bei Neutronensternen üblich. Astrophysiker vermuten, dass es sich bei rund 10 Prozent aller Neutronensterne um Magnetare handelt. Ein Neutronenstern wiederum stellt ein Endstadium massereicher Sterne, deren wesentlicher und namensgebender Bestandteil Neutronen sind. Neutronensterne haben einen Radius von gerade einmal 10,4 bis 11,9 Kilometern bei extrem hoher Dichte. Neutronensterne die dichtesten bekannten Objekte ohne Ereignishorizont, wie er bei Schwarzen Löchern jene Grenze darstellt, nach der alle Materie und sogar das Licht unwiederbringlich von der Anziehungskraft des Objekts eingefangen werden. Typische Neutronensterne rotieren sehr schnell und haben ein starkes Magnetfeld.
Wie das Team um den Astronom Paul Scholz von der University of Tornoto aktuell via „AstronomersTelegram.org“ und andere Astronomen berichte, haben sie a, 27./28 April 2020 einen “hellen Radioausbruch” von dem als aktiv bekannten Magnetar (SGR 1935+2154) im Innern der Milchstraße mit dem CHIME-Teleskop (…GreWi berichtete) registriert. Zugleich wurde das Ereignis auch von anderen Teleskopen geortet. Das Radiosigna dauerte ebenfalls nur wenige Millisekunden an und wäre genügend energiereich gewesen, dass es – hätte es sich in einer fernen Galaxie ereignet – als (wenn auch vergleichsweise schwacher) FRB registriert worden wäre. Zusätzlich wurde von Observatorien rund um den Globus einhergehend mit dem Radioblitz ein sehr helles Röntgensignal detektiert, wie sie von fernen FRBs bislang nicht bekannt waren, dafür aber typisch für Magnetar-Ausbrüche sind.
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Doch gerade von der gemeinsamen Detektion der simultanen Radio- und Röntgenblitze von SGR 1935+2154 erhoffen sich die Astronomen neue und grundlegenden Erkenntnisse über FRBs. Tatsächlich vermuten Astronomen, dass ein vergleichsweise schwaches Röntgensignal (wie jenes von „SGR 1935+2154“) eines extragalaktischen FRB von der Erde aus nicht oder kaum detektierbar wäre.
Obwohl die Faszination derzeit also groß ist, geben die Astronomen zu bedenken, dass weitere Untersuchungen notwendig sind, um die Frage eindeutig zu klären, ob es sich bei dem Signal von „SGR 1935+2154“ tatsächlich um ein FRB gehandelt hatte.
Zudem gilt zu beachten, dass selbst wenn sich das Signal als wirklicher FRB herausstellt, diese Erkenntnis nicht bedeutet, dass Magnetare die einzige Quelle der schnellen Radioausbrüche im All sind. Tatsächlich weisen bisherige Analysen unterschiedlicher FRBs deren Ursprungsumgebung als teilweise sehr unterschiedlich aus (…GreWi berichtete, siehe Links).
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Quelle: Astronomers Telegram
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